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Little white lies

von Emony, Steffi Raatz

Breaking the Ice

Jon und T'Pol standen einander gegenüber. Keiner brachte ein Wort hervor. Jon nicht, weil er völlig durcheinander war und nicht wusste, was genau er seinem Wissenschaftsoffizier sagen sollte. T'Pol nicht, weil es einfach nichts zu sagen gab. Jon wusste wirklich nicht, warum er eine Aussprache gefordert hatte. Wieso auch? Noch immer wollte ihm nicht in den Sinn, dass Trip Recht hatte. Er war nicht in die Vulkanierin verliebt und sie nicht in ihn. Und selbst wenn, es konnte nicht funktionieren.

"Reed an Archer", erklang es aus der Kommunikationsanlage und Jon war heilfroh, dass jemand die Szenerie durchbrach.

Er betätigte die Gegensprechanlage. "Sprechen Sie!"

"Sir, wir haben aufgrund des Besuches der Ferengi einige technische Schwierigkeiten und da ich Commander Tucker nicht erreichen kann, wäre Ihre Anwesenheit auf der Brücke sehr zum Vorteil."

"Bin unterwegs", erklärte Jon und sah T'Pol dabei an.

"Wir werden später reden?" Sie verschränkte die Arme hinter dem Rücken.

Einen kurzen Augenblick war Jon sich nicht schlüssig, dann nickte er zögerlich. "Ich denke schon."

T'Pol zog kurz eine Augenbraue hoch. Die einzige Gefühlsregung von ihr, die er wirklich als solche deuten konnte.

Er reagierte nicht darauf, öffnete die Tür und verließ hinter der Vulkanierin sein Quartier. Auf dem Gang trennten sich ihre Wege gleich und irgendwie war Jon sehr froh darüber. Weiter darüber nachzudenken, ob er tatsächlich etwas für T'Pol empfand, hätte gegebenenfalls Dinge ans Licht gebracht, die wahrscheinlich lieber unausgesprochen blieben. Selbst wenn da auch nur ein Funke war, es hatte keine Zukunft.

Als sich die Türen des Turboliftes öffneten, huschte Ensign Sato noch schnell mit hinein. Für einen Augenblick hatte er gehofft, einen Moment allein zu sein. Aber vielleicht war ja auch das genau falsch und brachte ihn noch mehr zum Grübeln. Hoshi lehnte sich ihm Gegenüber an die Wand, als sich die Türen schlossen und sah ihn an. Für einen kurzen Moment ließ er es geschehen, dann wurde es ihm zu bunt.

"Hoshi, ist irgendetwas?"

"Huh… nein, sollte es das?" Die junge Sprachenexpertin hatte ihre Augen zu Schlitzen verengt und starrte ihn weiter an.

Während Jon sich noch fragte, was er ihr wohl getan hatte, ruckte es im Turbolift mit einem Male plötzlich. Er musste sich an der Wand abstützen, um nicht zu fallen. Hoshi hatte nach seinem Arm gegriffen, um ihr Gleichgewicht zu wahren.

"Stecken wir fest?" Die junge Asiatin riss die Augen auf.

Jon wußte von ihren Panikattacken in engen Räumen und schüttelte erst einmal den Kopf. "Ich denke, das war nur eine kleine Interferenz und gleich geht es weiter."

"Geht es?" Hoshi sah ihn skeptisch an.

"Vermutlich", erwiderte Jon trocken und stellte fest, dass er irgendwie nur noch zu vagen Aussagen fähig war. Trips Aussage über ihn und T'Pol hatte ihn völlig aus dem Gleichgewicht gebracht und er verfluchte seinen Freund und Chefingenieur dafür.

"Vermutlich", wiederholte Hoshi ein wenig entnervt.

Ebenso entnervt rollte der Captain mit den Augen und drückte den Knopf der Kommunikationsanlage. "Archer an Reed... Reed?"

Einen Moment lang herrschte Stille, dann erklang die Stimme seines Sicherheitsoffiziers. "Aye, Captain?"

"Wir stecken im Turbolift fest. Sehen Sie zu, dass Sie das Ding wieder in Bewegung kriegen!" Archers angesäuerte Stimme hinterließ seine Spuren, denn einen kurzen Augenblick schwieg die Kommunikationsanlage, so als würde Reed nach den richtigen Worten suchen.

"Sir, ich werde sehen, was ich machen kann. Leider konnte ich Commander Tucker noch nicht erreichen..."

Jon ließ die Gegensprechanlage los und starrte an die Decke. Nicht nur, dass Trip ihm diese Gedanken über Gefühle zu T'Pol eingeredet hatte, jetzt schien er auch noch unerreichbar.

Verärgert sah er Hoshi an, die auf den Knöpfen des Turbolifts herum drückte.

"Hoshi, lassen Sie das, das bringt uns auch nicht weiter!"

"Ich muss aber hier raus!" In ihrer Stimme war schon ein leichter Anflug von Panik zu erkennen und Archer schritt beherzt ein, in dem er sie von der Tür weg zog.

"Hören Sie, in Panik zu geraten bringt nichts! Verraten Sie mir lieber, wo Trip steckt?!" Jon sah sie eindringlich an.

"Woher zum Teufel soll ich das wissen?", platzte es aus Hoshi heraus.

"Sie haben doch zuletzt mit ihm gesprochen?!", erwiderte Archer.

"Hören Sie mir mal gut zu!" Hoshi tippte ihm auf die Brust. Erstaunt über Hoshis Ton, wich Jon ein Stück zurück. "Ich weiß nicht, was in Commander Tucker gefahren ist, als er mich als seine Ehefrau deklarierte. Aber ich habe kein Interesse daran, dass Sie sich über mich lustig machen."

"Hoshi... huh... stopp jetzt mal, wer macht sich denn über Sie lustig?" Jon sah sie reichlich verwirrt an.

"Na Sie... vorhin, in der Loungebay... da haben Sie..." Hoshi geriet ins Stocken.

Archer fasste sich an die Stirn und atmete tief durch. Was zum Teufel hatte Trip ihr erzählt... oder vielmehr nicht erzählt, dass sie so etwas von ihm dachte?

"Hören Sie, ich schätze Sie und Ihre Arbeit, ich würde mich doch nicht über Sie lustig machen, auch nicht wegen dem, was Tucker von sich gegeben hat." Er kniff die Augen zusammen. "Würden Sie mir verraten, was Tucker Ihnen wegen des Vorfalles erzählt hat?"

Die junge Frau wich ein Stück zurück. "Es tut mir leid, Captain, dass ich derartiges von Ihnen gedacht habe, aber ich... Sie wirkten so schadenfroh auf mich."

"Hören Sie zu, Hoshi. Ich habe Tucker auf seinen Satz hin angesprochen und... und ich weiß nicht, ob er Ihnen das erzählt hat, was er mir erzählt hat."

Sie sah ihn mit einem schiefen Lächeln an. "Sie reden in Rätseln, Captain."

"Herrgott," entgegnete er und fuhr sich nachdenklich durch das Haar, "ich sollte das vermutlich nicht machen, aber..."

"Aber?" Sie sah ihn abwartend an, als er nicht fortfuhr.

"Aber ich schätze, es wird noch einige Missverständnisse geben, wenn ich die Sache nicht aufkläre."

Neugier stand in ihren Augen geschrieben und war es auch etwas Hoffnung? Jon konnte es nicht so richtig deuten. Er wusste nur, dass Trip die Sache scheinbar verkompliziert hatte.

"Ich hatte bevor Sie in der Loungebay waren, ein Gespräch mit Tucker über Frauen." Irgendwie kam er sich völlig bescheuert dabei vor, Hoshi von dem Gespräch zu erzählen.

An seiner Stimme konnte der Ensign auch erkennen, wie unwohl ihr Captain sich in seiner Haut fühlte. Aber allein, dass die beiden Männer über Frauen gesprochen hatten, steigerte ihre Neugierde.

"Über bestimmte Frauen?" Sie legte den Kopf schief.

"Ähm... nun ja... ja!" Jonathan lehnte sich an die Wand des Turbolifts und nickte. Er fühlte sich fürchterlich unbeholfen und hoffte nur, dass er drum herum kam, zu erwähnen, dass es auch um T'Pol ging.

"Captain." Hoshi verschränkte die Arme vor der Brust. "Entweder erzählen Sie mir jetzt, was Sie erzählen wollten, oder wir lassen es sein. Man kann ja nicht mit ansehen, wie schwer Sie sich dabei tun."

Er hob abwehrend die rechte Hand und lächelte matt. "Okay, Sie haben ja Recht. Wir haben über den Vorfall gesprochen, über Tuckers Aussage, Sie wären seine Frau und über seine Gefühle."

Diesmal hatte Archer seinen Text so schnell herunter gesprochen, dass die junge Asiatin für einen kurzen Moment nicht mitgekommen war. Hatte der Captain tatsächlich etwas von Gefühlen gesagt?

"Gefühle? Ich meine... jetzt verstehe ich nicht so ganz", erklärte sie.

"Wir haben über unsere Gefühle gesprochen, die..." Jon hielt inne und biß sich auf die Zunge. Verdammt, jetzt hatte er sich selbst reingerissen.

"Ihre Gefühle? Mo-ment..." Hoshi gestikulierte kurz, aber heftig. "Sie wollen mir doch nicht sagen, dass Sie auch etwas für mich empfinden?!"

"Für Sie?" Jon schluckte kurz und schüttelte dann energisch den Kopf. "Nein." Er lachte. "Es ging um eine andere Person."

"T'Pol", kam es spontan von Hoshi und Jon sah sie mit großen Augen an.

Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann wieder und legte den Kopf schief. Schließlich fand er seine Stimme doch wieder und wirkte reichlich indigniert. "Wieso kommt eigentlich jeder auf die Idee, ich hätte Gefühle für T'Pol?"

"Weil es offensichtlich ist, Captain!", erwiderte sie und lächelte ihn schief an. "Und weil ich der festen Überzeugung bin, dass auch T'Pol etwas für Sie empfindet. Auch wenn Sie das nicht richtig deuten kann."

"Und woher wollen Sie das wissen?" Er zog die Stirn kraus.

"Weibliche Intuition", lächelte Hoshi.

Jon lehnte den Kopf zurück an die Wand und starrte die Decke des Turboliftes an. Langsam schien sich wirklich alles zu verkomplizieren.

"Also... also ging es nicht um mich in Ihrem Gespräch, sondern um T'Pol?" Er hörte die angeschlagene Stimme seines Crewmitglieds und holte tief Luft. Also wenn Hoshi nichts für Trip empfand, dann wollte er einen Besen fressen. Offensichtlicher ging es doch nicht mehr. Wieso war Trip sich eigentlich so unsicher? Jon konnte den Mann einfach nicht verstehen. Dann jedoch musste er an sich und die hübsche Vulkanierin denken. Okay, er durfte Trip nicht verurteilen. Im Prinzip war er doch keinen Deut besser.

"Doch, Hoshi. Trip ist wider seiner Natur nur diesmal viel zu unsicher, als dass er sich getraut hätte, Ihnen irgendetwas über seine Gefühle preiszugeben. Ich denke, das kann bei unserem Chefingenieur und Schwerenöter nur bedeuten, dass er es verdammt ernst meint." Jon sah zu ihr hinüber und registrierte, dass sie nun auf dem Boden saß und die Beine angewinkelt hatte.

"Ich meine... huh... ehrlich?" Da war er wieder dieser Gesichtsausdruck, der so viel Hoffnung beinhaltete.

"Ehrlich", erwiderte Jon mit einem zaghaften Lächeln. Es schien plötzlich, als habe sich zumindest eine Sache geklärt. Blieben nur noch er und T'Pol. Empfand er wirklich was für sie? Und sie für ihn? Jon starrte erneut an die Decke. Er konnte nicht leugnen, dass er einen untrüglichen Beschützerinstinkt T'Pol gegenüber entwickelt hatte. Ebenso wenig konnte er leugnen, dass sie ihm den Schlaf raubte und manchmal in den Wahnsinn trieb. Aber obwohl er immer eine Abneigung gegen Vulkanier gehabt hatte und immer noch hatte, empfand er diese Abneigung bei T'Pol so gar nicht. Ganz im Gegenteil, er mochte sie. Er schätzte sie. Er...

Es war besser, wenn er den Gedanken nicht zu ende führte. T'Pol war nicht in der Lage, seine Gefühle zu erwidern. Vulkanier unterdrückten ihre Gefühle.

"Sprechen Sie mir ihr", drang Hoshis Stimme in seine Gedanken.

"Und dann?" Er sah sie irgendwo zwischen Verzweiflung und Resignation an.

"Wird Sie alles leugnen und als nichtig erklären." Hoshi lächelte wissend.

"Wunderbare Idee." Archer fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.

"Aber irgendwann wird sie es nicht mehr leugnen können. Captain, eines habe ich gelernt. Wenn nur einer davon weiß, kann es nicht funktionieren. Wissen aber beide davon, kann man sich meistens nicht lange dagegen wehren. Hätten Sie mir nicht erzählt, dass Trip etwas für mich empfindet, wäre vermutlich nie etwas passiert. So werde ich ihn jedoch ansprechen. Wenn T'Pol nicht weiß, was Sie für sie empfinden, wird sie nie gewillt sein irgendwelche Gefühle zu zugeben." Die junge Asiatin sah ihn ermutigend an.

"Wo haben Sie in Ihrem Alter nur diese ganzen Weisheiten her?" Er zog die Augenbrauen hoch und lächelte matt.

"Ich bin Chinesin, vergessen?!", erwiderte sie mit einem schelmischen Zwinkern.

Jon nickte amüsiert und spürte plötzlich ein erneutes Rucken des Turboliftes. "Woah, haben die etwa Trip gefunden?"

"Sieht fast so aus... dann kann ich Ihn ja wenigstens gleich zur Rede stellen!" Sie ergriff die dargebotene Hand ihres Captains und ließ sich hoch ziehen.

"Danke, Hoshi."

Sie sah erstaunt zu ihm auf. "Wofür?"

"Ich weiß es nicht genau. Aber ich sehe jetzt irgendwie klarer. Vielleicht hat das überhaupt keine Chance zwischen T'Pol und mir... wenn da was ist... ich... Sie sehen, ich wage es nicht mal auszusprechen." Er sah sie müde an. "Aber ich denke, ich sollte mit offenen Augen durch das Leben gehen. Und vielleicht sehe ich dann irgendwann die Wahrheit."

Sie wusste, er war einfach nicht bereit, seine Gefühle zu akzeptieren, zumal er auch noch der Captain war und eine gewisse Verantwortung der Crew gegenüber trug. Dass er eine Verbindung zwischen ihr und Tucker gut hieß, war schon ein großes Zugeständnis und überraschte sie eigentlich ein wenig. Aber angenommen es gab tatsächlich eine Verbindung zwischen ihm und T'Pol und diese würde in die Brüche gehen, brachte dies nicht nur Konflikte an Bord, sondern auch zwischen ihren beiden Völkern. Archer war zwar ein sehr impulsiver Mann, aber auch jemand mit einem stark ausgeprägten Gewissen. Hoshi verstand seine Einstellung. Es war nicht leicht für ihn.

"Captain, ich denke, Sie werden schon das Richtige tun." Sie legte ihm ihre Hand auf den Arm. "Wenn Sie irgendwann mal reden möchten..."

"Danke, Hoshi", lächelte er und legte seine Hand auf ihre. Instinktiv wusste er, dass sie ihn verstand.

Die Türen des Turboliftes öffneten sich und Reed stand von seinem Platz auf. "Captain, alles in Ordnung?"

"Alles bestens!", erwiderte er und folgte Hoshi, die auf ihren Platz zusteuerte.

"Tut mir leid, Captain, ich habe den Turbolift leider nicht schneller wieder hin bekommen. Ein Fehler in der..." Trip erschien hinter ihm, doch Archer hob die Hand abwehrend und unterbrach den Redeschwall.

"Commander Tucker, gehen Sie bitte in meinen Bereitschaftsraum."

Trip sah ihn irritiert an. Als Jon jedoch nichts weiter sagte, sondern ihn nur anstarrte, rührte sich sein Chefingenieur endlich und machte sich auf den Weg.

Hoshi sah ihren Captain fragend an. Dieser nickte nur in Tuckers Richtung.

Ein breites Lächeln legte sich auf das Gesicht der Asiatin, als sie an ihrem Captain vorbei eilte und Tucker folgte.

Archer sah ihr hinterher und wünschte sich, Trips Gesicht zu sehen, wenn statt ihm, Hoshi den Raum betrat und ihn mit Tatsachen konfrontierte.

Im selben Augenblick betrat T'Pol die Brücke und ihre Blicke trafen sich. Jon stand von seinem Stuhl wieder auf und näherte sich ihr langsam. Als er mit ihr auf einer Höhe war, sah er ihr in die Augen und lächelte. "In einer Stunde in meinem Quartier?"

"Dann reden wir?" T'Pol hob die Augenbrauen.

"Ja, dann werden wir reden", erwiderte Jon leise und wandte sich Malcom Reed auf der anderen Seite der Brücke zu, der mit seinem Padd bereit stand, um mit ihm die Schäden durch die Ferengi durchzusprechen.

Während Reed ihm die Daten auf dem Padd erläuterte, hatte Jon das untrügliche Gefühl, beobachtet zu werden. Er hob seinen Kopf ein wenig und begegnete dem Blick von T'Pol. Jon war sich nicht sicher, ob sein Lächeln für einen kurzen Moment erwidert worden war, die Vulkanierin hatte den Blickkontakt zu schnell wieder unterbrochen, starrte nun wieder auf ihre Konsole. Und so wandte er sich wieder dem Bericht von Reed zu, während er sich nur all zu deutlich bewusst wurde, dass T'Pol ihn wieder beobachten musste. Wie hatte er das alles nur vorher nicht merken können? Ein etwas breiteres Lächeln umspielte seine Mundwinkel, während er Reed weiter lauschte. Vielleicht hatte Hoshi ja mit allem Recht, was sie gesagt hatte. Er beschloss es herauszufinden. In einer Stunde. In seinem Quartier.
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