TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Nach all den Jahren

von Emony

Kapitel 1

Kapitel 1


Computer Logbuch Captain James T. Kirk, Sternzeit 2258.11

Eben erhielt ich ein Kommunique von Admiral Pike. Unser neuer Auftrag ist es, an der neutralen Zone dem Grenzbereich zum romulanischen Reich zu patrouillieren. Es scheint als habe der Starfleet Geheimdienst einige äußerst beunruhigende Aktivitäten zwischen den Romulanern und den Klingonen bemerkt, die zu einem Krieg zwischen diesen beiden Großmächten führen könnten. Des Weiteren geht Starfleet davon aus, dass wir es hier mit Neros Erbe zu tun bekommen. Spock hält es für denkbar, dass Nero eine Botschaft nach Romulus entsandt hat, ehe es zur Vernichtung der Narada kam. Ich muss ihm an dieser Stelle beipflichten. Welche Auswirkungen ein Krieg zwischen diesen beiden Imperien auf die Föderation haben würde, ist noch nicht abzusehen. Eintrag Ende.


Captain Kirk stand vor dem Fenster in seinem Bereitschaftsraum und blickte auf die langsam vorüber ziehenden Sterne. Die momentane Ruhe ließ ihm endlich die Gelegenheit über die vergangenen Wochen zu reflektieren. Seit er das Kommando über die Enterprise erhalten hatte war viel geschehen. Er hatte erste Verluste aus seiner Mannschaft zu verzeichnen, hatte beinahe seinen besten Freund verloren und schließlich festgestellt, dass er nicht nur freundschaftliche Gefühle für McCoy hegte. Wie er auf lange Sicht mit eben letzter Änderung in seinem Leben zurechtkäme, war wie so Vieles andere unvorhersehbar.

Kirk glaubte ebenso wenig an ewig währende Beziehungen wie an ausweglose Situationen. Er hatte schon früh in seinem Leben gelernt, dass nichts für die Ewigkeit bestimmt war. Besonders fiel ihm in dieser Hinsicht seine eigene Mutter ein. Sie hatte ihn einmal angesehen, er war kaum fünf Jahre alt gewesen, und ihm gesagt, er sähe seinem Vater so unglaublich ähnlich. Kirk erinnerte sich noch gut, wie er damals angenommen hatte, sie habe ihm ein Kompliment gemacht. Dann war sie, was für ihn damals unverständlich war, in Tränen ausgebrochen, hatte sich tags darauf für eine beinahe einjährige Mission gemeldet und ihn bei seinem Stiefvater Frank zurückgelassen. Inzwischen war ihm klar, dass sie in ihm nichts als schmerzliche Erinnerungen gesehen hatte vor denen sie fliehen wollte.

Kirk wusste nicht, wie seine Mutter vor dieser Tragödie gewesen war, aber er war sich sicher, dass sie nicht immer so deprimiert und gebrochen gewesen war.

Liebe war nicht immer schön. Liebe hatte auch ihre Schattenseite. Sie konnte von einer Sekunde zur anderen nicht nur ein Leben zerstören, sondern gleich mehrere auf einmal. So sehr Kirk sich nach Liebe sehnte, fürchtete er sie doch auch. Allerdings versuchte er sich nicht länger vor seiner Furcht zu verstecken, sondern stellte sich ihr. Er würde sich nicht so leicht brechen lassen wie seine Mutter.

Dass es für ihn und Bones kein 'für immer' geben würde war eine Sache, die er sich stets vor Augen halten wollte. Sie waren Starfleet Offiziere. Schon allein diese Tatsache ließ ihn an einem 'für immer' gründlich zweifeln. Ein anderer Grund für seine Zweifel war der Fakt, dass sie eine gleichgeschlechtliche Beziehung anstrebten, was bei Starfleet zwar nicht verboten, jedoch auch nicht ohne Vorbehalte gestattet war. Im Allgemeinen erwartete Starfleet von homosexuellen Paaren, dass sie ihre Beziehung für sich behielten.

Die neutrale Zone zu patrouillieren war eine willkommene Abwechslung zu all dem Stress der letzten Wochen, der Ängste und der Gefahren. Seine Crew konnte eine kleine Verschnaufpause ebenso brauchen wie er, um neue Kraft zu tanken. Was ihn kaum wunderte war, dass McCoy sich keine Ruhe gönnte. Und gerade er brauchte eine kleine Auszeit, damit seine Verletzung vollends heilen konnte.

***

"Ich bin Arzt, Jim. Ich weiß durchaus, welchen körperlichen Belastungen ich mich wieder aussetzen darf und welchen nicht. Aber danke, deine Sorge rührt mich", sagte McCoy und sah sein Gegenüber mit mürrischer Miene an.

"Sie könnten dennoch etwas kürzer treten, Doktor", wandte sich nun auch Christine Chapel ein.

Die drei befanden sich vollkommen allein in der Krankenstation. Schwester Chapel machte einen Schritt nach rechts, wodurch sie etwas näher bei Kirk stand. Sie ahnte, dass McCoy gleich explodieren würde. Wie immer, wenn man seine Entscheidungskraft in Frage stellte. Sie schätzte ihn und hielt ihn für mehr als kompetent, aber sie wusste auch, dass er ein typischer Arzt war. Ein furchtbarer Patient.

"Nun fangen Sie nicht auch noch an, Christine. Ich finde, Sie könnten sich nützlich machen und eine Inventur durchführen." McCoys Augen wurden zu Schlitzen.

"Wie Sie wünschen, Doktor", sagte Christine und musste sich ein amüsierte Grinsen verkneifen. Ihr Blick huschte ein paar Mal zwischen McCoy und Kirk hin und her. Vielleicht war es besser sich nicht zwischen die beiden zu stellen. Und ganz sicher war es für sie selbst besser, wenn sie für keinen Partei ergriff. Eine Inventur war mit Sicherheit nicht die schlimmste Strafarbeit, die McCoy ihr aufgeben konnte. Sie verzichtete gerne auf seinen Zorn und zog sich zurück.

"Ich dachte wir hatten das Thema bereits, Bones?" Kirk verschränkte die Arme vor der Brust und sah vorwurfsvoll aus. Dann dämpfte er seine Stimme, so dass Chapel ihn auch sicher nicht hören konnte. "Ich weiß genau, dass du noch immer Schmerzen hast. Nachts, wenn du dich im Schlaf drehst, stöhnst du gequält auf. Warum musst du deinen verdammten Dickkopf durchsetzen und hier die Routinearbeiten erledigen, die von anderen ebenso ausgeführt werden könnten?"

McCoy sog scharf die Luft ein, seine Nasenlöcher veränderten die Form und spannten sich an. Kirk fühlte sich bei dem Anblick flüchtig an einen Rassehengst erinnert, der die Nüstern bläht. "Wenn ich dich nachts so sehr störe, kann ich auch in meinem Quartier schlafen."

"Das ist es nicht und das weißt du auch genau", sagte Kirk, noch immer sehr darauf bedacht, dass seine Stimme leise war. Er fasste McCoy beim Arm und sah ihm fest in die Augen. "Ich mache mir nicht nur als dein Captain Sorgen um dich und das weißt du. Ich möchte, dass du deine Schichten reduzierst, sagen wir um... die Hälfte. Bis du vollständig genesen bist. Sei vernünftig und tu das, was du von jedem deiner Patienten erwartest. Zurzeit ist doch nichts los."

"Um ehrlich zu sein, ist mir stinklangweilig, wenn ich nicht auf der Krankenstation bin."

"Dann such dir ein Hobby. Irgendwas, das nicht anstrengend ist. Fang an Schach zu spielen oder so." Kirk bemerkte, dass er McCoy noch immer am Arm hielt. Langsam ließ er seine Hand sinken. "Für heute ist dein Dienst jedenfalls vorbei. Und ich hoffe, dass Chapel mich nicht wieder rufen muss, weil sie sich Sorgen um deine Kondition macht. Und das sag ich dir als Captain."

McCoy nickte nur und brummelte für Kirk unverständliche Worte vor sich hin, während er sich an seinem Captain vorbei schob und die Krankenstation verließ.

"Arzt heile dich selbst", sagte Kirk mit einem Kopfschütteln als er McCoy nachsah und dann seinerseits die Krankenstation verließ, um wieder auf die Brücke zu gehen. Sein Dienst dauerte noch drei Stunden. Er nahm sich fest vor später im privaten Rahmen nochmals ausführlich und in Ruhe mit Bones zu reden. Schließlich machten Chapel und er sich nur Sorgen um ihn.

***

McCoy fühlte sich von Chapel verraten. Er hatte ihr doch mehrfach versichert, dass er sich nicht zuviel zumute würde. Wochenlang eine ruhige Kugel schieben und andere die Arbeit tun lassen, die er selbst erledigen konnte und vor allem wollte, lag ihm nicht. Die Stille in seinem Quartier machte ihn wahnsinnig. Verstand Jim denn nicht, dass er die Ablenkung brauchte, um nicht ständig daran erinnert zu werden was geschehen war?

Ratlos stand der Arzt vor seinem Bücherregal und nahm wahllos ein Exemplar heraus, in dem er lustlos blätterte. Die Worte auf den Seiten ergaben keinen Sinn, so schnell blätterte er weiter. Schließlich klappte er das Buch zu und schob es zurück, nur um ein anderes herauszunehmen, dass er genauso gedankenverloren durchblätterte. Er hatte keine Lust zu lesen.

Auch das zweite Buch schob er in das Regal zwischen die anderen zurück und sah sich dann nach etwas Unbestimmtem suchend in seinem Quartier um. Es war tadellos aufgeräumt, wie immer. Nun ja, von dem kleinen Chaos auf seinem Schreibtisch abgesehen. Aber würde er dies beseitigen, würde er gar nichts mehr finden. Dieser kleine Bereich in seiner Unterkunft war schon seit seiner Studienzeit ein Durcheinander, doch er fand sich darin erstaunlich gut zurecht.

Für einen Moment kam ihm in den Sinn, dass er es sich einfach mit einem Whisky auf dem Sofa bequem machen könnte. Jedoch verwarf er auch diesen Gedanken schnell wieder aus drei einfachen Gründen. Die Uhrzeit - es war einfach noch zu früh am Tag. Seine Verfassung - er hatte eine neue Leber bekommen und sollte sich daher mit Alkoholgenuss stark zurückhalten. Und Jim - würde dieser bemerken, dass er so früh etwas trank, würde er sich wahrscheinlich erst recht Sorgen machen und ihm auf die Nerven gehen.

"Uhura an McCoy."

Nie zuvor hatte sich der Arzt so über die leicht raue Stimme der Linguistin gefreut. "McCoy hier."

"Ich habe eine eingehende private Nachricht für Sie, Doktor."

McCoy hob verwundert die Augenbrauen. Eine Privatnachricht? Von wem mochte die wohl sein? Seine Eltern waren bereits gestorben und mit dem Rest seiner Familie hatte er seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Ebenso wenig mit alten Freunden. Absehen von Jim, gab es niemand, von dem er Kontakt erwartete. *Seltsam*, schoss es ihm in den Sinn. "Stellen Sie das Gespräch bitte in mein Quartier durch. McCoy Ende."

Noch immer verwundert ging er zu dem Computerterminal auf seinem Schreibtisch hinüber und setzte sich auf seinen Sessel. Das Symbol der Föderation prangte in der Mitte des Bildschirms und wurde plötzlich von einem Gesicht ersetzt, das er von allen am wenigsten erwartet hatte jemals wieder zu sehen.

"Jocelyn." Seine Exfrau. Was konnte ausgerechnet Jocelyn nach all den Jahren von ihm wollen?

Sie lächelte, als wären sie in Frieden auseinander gegangen. Natürlich hatte sie auch allen Grund zu lächeln, immerhin hatte er in ihrem Scheidungskrieg alles verloren und sie alles bekommen. "Leonard, wie schön dich wieder zu sehen."

"Tatsächlich", sagte er mürrisch - ohne auch nur einen Ansatz von Freundlichkeit zu heucheln -, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich in seinem Sessel zurück.

"Wie geht es dir?" Ihr Haar war kürzer geworden, als er es in Erinnerung hatte. Ihr Gesicht zeigte erste Anzeichen von kleinen Fältchen. Das Lächeln ihrer Lippen erreichte ihre Augen nicht und er wusste sofort, dass sie ihm etwas vormachte. Er hatte dieses falsche Lächeln zu oft in ihrem Gesicht gesehen.

McCoy straffte die Schultern als er sich wieder aufrecht hinsetzte und sie gründlich musterte. "Du meldest dich doch nach all den Jahren nicht, um dich nach meinem Befinden zu erkundigen. Warum kommst du nicht auf den Punkt und wir lassen die falschen Höflichkeiten einfach beiseite."

"Wie du wünschst", sagte sie. Das Lächeln verschwand so plötzlich aus ihrem Gesicht und wich einer ernsten Miene, dass es ihn überraschte, obgleich er damit gerechnet hatte, dass sie ihm etwas vormachte. "Ich brauche eine Unterschrift von dir."

McCoy lachte verächtlich. "Ich glaube ich habe alles unterschrieben und aufgegeben, das mir gehörte und nun in deinem Besitz ist." Er machte eine Pause. "Was macht meine Praxis?"

"Die hab ich gegen ein Haus auf dem Land eingetauscht."

Er erinnerte sich nur zu gut an diesen fiesen Gesichtsausdruck, der ihm entgegenblickte. Nach seinem Outing ihr gegenüber hatte sie ihn nur noch so angesehen. So, als habe er sie zutiefst gekränkt. So, als wolle sie den Rest ihres Leben damit zubringen sich dafür bei ihm zu rächen. Es war ihm inzwischen unverständlich, wie er diese Frau jemals geliebt haben konnte. Und er war froh, dass sie nie Zeit gefunden hatten eine Familie zu gründen.

McCoy schüttelte die Gedanken ab und atmete tief durch. Je schneller er das hinter sich brachte, desto besser. "Was für eine Unterschrift ist das, die du brauchst?"

Die Frau auf dem Bildschirm zögerte und haderte plötzlich, als wäre sie verunsichert. Das sah ihr so gar nicht ähnlich. McCoy wünschte sich, sie durch den Bildschirm an den Schultern packen und durchschütteln zu können.

"Jocelyn, verdammt. Ich bin ein beschäftigter Mann. Komm zur Sache, oder ich beende das Gespräch. Dann kannst du ewig auf diese verdammte Unterschrift warten, die du offenbar so dringend brauchst." Es fiel ihm zunehmend schwerer seinen Zorn zu zügeln. Er hatte so sehr gehofft diesen Teil seiner Vergangenheit für immer hinter sich gelassen zu haben. Sie war wie ein Dämon, der ihn verfolgte.

"Ich werde wieder heiraten", sagte sie und er konnte ihr ansehen, dass sie sich bemühte ihre Unsicherheit zu überspielen.

"Ja, und? Willst du meinen Segen?"

"Mach dich nicht lächerlich", sagte sie abfällig und schüttelte den Kopf. "Jeremy möchte..." Sie zögerte erneut.

Jeremy. So hieß also der arme Kerl, den sie zu einer Ehe mit ihr verdammte. Wunderbar!

"Er möchte Joanna adoptieren", beendete sie schnell ihren Satz, als sie in seinem Gesicht sah, dass er kurz davor war die Geduld zu verlieren.

"Joanna?" Sein Herz setzte einen Schlag aus. Müsste er diesen Namen kennen?

"Ich habe dich all die Jahre mit Unterhaltszahlungen für sie zufrieden gelassen. Du schuldest es mir."

Unterhaltszahlungen? Ihr etwas schulden? McCoy fühlte sich, als zöge ihm jemand den Stuhl unter dem Hintern weg. Warum begann sich der verdammte Raum plötzlich zu drehen. "Joanna", wiederholte er den Namen.

"Deine Tochter, Leonard."
Rezensionen