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Im Verborgenen

von Emony

Meinungsunterschiede

Sometimes everything seems awkward and large
Imagine a Wednesday evening in march
Future and past at the same time
I make use of the night start drinking a lot
Although not ideal for now it's all that I've got
It's nice to know your name

Milow – You don’t know



McCoy reichte ein PADD an Schwester Chapel weiter, als sich hinter ihm die Türen der Krankenstation mit einem leisen Zischen öffneten und wieder schlossen. Der CMO machte keine Anstalten sich umzudrehen und erklärte Chapel weiter, was sie bei der fortwährenden Behandlung ihres Patienten zu beachten hatte. Wer immer es war, würde ihn ohnehin in wenigen Sekunden ansprechen. Das taten die Besucher der Krankenstation immer. Sie kamen, weil sie seine Hilfe in Anspruch nehmen wollten und er genoss es – auf seine eigene Art und Weise – ihnen zu helfen.

„Ich stand vor deinem Quartier, Bones“, erklang die vorwurfsvolle Stimme seines kommandierenden Offiziers, aber McCoy drehte sich dennoch nicht zu ihm um. Er hasste diesen Spitzennamen und den Ton in Jims Stimme mochte er auch nicht besonders. Er wechselte stattdessen einen undefinierbaren Blick mit Chapel, die Kirk ein flüchtiges Lächeln schenkte und sich dann entschuldigend abwandte, um ihrer Arbeit nachzugehen. „Du hast seit über einer Stunde Feierabend, Bones. Willst du Dr. Garner arbeitslos machen? Oder machst du das, um absichtlich Spocks penibel geplante Schichtrotation durcheinander zu bringen?“

Seufzend drehte sich McCoy um und erschrak ein wenig ob der Nähe des Captains, der ihm so dicht auf den Leib gerückt war, dass er dessen Atem auf seinem Gesicht fühlen könnte. Aus klaren blauen Augen funkelte Kirk ihn an, die Hände in die Hüfte gestemmt.

McCoy verzog das Gesicht zu einer Grimasse und trat einen Schritt zurück, um Abstand zu gewinnen. „Ich hab einfach noch zu tun, Jim. Das ist alles. Ich lasse meine Arbeit nicht unvollendet und mache einfach Feierabend, weil es 17.00 Uhr ist und Spock“, er spuckte den Namen mit gewisser Antipathie aus, „beschlossen hat, dass ich zu diesem Zeitpunkt mit meiner Arbeit fertig sein muss.“ Kirk blieb in seiner Position unverändert. Sein Gesichtsausdruck verlangte nach einer Antwort, die ihm besser gefallen würde. McCoy seufzte hörbar. „Ich kann doch meine Patienten nicht einfach stehen lassen und…“

„Das verlangt auch keiner, Bones“, wandte Kirk ein, „aber nimm doch einfach niemanden mehr an, wenn der Schichtwechsel bevorsteht. In Krisenzeiten ist das natürlich was anderes. Aber an Routinetagen kommen Patienten üblicherweise mit kleinen Wehwehchen, die auch noch fünf oder zehn Minuten warten können, bis Dr. Garner von dir alles Wichtige erfahren hat und ihren Dienst antritt.“ Kirk hob die Augenbrauen, sein Blick wurde weicher. „Sieh mal, Bones, du machst mir meinen Arbeitstag nicht gerade leichter, wenn Spock mich immer wieder auf deine Regelverstöße hinweist. Und du hast einen festen Schichtplan einzuhalten, wie jeder andere an Bord. Außerdem hab ich es ehrlich gesagt allmählich satt, dich dauernd vor ihm in Schutz zu nehmen.“

Was McCoy seinem Freund nicht sagen konnte war, dass er keinen Grund hatte Feierabend zu machen. Er würde allein in seinem Quartier sitzen und über Dinge reflektieren, die er im Alltag viel leichter verdrängen konnte und über die er eigentlich auch nicht nachdenken wollte. Seine Arbeit war wie ein Schutzschild, den er vor sich tragen konnte und der verhinderte, dass er verletzt würde. Jim war in den vergangenen Wochen nie langweilig gewesen. Als Captain hatte er ständig zu tun und er hatte neue Freunde gefunden, die allesamt gerne in seiner Nähe waren. Und darüber hinaus offenbar vergessen, dass es bei all den aufregenden Neuerungen immer noch den nörgelnden alten Freund gab.

McCoy gab sich weiterhin geschäftig, um zu demonstrieren, dass er nicht bereit war seine Arbeit zu beenden. „Ich liebe meine Arbeit, Jim. Ich bin gerne hier auf der Krankenstation. Und ich bin auch nicht überarbeitet. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.“

Kirk baute sich zu seiner vollen Größe auf, sein Blick wurde wieder finster. „Spocks Argumente sind – ich wage kaum das Wort in den Mund zu nehmen – logisch.“

McCoy wusste, dass Kirk noch dabei war sein Verhältnis zu dem Vulkanier zu definieren. Sie bemühten sich im Alltag miteinander auszukommen und vielleicht bahnte sich sogar allmählich eine gewisse Art von Freundschaft zwischen ihnen an. Eine Möglichkeit, die McCoy noch weniger schmeckte als der Schichtplan, der ihm gehörig die Suppe versalzte. Er wollte seinen Freund nicht mit Spock teilen müssen.

„Welche Argumente sind das?“, verlangte McCoy zu erfahren.

Kirk biss sich leicht auf die Lippen. Es ging ihm gegen den Strich, dass er noch immer mit seinem Freund über das Thema diskutierte. „Du magst ein paar Tage oder Wochen durchhalten, Bones. Vielleicht, weil du ein gottverdammter Dickschädel bist, sogar Monate. Aber – und als Arzt solltest du das besser als jeder andere wissen – irgendwann werden sowohl dein Körper als auch dein Geist ausgebrannt sein und nach Erholung schreien! Und genau dann haben wir vielleicht eine Krise an Bord und eben dann, Bones, kann ich nicht auf meinen besten Arzt verzichten!“

„Ich wusste nicht, dass dieser grünblütige Bastard ein Medizinstudium gemacht hat“, argumentiere McCoy dagegen, das kleine Kompliment vollkommen ignorierend, „ebenso hast du absolut keine Ahnung, was ich mir zumuten kann und was nicht. Ich weiß wie weit ich gehen kann und wie lange ich das durchhalte. Und glaub mir, Jim, ich bin noch weit entfernt davon auszubrennen.“ Während seiner Zeit an der Academy hatte er in Starfleet Medical oftmals zwölf Stunden Schichten geschoben und es hatte keiner gefragt, ob er ausgebrannt war oder nicht.

Kirk ballte die Hände zu Fäusten und drehte sich kurz weg, um seinen aufkommenden Zorn zu unterdrücken. Als er sich McCoy wieder zuwandte, erschauderte dieser aufgrund der Entschlossenheit, die sich in Kirks Mimik widerspiegelte. „Ich fasse nicht, dass du mich dazu zwingst, Bones! Und verdammt noch mal, ich weiß, dass das unserer Freundschaft nicht gut tut. ABER“, Kirk atmete tief durch, „du wirst JETZT Feierabend machen. Und du wirst jeden verdammten Tag Feierabend machen, wie es dein Schichtplan vorsieht. Das ist ein direkter Befehl! Hast du mich verstanden?“

McCoy straffte die Schultern und knallte das Hypospray in seiner Hand auf den Tisch neben sich, sodass all die anderen Instrumente darauf kurz hüpften. „Aye, CAPTAIN“, knurrte er und verließ die Krankenstation beinahe fluchtartig. Er wünschte sich herkömmliche Türen, die er zuknallen könnte, um seiner Wut Luft zu machen. Stattdessen schlossen sich die Türen der Krankenstation mit leisem Zischen hinter McCoy und er verharrte einen stillen Moment im Korridor, ehe er den Weg zu seinem Quartier einschlug.

Kirk starrte noch eine Weile auf die Tür, hinter der McCoy verschwunden war, dann schüttelte er den Kopf und schloss kurz die Augen. Was zur Hölle war das eben? Er hatte sich in vier Jahren noch nie derartig mit seinem besten Freund gestritten.
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