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Im Verborgenen

von Emony

Auf der Kippe

Die Tür schloss sich hinter Kirk und McCoy atmete erleichtert aus als er wieder allein in seinen vier Wänden war. Er war sich nicht bewusst gewesen, dass er den Atem angehalten hatte. Sein Blick hing an der Tür als er mit sich selbst rang, ob er seinen Freund wieder hereinbitten und ihm einfach erzählen sollte, was ihn quälte, oder ob er es dabei belassen sollte. McCoy wusste, dass seine Freundschaft zu Kirk im Moment auf der Kippe stand. Und er konnte es seinem Freund nicht verdenken, dass er enttäuscht und vielleicht auch wütend auf ihn war.

McCoy war ja auf sich selbst böse. Kirks Versuch herauszufinden was los war, hatte eine Lawine in Gang gesetzt von der McCoy nicht wusste, wie er sie aufhalten konnte. Früher oder später musste sich was ändern. Es war nicht Kirks Art aufzugeben. Das tat er nie. Er würde weiter nachbohren, nachforschen bis er eine zufriedenstellende Antwort auf die Fragen bekam, die plötzlich aufgeworfen worden waren.

Die Möglichkeit, dass Kirk, entgegen McCoys Wunsch es nicht zu tun, – einfach weil er ein neugieriger Mensch war – doch Jocelyn ausfindig machen und um Rat fragen würde, durfte er nicht ausschließen. Aber was dann? Er hatte niemandem außer Jocelyn je davon erzählt und das Ergebnis war eine umgehende Scheidung gewesen, eine enttäuschte und wütende Frau, die ihn praktisch an den finanziellen Ruin getrieben hatte. Sie hatte ihm das Leben so schwer gemacht, dass er geglaubt hatte ein ganzer Planet sei zu klein für sie beide. Und so hatte er sich entgegen aller Vernunft und trotz seiner Aviophobie an der Starfleet Academy eingeschrieben.

McCoy seufzte und legte sich erschöpft auf das Sofa. Nach Minuten erhob er sich wieder und ging zu dem Sideboard hinüber, in dem er die nicht medizinischen Betäubungsmittel aufbewahrte. Er musste sparsam sein. Der Vorrat an Bourbon würde nicht ewig halten und er wusste nicht, wann er wieder zur Erde zurückkäme, um für Nachschub zu sorgen. An diesem Abend war dies jedoch die letzte seiner Sorgen.

~*~

Sport half ihm immer seine Gedanken zu sortieren. Körperliche Betätigung war im Allgemeinen immer gut. Und Sex kam nicht in Frage, seit er der Captain des Flaggschiffs der Föderation geworden war. Und verdammt, er vermisste diese Art von Zerstreuung! Sport war eine akzeptable Ersatzbefriedigung geworden, oder vielmehr eine notdürftige Lösung. Und irgendwann wusste Kirk nicht mehr, wie lange er schon im Trainingsraum war und den Sandsack boxte. Letztlich taten ihm einfach die Fäuste so unglaublich weh, dass er anfing den Sandsack zu treten. Es machte ihn furchtbar wütend, dass irgendwas mit Bones nicht stimmte und dieser ihn nicht ins Vertrauen ziehen wollte.

Wie lange ging das schon so? Seit Beginn ihrer Freundschaft? War es möglich, dass McCoy schon immer irgendein dunkles Geheimnis hütete und es ihm nur nie aufgefallen war weil er … ja, zu sehr mit sich selbst beschäftigt war? Zu sehr damit beschäftigt, einer der besten Kadetten an der Academy zu sein. Zu sehr damit beschäftigt, den Sessel des Captains zu erklimmen?

Ungeheure Wut auf sich selbst wallte zunehmend in ihm auf und er schlug und trat abwechselnd auf den Sandsack ein, bis er vor Erschöpfung zusammenbrach und auf der Matte unter sich liegen blieb. Über ihm schwang der Sandsack hin und her, wirkte hypnotisierend.

Tausend Ideen kamen ihm in den Sinn, was McCoy wohl vor ihm verheimlichen konnte. Aber je mehr eine der Ideen Form annahm, desto eher verwarf er sie wieder. Er ließ all die Jahre mit McCoy Revue passieren, analysierte Gesagtes, Gesten, Blicke. Er suchte so verzweifelt nach versteckten Hinweisen, dass er gar nicht bemerkte wie er zunehmend müde wurde. Als seine Augen vor Erschöpfung begannen zu brennen schloss er sie. Stellte sich dabei McCoys Gesicht vor, erinnerte sich an das Gespräch in der Krankenstation und später im Quartier. Was übersah er? War es möglich, dass er den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen konnte?

Schließlich schlief Kirk ein, während sich seine Gedanken nur um Bones drehten.

~*~

Der Weckruf an diesem Morgen war McCoy wie eine Ohrfeige vorgekommen. Fürchterliche Kopfschmerzen erinnerten ihn an den Vorabend, den er mit seinem alten Kumpel Jack Daniels verbracht hatte. Aber er war geübt in diesen Dingen, vielleicht zu sehr. Er duschte, zog sich frische Kleidung an und trat ohne Frühstück seinen Dienst auf der Krankenstation an, um als Erster dort zu sein.

Er löste das Medo-Team ab, das die Gamma-Schicht übernommen hatte und nahm wieder mal zur Kenntnis, wie wenig nachts los war. Ein Grund, warum er Nachtschichten nicht ausstehen konnte. Die Vorstellung stundenlang nur herumzusitzen und darauf zu warten, dass irgendjemand sich auf die Station verirrte, behagte ihm gar nicht.

In seinem Büro, wo er sich unbeobachtet fühlte, injizierte er sich einen Cocktail aus diversen Medikamenten, die im Wesentlichen die Kopfschmerzen betäubten und den restlichen Alkohol in seinem Blut neutralisierten. Anfangs hatte er immer ein schlechtes Gewissen deswegen gehabt und sich vor der Möglichkeit gefürchtet, dass bei einer Inventur auffallen würde, dass gewisse Medikamente mehr verbraucht wurden als dokumentiert war. Aber im Verlauf der Jahre war McCoy in dieser Hinsicht genauso abgestumpft wie mit allem anderen, immerhin war er niemals erwischt worden.

~*~

„Captain …?“

Die sanfte Frauenstimme drang wie durch einen dichten Nebel in seinen Kopf. Sein Verstand sagte ihm, dass er nach der Ursache schauen müsste, aber sein Körper weigerte sich. „Noch fünf Minuten …“, murmelte er daher.

„Ihre Schicht beginnt in einer halben Stunde, Captain.“

Ruckartig setzte Kirk sich auf und zwang sich die Augen offen zu halten. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sein Sichtfeld scharf wurde. Vor ihm kniete, sehr zu seiner Überraschung, sein Kommunikationsoffizier Uhura und hob verwundert die Brauen.

„Wie spät ist es?“, fragte Kirk, noch immer verwirrt und orientierungslos. Sein Blick schweifte durch den Raum und er bemerkte, dass er sich nicht in seinem Quartier befand. Er hatte die ganze Nacht im Trainingsraum verbracht.

„Halb acht, Sir.“ Ihre Stimme war warm und sanft wie immer. Irgendwie schaffte sie es ihn nicht zu mögen, es sich aber fast nie anmerken zu lassen. Lediglich wenn es um Spock ging, oder Kirk wieder zu offensichtlich mit ihr flirtete, wurden ihre wahren Gefühle sichtbar. „Hatten Sie einen Unfall? Geht es Ihnen gut?“

„Ja“, sagte Kirk und rappelte sich auf. Sein Rücken schmerzte furchtbar, weil die Trainingsmatte einfach zu hart war, um eine ganze Nacht darauf zu schlafen. „Es geht mir gut, meine ich. Ich hatte keinen Unfall. Ich bin nur … eingeschlafen.“ Er rieb sich die Augen und fuhr sich fahrig durch das zerzauste Haar. „Was tun Sie hier?“

„Ich habe Sie gesucht, Captain. Sie waren nicht wie üblich in der Messe zum Frühstück. Sie sind jeden Tag zur exakt selben Zeit dort. Und als Sie sich um mehr als zehn Minuten verspäteten …“

Ein breites Lächeln formte Kirks Lippen. „Sie haben sich Sorgen gemacht. Uhura, Sie überraschen mich immer wieder.“

„Tatsächlich war es Spock“, verteidigte sie sich schnell, „dem Ihre Verspätung auffiel. Ich habe Sie nicht wirklich vermisst.“

Sie schwindelte Kirk an und er konnte es sehen. Ihre Augen leuchteten ein wenig, als sie nur schlecht ein kleines Lächeln unterdrückte.

„Natürlich. War klar, dass ihm das auffällt.“ Kirk straffte seine Schultern und wurde wieder ernst. „Dann geh ich mich mal eben frisch machen. Könnten Sie dafür sorgen, dass ich was zu essen und einen Kaffee auf die Brücke bekomme?“ Sie beide wussten, dass es nicht Uhuras Aufgabe war, aber dennoch nickte sie und Kirk bedankte sich bei ihr dafür.
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