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Decision of Fate

von Emony, Steffi Raatz, T'Pol

Kapitel 1

D DECK / MASCHINENRAUM

Ein letztes Mal studierte Trip Tucker seinen Bericht. Das Padd in der Hand haltend und die letzten Zeilen lesend ging er gedanklich nochmals alles durch. Außer der Tatsache, dass sie bald nur noch mit Impuls fliegen konnten, wenn sie nicht bald an Deuterium kamen, es hier und da zu minimalen Unterbrechungen im Materie- Antimateriefluss kam, funktionierte zumindest im Maschinenraum alles innerhalb normaler Parameter.

Er stieg die Sprossen der Leiter hinab und sah sich im Maschinenraum nach einem geeigneten Offizier um, den er mit einer Systemdiagnose des Warpkerns beauftragen konnte, solange er zu Jon ging, um den Bericht abzuliefern.

"McLane!", rief er und bewegte sich auf die junge Technikerin zu.

"Aye, Sir?" Ensign McLane unterbrach ihre Arbeit und trat auf Commander Tucker zu, der ihr erklärte, dass sie eine Typ 3 Systemdiagnose am Warpkernreaktor vornehmen sollte. Er vermutete eine Fehlfunktion im Materie- Antimaterie Zufluss. Es überraschte sie ein wenig, dass der Chefingenieur ausgerechnet ihr diese wichtige Aufgabe überließ, doch sie bemühte sich darum sich nichts anmerken zu lassen.

"Sollten Sie Probleme mit der Diagnose bekommen, dann rufen Sie mich", sagte er abschließend zu ihr und wandte sich dann zum gehen.

Jon hatte ihn zum gemeinsamen Mittagessen zu sich bestellt und er wollte diese Gelegenheit gleich nutzen, um ihm seinen Bericht vorzulegen.

Eilig stieg der Chefingenieur die Leiter hinauf und verließ den Maschinenraum. Im Korridor kam ihm Ensign Williams entgegen und er nickte ihr freundlich zu. Sie erwiderte den stummen Gruß und verschwand dann hinter der Tür zum Maschinenraum.

Unbeirrt setzte er seinen Weg fort, bis er am Turbolift angelangte und betätigte diesen. Es dauerte einen Moment, bis der Fahrstuhl bei ihm ankam und er einsteigen konnte. Sein Magen knurrte bereits und er konnte es kaum erwarten etwas zu essen. Nur hoffte er, dass T'Pol nicht auch wieder eingeladen war. Inzwischen respektierte er die Vulkanierin zwar, aber sie sorgte doch bei jedem Essen oder Briefing für eine kühle Atmosphäre. Zudem sprach Jon in ihrer Gegenwart so gut wie niemals über private Dinge, sondern nur über die Arbeit. Tucker hatte nichts gegen die Besprechungen der ranghöchsten Offiziere, aber beim Essen war ihm eine lockere Stimmung lieber. Es entspannte ihn einfach mehr.

A DECK / BRÜCKE

Jonathan Archer betrachtete in Gedanken die unendliche Schwärze des Alls. Momentan schien alles ruhig und obwohl er diese Ruhe genoss, kam in ihm ein ungewohnt unangenehmes Gefühl auf. Er wusste, dass es vermutlich nur mit der bereits langen Zeit an Bord zusammenhing und so etwas wie Heimweh bedeutete, aber es war ein Gefühl, was er sich nicht erlauben konnte. Er war gleich mit Trip zum Essen verabredet und hatte ausnahmsweise T'Pol mal nicht eingeladen. Irgendwie musste er mit jemandem über dieses Gefühl reden.

Da er nichts davon hielt, Dr. Phlox als Psychologen zu konsultieren, T'Pol zwar irgendwo zu einer Vertrauensperson geworden war, jedoch nichts von Gefühlen verstand und die restlichen Crewmitglieder nicht in Frage kamen, war sein Freund und Chefingenieur der geeignetste Kandidat.

Obwohl das Essen somit für ihn mehr zu einer Psychologensitzung wurde, als einen erfreulichen Hintergrund zu haben, stand er von seinem Sessel auf und übergab das Kommando zeitweilig an T'Pol.

Ensign Hoshi Sato stand an ihrer Kommunikationsstation und langweilte sich. Seit Tagen hatte sie schon keine Gelegenheit mehr gehabt, sich irgendwie nützlich zu machen und das setzte ihr langsam zu.

Leise seufzend sah sie sich auf der Brücke um. Captain Archer hatte gerade das Kommando an die Vulkanierin übergeben und war wohl zum Mittagessen gegangen. In etwa einer Stunde hatte Hoshi auch Pause, bis dahin musste sie allerdings noch ausharren.

Außer T'Pol und ihr befanden sich noch Malcolm Reed, der Sicherheitsoffizier, und einige Crewmitglieder, die sie nicht so genau kannte, auf der Brücke.

Sie drehte sich wieder ihrer Konsole zu. Zwar hätte sie sich gerne mit jemandem unterhalten, da die Stille ihr nicht gefiel, aber sie hatte auch keine Idee, über was sie mit wem hätte reden können.

E DECK / CAPTAINS SPEISERAUM

Er stand vor der Tür und betätigte den Melder. Trip wusste, dass er ein paar Minuten zu früh dran war, doch vielleicht hatte er ja Glück und Jonathan hatte sich ebenfalls etwas früher von der Brücke entfernen können.

Als die Tür jedoch nicht aufging wandte er sich zurück und ließ seinen Blick durch die belebte Mannschaftsmesse schweifen. An nahezu jedem Tisch saßen Offiziere beisammen, unterhielten sich rege oder nahmen stillschweigend das Mittagessen zu sich. Vom Captain war jedoch nichts zu sehen und so verschränkte er die Arme vor der Brust, lehnte sich an die Wand und begann zu warten.

"Entschuldige, Trip." Jon sah seinen Freund bereits warten stehen und legte einen Schritt zu. Dann registrierte er wie spät es tatsächlich war und verzog das Gesicht. "Entschuldigung zurückgenommen. Ich bin ja gar nicht zu spät."

Er öffnete die Tür und bat seinen Chefingenieur herein. Nicht ganz sicher, ob er gleich mit der Tür ins Haus fallen sollte, setzte er sich auf seinen Platz und begann einen Augenblick auf den Tisch zu starren. Dann sah er wieder auf und wusste, würde er Trip nicht gleich erzählen, was los war, würde dieser sowieso nachfragen.

"Okay", Jon holte tief Luft, "ich brauche jemanden zum Reden, bist du bereit?"

Er brauchte jemand zum reden?! Trip lehnte sich in dem Stuhl zurück, auf dem er gewohnheitsmäßig immer saß und blickte kurz zu der Tür, aus der der Schiffskoch hoffentlich bald mit dem Mittagessen kommen würde. Sein Magen knurrte, doch er versuchte diesen Umstand zu ignorieren und nickte seinem Freund zu.

"Bereit", gab er zu verstehen.

Jon ließ sich ebenfalls in seinem Stuhl zurückgleiten, jedoch nur, um sich kurz darauf wieder nach vorne zu lehnen.

"Ich glaube, ich habe Heimweh."

Trips Reaktion deutete für ihn auf Irritation, er konnte es aber nur mutmaßen.

"Kannst du mir erklären, warum ich so ein Gefühl empfinde? Ich sollte glücklich sein, weil ich Captain dieses Schiffes bin und dennoch frisst in mir ein Gefühl... ich würde es tatsächlich als Heimweh beschreiben." Er sah seinen Gegenüber ratlos, ja fast verzweifelt an.

Der ernste Ausdruck in Archers Gesicht verwirrte ihn. Das war tatsächlich sein Ernst. Ein kurzes Lächeln huschte über Trips Züge und er lehnte sich seinem Freund entgegen. "Ich kenne das Gefühl", sagte er. "Manchmal sehne ich mich auch danach wieder auf die Erde zurück zu kehren, besonders dann, wenn wir einige Zeit ohne irgendwelche Herausforderungen unterwegs sind. Die Zeit an Bord kommt einem dann einfach viel länger vor, als wenn man eine fremde Kultur studiert, einen Planeten erforscht oder auch nur einen Erstkontakt herstellt." Abermals ließ sich der Ingenieur in seinen Stuhl zurück sinken. "Seien wir doch mal ehrlich; wir haben hier nicht viele Möglichkeiten uns zu amüsieren, vom Alltag abzulenken und unser letzter Urlaub ist auch schon wieder eine ganze Weile her."

"Wolltest du nicht auch noch Frauen erwähnen?" Archer legte den Kopf schief und grinste matt. Er kannte seinen Freund schon zu lange, als dass dieser nicht irgendwo auch daran gedacht hätte.

Tucker begann leise zu lachen. Selbstverständlich fehlten ihm auch die Frauen. Nichts gegen die, die sich an Bord befanden, aber an ein Date war in den Engen der Enterprise nun wirklich nicht zu denken. Hier hatte man keine Möglichkeit mit einer Frau auszugehen, um bei romantischem Kerzelicht zu essen oder einen Spaziergang bei Mondschein zu machen. "Du kennst mich einfach zu gut, Jon", erwiderte er und lächelte immer noch. "Wir sind seit etwas mehr als anderthalb Jahre unterwegs und ich wäre ein Lügner, würde ich leugnen, dass es mir fehlt auszugehen." Er machte eine kurze Pause und lehnte sich seinem Freund verschwörerisch entgegen. "Dass du das Thema anschneidest ist ein ganz klares Zeichen dafür, dass auch du es vermisst auszugehen."

Jon wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als das Essen serviert wurde. Entsprechend zog er es vor zu schweigen.

Als sie wieder allein waren, lächelte er Trip an. "Ich wusste schon, warum ich heute mit dir allein essen wollte. Schon allein der Gedanke daran T'Pol könnte dieses Gespräch mitangehört haben..." Er schüttelte kurz den Kopf. "Undenkbar."

Er unterließ es Tucker seine letzte Frage zu beantworten. Dieser kannte ihn viel zu lange, als dass er nicht gewusst hätte, dass ihn dergleichen ebenfalls beschäftigte.

"Ja, dass T'Pol uns bei einem privaten Gespräch zuhört ist wirklich undenkbar." Nicht nur deshalb, weil eine Frau in einer solchen Unterhaltung fehl am Platz wäre, sondern vor allem weil gerade sie vermutlich keine Ahnung davon hatte, was Heimweh ist oder die Sehnsucht nach dem anderen Geschlecht. Trip musterte Jon für einen weiteren Augenblick und begann dann seinen Teller zu füllen.

"Vielleicht sollten wir mal Landurlaub machen", sprach der Ingenieur seinen nächsten Gedanken laut aus.

"Vielleicht keine schlechte Idee", erwiderte Jon und spießte etwas Salat mit seiner Gabel auf. "Die Frage ist, an welchem Ort. In der unmittelbaren Nähe befindet sich kein Planet der auch nur annähernd in Frage käme."

"T'Pol an Archer", erklang es aus der Gegensprechanlage und Jon rollte leicht mit den Augen.

Gerade als Commander Tucker zu einer Antwort ansetzen wollte erklang die Stimme der Vulkanierin über Interkom und er presste die Lippen aufeinander. *Diese Frau hat ein wirklich tolles Timing*, dachte er bei sich und schnitt sich ein ordentliches Stück von dem Schnitzel ab.

Jon stand widerwillig auf und betätigte den Knopf der Gegensprechanlage, um Kontakt herzustellen.

"Sprechen Sie!"

"Captain, wir haben ein fremdes Raumschiff geortet und können es derzeit noch nicht identifizieren. Es scheint jedoch Probleme zu haben", erklang die Stimme der Vulkanierin ihm entgegen.

"Ich bin gleich auf der Brücke", erwiderte er und seufzte, als er den Knopf wieder los ließ.

Jon richtete seinen Blick auf Trip, der genüsslich auf seinem Stück Fleisch herumkaute. "So viel zum Thema Langeweile und Urlaub!" Er verzog den Mund.

A DECK / BRÜCKE

Das fremde Raumschiff war plötzlich, wie aus dem Nichts auf ihren Sensoren aufgetaucht. Wie das passiert war konnte sich Hoshi nicht erklären, allerdings hatten erste Scans ergeben, dass es offensichtlich beschädigt war. Scans nach Lebenszeichen wollte sie allerdings noch nicht durchführen, denn sie wusste, dass es T'Pols Ansicht nach als ein feindlicher Akt aufgefasst werden konnte. Aber fragen kostete ja nichts.

"Soll ich nach Lebenszeichen scannen, Sub-Commander?"

T'Pol sah einen Augenblick nachdenklich auf den Schirm, wo das Raumschiff recht klein zu erkennen war.

Wie so oft, hätte sie von einem Scan abgeraten und Ensign Sato schien das genau zu wissen, als sie ihre Frage stellte. Aber wenn sie darüber nachdachte, wie Captain Archer handeln würde, wusste sie, dass er ihre Meinung respektieren würde, jedoch trotzdem einen Scan veranlassen würde. Wider ihrer Natur gab sie also Hoshi mit einem Nicken zu verstehen, dass sie fortfahren durfte.

E DECK / CAPTAINS SPEISERAUM

Obwohl sein Hunger noch lange nicht gestillt war erhob sich Commander Tucker von seinem Platz und sah den Captain fragend an: "Wirst du mich auf der Brücke brauchen?" *Meinen Bericht liefere ich dann eben später ab*, fügte er in Gedanken hinzu. Vielleicht war es ja beim Abendessen möglich, dass sie miteinander sprachen.

"Wenn es sich wirklich um einen Notruf handeln sollte, dann ist deine Anwesenheit auf der Brücke vermutlich nötig. Ich möchte nur wissen, was wir diesmal zu erwarten haben." Jon öffnete die Tür zur Messe und registrierte, dass Tucker ihm folgte.

Da sie ohnehin noch einen Augenblick Zeit hatten entschied sich der Chefingenieur dazu eine Zusammenfassung seines Berichts abzuliefern.

"Weshalb ich dich ohnehin hatte sprechen wollen: Leider kam ich noch nicht dazu es zu erwähnen, aber ich halte es für wichtig, dass du weißt, dass uns das Deuterium ausgeht. Wir werden in knapp drei Tagen maximal mit Warp 1 fliegen können." Er machte eine kurze Pause. "Dass wir tatsächlich so lange unterwegs sein würden war wohl nicht geplant. Denn die Vorräte waren für maximal anderthalb Jahre ausgelegt", erklärte Tucker, während sie in Richtung des Turbolifts gingen. Er sah seinen Captain mit erhobenen Brauen an. "Sicher hat T'Pol Erfahrung mit Deep Space Reisen, wie der unsrigen. Und eventuell kennt sie einen Planeten, auf dem wir uns entweder selbst Deuterium fördern oder zumindest welches erhandeln können."

Der Gedanke, dass ihnen soweit von Zuhause der 'Sprit' ausging gefiel ihm ganz und gar nicht.

Jonathan blieb stehen und registrierte, dass Trip fast in ihn hineinlief.

"Das sind ja wunderbare Nachrichten. Seit wann weißt du es? Drei Tage sind ja nun wirklich keine berauschend lange Zeit, um eine Deuterium Quelle zu finden. Ich hoffe wirklich, dass T'Pol uns weiterhelfen kann. Noch ein Grund, warum du auf der Brücke sein solltest."

Jon sah seinen Freund einmal mehr mit in Falten gelegter Stirn an.

Dass jemand unter seinem Kommando Mist gebaut und ihn selbst erst am gestrigen Abend darüber informiert hatte, wollte er dem Captain nicht mitteilen. Der entsprechende Crewman hatte bereits eine Rüge des Chefingenieurs über sich ergehen lassen müssen und Trip hielt es für unnötig, dass auch Jonathan die entsprechende Person zu sich zitierte, um ihr die Hölle heiß zu machen. Und das würde er ganz sicher tun. Er sah schon jetzt verdammt sauer aus.

"Ich muss mich vor der Abreise verrechnet haben", sagte Trip daher und musterte sein Gegenüber. Zwar war Jonathan sein Freund und Mentor, seit gut zehn Jahren, aber dennoch würde er es verstehen, wenn er den Captain herauslassen und ihn deshalb zurechtweisen würde. "Es ist mein Fehler. Und herausgefunden habe ich es selbst erst gestern Abend, nach Dienstschluss." Er hoffte, dass Crewman Kelley wusste, was er hier und jetzt für sie tat.

"Okay..." Jonathan atmete zwei mal tief ein und aus. Trip war ein fähiger Mann, das war ihm klar geworden, als sie sich vor einiger Zeit auf der Akademie kennen gelernt hatten. Und diese Reise war überhaupt die erste dieser Art. Konnte er ihm wirklich übel nehmen, dass er diesen Fehler gemacht hatte?

Der Captain in ihm war der Ansicht, dass er einen nicht zu akzeptierenden Fehler gemacht hatte, der Mensch in ihm wusste, dass niemand fehlerlos war. Nicht einmal ein brillanter Ingenieur wie Trip Tucker.

Also schluckte er seinen Ärger halbwegs hinunter und versuchte möglichst ruhig zu klingen.

"In unserer Situation ist das eigentlich ein unverzeihlicher Fehler, aber da die Situation nicht zu ändern ist und die Reise Bedingungen schafft, die nicht denen auf der Erde entsprechen, werde ich mal davon absehen, dir eine Standpauke über Verantwortungsbewusstsein zu halten. Ich halte dich für den fähigsten Mann, den ich für diese Mission kriegen konnte, Trip. Also enttäusch mich bitte nicht und weise deine Leute an, in Zukunft besser aufzupassen."

Jonathan verließ die Messe und steuerte den Turbolift an, um zur Brücke zu gelangen.

Trip nickte, als wolle er sagen 'Aye, Sir' und ließ die unbewusst angehaltene Luft aus seinen Lungen entweichen. Jons letzter Satz machte ihn ein unsicher, doch er bemühte sich darum sich nichts anmerken zu lassen. Ahnte er etwa, dass er jemanden in Schutz nahm? Der Ingenieur zog die Stirn kraus und setzte seinen Weg zum Turbolift fort.

"Sollten die Fremden tatsächlich technische Probleme haben, so kann ich ihnen vielleicht helfen und uns als Gegenleistung etwas Deuterium aushandeln."

D DECK / MASCHINENRAUM

Ensign Williams kroch langsam wieder aus der Jeffreysröhre heraus, legte das Werkzeug beiseite und stemmte die Hände in die Hüfte. Inzwischen hatte sie das dritte Relais innerhalb einer Woche austauschen müssen.

Es war nicht so, dass es ihr keine Freude bereitete die einfacheren Jobs zu übernehmen, doch warum ließ Commander Tucker sie nie den Warpreaktor überprüfen, das Herz des Schiffes? Sie fühlte sich wie eine Krankenschwester, die nur kleinere Wunden an Patienten heilen durfte, während stets die selben Leute mit den wirklich interessanten Arbeiten beschäftigt wurden - den Notoperationen der Technik. Sie seufzte und blickte nochmals in die Jeffreysröhre, bevor sie den Zugang wieder verschloss.

A DECK / BRÜCKE

T'Pol zog eine Augenbraue hoch und betrachtete Ensign Sato bei ihrer Arbeit. Der Captain ließ sich sehr viel Zeit und auch Commander Tucker, dessen Anwesenheit voraussichtlich auf der Brücke erforderlich war, war noch immer nicht erschienen.

Just in diesem Augenblick öffnete sich die Tür des Turboliftes und Captain Archer und Commander Tucker betraten gemeinsam die Brücke. T'Pol erfasste die Situation schnell. Die beiden mussten zusammen beim Essen gewesen sein. An sich war sie bei den Essen immer mit dabei, diesmal war sie ausgeschlossen worden.

T'Pol hatte ihre Gefühle zu gut unter Kontrolle, als dass sie sich irgendetwas hätte anmerken lassen. Sie behielt es sich vor, sich ihre Meinung darüber im Stillen zu bilden.

"Captain, wie Sie auf dem Schirm erkennen können, sind wir noch sehr weit von dem Raumschiff entfernt. Ensign Sato scannt das fremde Schiff derzeit auf Lebenszeichen", lieferte sie ihren Bericht ab und machte ihm Platz, damit er zu seinem Sessel konnte.

Archer legte die Stirn kraus, ließ aber keinen Ton über seine Überraschung verlauten, dass T'Pol einem Scan zugestimmt, ihn sogar angewiesen hatte.

Der Chefingenieur blieb hinter dem Sessel des Captains stehen und betrachtete den Wandschirm. Nachdenklich zog er die Stirn kraus. "Warum rufen wir das Schiff nicht?" Es war nicht wirklich eine Frage, eher ein Vorschlag. Vielleicht würden sie auf diesem Weg erfahren, ob die Fremden Hilfe benötigten und wer sie überhaupt waren.

T'Pol drehte sich zu Tucker um und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. "Commander Tucker, vielleicht sollten wir erst einmal herausfinden, wer sich auf dem Schiff befindet. Je nach Rasse kann eine Kontaktaufnahme anders aufgenommen werden."

"Erinnern wir uns an unsere unbekannten Freunde, die gleich gefeuert haben", warf Archer ein und nahm auf seinem Stuhl Platz.

T'Pol hob erstaunt die Augenbraue. Es kam nicht oft vor, dass Captain Archer ihrer Meinung war.

Tucker atmete tief durch und zog die Stirn abermals kraus. *War ja nur eine Idee*, dachte er bei sich, vermied es jedoch etwas zu sagen. Dass die Vulkanierin ihm wiedersprach war er gewohnt, doch dass selbst Jon es nicht einmal in Erwägung zog das Schiff zu rufen erstaunte den Ingenieur. Neugierig ging er zur Kommunikationsstation und lehnte sich hinter Ensign Sato soweit nach vorn, dass er die Anzeigen auf ihrer Station sehen konnte.

Malcolm Reed sah von seinen Anzeigen auf und in Richtung des Captains. "Bisher haben sie ihre Waffen noch nicht geladen", berichtete ein wenig enttäuscht, doch er verstand es sich nichts anmerken zu lassen.

Archer nickte Lieutenant Reed zu und wandte seinen Blick zu Ensign Sato, die immer noch angestrengt auf irgendwelche Signale lauschte, scheinbar jedoch nichts fand. Trip hätte ihm das ansonsten mit Sicherheit schon zu verstehen gegeben.

T'Pol ging auf ihren Platz zurück und kontrollierte die Anzeigen. Aber auch sie meldete sich nicht zu Wort.

*Okay...*, dachte Jon und rutschte auf seinem Sitz hin und her. Das Ganze dauerte ihm wirklich zu lange.

"Hoshi, hat der Scan irgendwas ergeben? Können Sie mir etwas sagen? Wenn nicht, dann werde ich jetzt nämlich Commander Tuckers Vorschlag aufgreifen", erklärte er und registrierte, wie nicht nur T'Pols Blick auf ihm ruhte.

"Ja Captain, der Scan hat etwas ergeben", meldete Hoshi Sato. Eigentlich hatte der Scan schon etwas früher etwas ergeben, doch als der Captain die Brücke betreten hatte, hatte sie ihn um sicher zu gehen noch einmal durchlaufen lassen.

"Es befinden sich zurzeit zehn Lebensformen an Bord des Schiffes. Jedenfalls soweit unsere Technologie es erkennen kann. Von ihrer Physiologie her scheinen sie den Xyrillianern zu ähneln, aber sie scheinen eine Technologie zu besitzen, die zu genaue Scans verhindert. Ihr Schiff ist beschädigt und ich kann nur vermuten, aber ich denke es gibt viele Tote an Bord."

Tucker schaute ihr immer noch über die Schulter und sie fing an, sich unwohl zu fühlen, auch weil die Augen aller auf der Brücke Anwesenden auf ihr ruhten. Zumindest kam es ihr so vor.

"Xyrillianer?" Archer zog die Stirn kraus und dachte nach. Dann fiel sein Blick auf Trip und ein leichtes Grinsen legte sich um seine Lippen.

"Hoshi, stellen Sie eine Verbindung her", erklärte er schließlich und stand, seine Uniform glättend, auf.

*Xyrillianer!?*, schoss es Trip durch den Kopf und ihm wurde für einen Augenblick schwindelig. *Alles nur das nicht!* Zu gut war ihm die Erfahrung im Gedächtnis haften geblieben, die er bei seinem Erstkontakt mit dieser Spezies gemacht hatte. Instinktiv fasste er sich an die Brust, knapp unterhalb seines Herzens, wo sich damals das Baby befunden hatte. Seine Knie drohten nachzugeben und er griff nach der Lehne von Hoshis Stuhl, um Halt zu finden.

"Commander Tucker", T'Pol sah den Chefingenieur an, "geht es Ihnen nicht gut?"

Im Hintergrund konnte sie Captain Archer scharf ausatmen hören. Ihren Erfahrungen nach hieß das, dass er entweder angespannt war oder sich ein Lachen verkneifen musste. Sie tippte auf letzteres.

Langsam und tief durchatmend drehte sich Commander Tucker zur Wissenschaftsstation und warf der Vulkanierin einen warnenden Blick aus schmalen Augen zu, als wolle er sagen 'kein weiteres Wort mehr'. "Es ging mir nie besser", antwortet er zynisch und sah den Captain nicht minder verwarnend an.

Selbstverständlich ging es ihm nicht gut, doch das war seine private Angelegenheit und ging niemanden auf der Brücke etwas an. Er verschränkte die Arme vor der Brust, um seine Aussage zu bekräftigen und richtete seinen Blick wieder zurück auf den Hauptschirm.

T'Pol hob die rechte Augenbraue. Commander Tucker schien sich ihrer Ansicht nach nicht richtig unter Kontrolle zu haben. Kurzfristig spielte sie mit dem Gedanken, Archer ihre Ansicht mitzuteilen, als sie diesen jedoch ansah und feststellte, dass er Tucker zunickte, schenkte sie sich den Kommentar.

"Hoshi, steht die Verbindung?" Captain Archer brachte sich erneut in Position und versuchte ernst zu wirken.

Hoshi betätigte ein paar Knöpfe und meldete dann: "Ja Captain, allerdings ist nur Audio möglich." Wahrscheinlich war das Schiff zu stark beschädigt, um Bilder zu empfangen und zu senden.

Archer holte tief Luft und begann zu sprechen. "Hier spricht Captain Jonathan Archer vom Raumschiff Enterprise. Wir sind auf einer Forschungsmission und kommen von der Erde. Können wir Ihnen irgendwie helfen?"

Sein Blick streifte den der Vulkanierin und wanderte dann zu Trip, der immer noch hinter Hoshi stand.

Unbewusst hielt Trip den Atem an und erwiderte Archers Blick. In ihm schlummerte die Hoffnung, dass es sich bei dem Schiff nicht um DAS Xyrillianische Raumschiff handelte. Es war ihm noch heute kaum begreiflich wie es zu seiner Schwangerschaft hatte kommen können. Und besonders wollte er das Kind nicht wieder sehen. Immerhin war er der Wirt dieses Mädchens gewesen und er befürchtete, dass er beginnen würde Gefühle für seine 'Tochter' zu entwickeln. Er war noch nicht bereit dafür. Selbst heute noch fragte er sich oft, ob es eine so gute Idee war das Baby herzugeben. Sein Gefühlschaos war auch so schon groß genug, ohne dass er das Kind je wieder gesehen hatte.

Angespannt wartete er darauf, dass die Xyrillianer auf ihren Ruf reagierten.

Archer konnte in Trips Blick lesen, wie sehr ihn das Ganze aus dem Gleichgewicht brachte und deshalb bereute er es auch, dass er erst Scherze darüber gemacht hatte.

T'Pol führte derweil weitere Untersuchungen durch. Jonathan versuchte ihren Blick einzufangen, als sie kurz aufsah, aber es gelang ihm nicht.

Schließlich sprach sie ihn jedoch von selbst an und wirkte dabei wie immer kühl und distanziert.

"Ich habe Störungen im Warpkernreaktor des Schiffes registriert, sowie Feuer in zwei Laderäumen."

"Können Sie Lebenszeichen ausmachen, T'Pol?" Jon spürte nun eine gewisse Unruhe in sich aufkommen. Zwar handelte es sich um eine außerirdische Lebensform bei den Xyrillianern, dennoch waren sie vertraut. Der Zwischenfall mit dem Baby war sicherlich nicht sehr berauschend gewesen, vor allem für seinen Chefingenieur, aber die Xyrillianer waren freundlich zu ihnen gewesen.

"Ich kann drei sehr schwache Lebenszeichen ausmachen, Sir." T'Pol sah ihn an.

Jon nickte, sog scharf die Luft ein und sah wieder zu seinem Chefingenieur hinüber.

Commander Tucker versuchte in Captain Archers Blick zu lesen, was dieser als nächsten Schritt vorhatte, doch es gelang ihm nur schwerlich. Erneut schweifte Trips Blick zum Wandschirm. Während er überlegte, wie sie weiter fortfahren konnten - denn Hilfe würden sie den drei Xyrillianern mit Bestimmtheit zukommen lassen - kaute er nachdenklich auf seiner Unterlippe herum.

Er wusste, dass wenn sie die Brände in den Laderäumen nicht löschen würden, es zu einer Kaskade an Bord kommen konnte und das Schiff in wenigen Minuten in die Luft fliegen würde. Antimaterie die mit Feuer in Berührung kommt würde eine solch immense Explosion hervorrufen, dass selbst die Enterprise in unmittelbarer Gefahr war. Zudem konnte selbst Trip nicht richtig voraussagen welchen Schaden das im Subraum mit sich bringen würde. Das Einzige was feststand war, dass sie schnell handeln mussten.

"Wenn ich einen Vorschlag machen darf, Captain?"

Jon hatte gehofft, dass sein Chefingenieur reagieren würde. Ihm selber war nicht genau klar, inwieweit Gefahr bestand und da er keines seiner Crewmitglieder ernsthaft gefährden wollte - auch wenn er den drei Überlebenden helfen wollte - war er dankbar, dass sich Trip zu Wort meldete.

"Ich bin für jeden Vorschlag zu haben", erklärte er und sah noch einmal kurz zur Vulkanierin hinüber, die aber ebenso wie er keine akzeptable Lösung zur Hand zu haben schien.

Mit einem Mal schienen sich alle Blicke auf ihn zu richten und er trat einige Schritte auf Archer zu. "Wir könnten die drei Überlebenden auf die Enterprise beamen. Mit einer Fähre hinüber zu fliegen könnte zuviel Zeit in Anspruch nehmen und jede einzelne Minute ist kostbar." Trip machte eine kleine Pause und fuhr dann fort: "Wir könnten ein paar Leute von uns auf deren Schiff beamen und versuchen das Feuer zu löschen, bevor der Schaden irreparabel wird." Jedes Mal, wenn er das Wort beamen erwähnte konnte er ein fast nicht sichtbares Blinzeln in Jons Augen erkennen. Niemand beamte gerne, aber ihm schien dies der einzige Weg zu sein, um sowohl das Schiff als auch die Xyrillianer zu retten.

"Captain, ich glaube nicht, dass es sinnvoll wäre die Überlebenden an Bord zu beamen, so lange wir nicht genau wissen, um was für eine Spezies es sich handelt", schaltete sich T'Pol ein.

"Und warum nicht?" Jons Kopf ruckte zu ihr herum. "Mal davon abgesehen, dass ich dem Beamen skeptisch gegenüber stehe", ergänzte er mit einem Schulternzucken.

"Weil die Bedingungen an Bord eventuell nicht ihren Lebensbedingungen entsprechen könnten, Captain. Wir könnten diese Fremden mehr schaden als helfen." T'Pol sah ihn fest an.

"Und wenn ich dem Vorschlag von Commander Tucker zustimme? Die Wahrscheinlichkeit, dass Mitglieder meiner Crew dort drüben sterben ist höher." Er deutete leicht verärgert auf den Hauptschirm.

"Dann muss ich bestimmt dagegen protestieren, Captain." Die Vulkanierin machte sich gerade.

"Was wollen Sie damit andeuten, Sub-Commander? Dass Sie meine Kompetenz als Captain dieses Schiffes in Frage stellen?" Archer war mittlerweile sehr wütend.

"Ich will damit nur sagen, dass ich es für besser erachte, das Leben der Crew zu retten und das fremde Schiff seinem Schicksal zu überlassen", erklärte sie und wirkte mit einem Male nicht mehr ganz so ruhig und gelassen wie üblich.

"Ich soll unschuldige Wesen sterben lassen, weil Sie es nicht für richtig erachten?" Archer war außer sich.

"Sie handeln mal wieder unlogisch!", erklang ihre Stimme mit einem leicht bitteren Ton.

"Ihr Vulkanier seid Feiglinge!", zischte Archer und kniff die Augen zusammen.

"Im Gegensatz zu Ihnen, habe ich nur das Wohl der Enterprise im Sinn gehabt." T'Pol wirkte ebenso verärgert wie er. Etwas was ihn momentan wenig irritierte, weil er zu sehr mit sich selbst beschäftigt war.

Archer sah sie entschlossen an und deutete auf Trip. "Commander Tucker, ich akzeptiere Ihren Vorschlag. Treffen Sie alle nötigen Vorkehrungen." Er konnte nicht erkennen, wie Trip auf die Situation reagierte. Sein Blick hielt standhaft den von T'Pol fest.

Tucker nickte und sah dann zu Lieutenant Reed hinüber. "Malcolm, ich könnte deine Hilfe brauchen." Der Engländer nickte und folgte dem Chefingenieur zum Turbolift. "Captain, Dr. Phlox soll zum Transporter kommen." Er hoffte, dass Jon dies nicht als Befehl verstand, sondern als eine Bitte. Kaum dass er ausgesprochen hatte verschloss sich hinter ihnen auch schon der Lift.
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