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Love Triangle

von Emony, Steffi Raatz

Bitterweet

Die Hände hinter dem Rücken verschlungen steht er am Fenster seines Quartiers. Ich weiß, dass er leidet. Still in sich hinein. Mein Captain ist bedrückt, voller Trauer, doch warum, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Mit Sicherheit weiß ich nur, dass ich ihn noch nie im Leben so gesehen habe. Es scheint, als sei seine Seele gebrochen. Und gerade deshalb verstehe ich nicht so ganz, warum ich hier bin.

"Ensign Sato", dringt seine matte Stimme in meine Gedanken und ich spüre, wie mir eine Gänsehaut den Rücken entlang läuft. Der Klang seiner Stimme berührt mich zutiefst und erfüllt mich mit unermesslichem Schmerz.

"Captain?"

"Ich…" Seine Stimme stockt und ich beginne zu zittern, so als ob ich seine Emotionen auffangen würde. "Ich brauche jemanden zum Reden und ich weiß nicht, mit wem ich sonst…" Der Scherz und die Verzweiflung in seiner Stimme werden immer stärker.

Ich entferne mich von der Tür und bewege mich auf ihn zu. Langsam, fast zaghaft hebe ich meine Hand, um seine Schulter zu berühren.

Ein untrüglicher Instinkt zwingt mich dazu. Ich möchte seine Verzweiflung lindern, ihm helfen.

Als meine Hand seine Schulter berührt, zuckt er zusammen. Meine Augen schließen sich sekundenlang, ehe ich sie wieder öffne.

"Jon, wie kann ich Ihnen helfen?", frage ich mit sanfter, beruhigender Stimme.

"Mir ist nicht zu helfen", erwidert er und legt seine Hand auf meine. Ich spüre die Kälte und ein Schauer durchläuft mich.

Ich will widersprechen. Protestieren. "Jon, das ist nicht wahr!" Doch dann sieht er mich an und sein Blick trifft meinen. Schmerzerfüllt. Zerbrochen.

Mein Herz scheint einen Augenblick still zu stehen. Mein Atem stockt. Was ist geschehen, dass mein so starker Captain so gebrochen ist?

Aus einem einfachen Reflex heraus ziehe ich ihn in meine Arme. Drücke ihn an meine Brust, so fest ich kann. Versuche mit all meiner Kraft, seinen Schmerz zu lindern.

"Hoshi…" Er atmet schwer und schluckt, als ob ihm Tränen in den Augen stehen.

"Shhh…", versuche ich ihn zu beruhigen und streiche über sein Haar.

Er ist größer als ich, doch in diesem Augenblick scheint er klein zu sein. Klein und verletzlich.

"Ich… ich habe diese Gefühle… aber… ich… es kann nicht funktionieren, es darf nicht… aber ich kann nicht einfach alles abstellen. Ich…", weint er in meine Schulter, während sein Körper zittert.

Verzweifelt versuche ich ihn zu verstehen. Seine Worte in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen und ihm gleichzeitig meinen Trost zu kommen zu lassen.

"Shhh…", flüstere ich, "Liebe ist nicht immer einfach, Jon."

Ich weiß zwar nicht, an wen er sein Herz verloren hat, doch die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um T'Pol handelt, ist doch recht groß. Umso erstaunter bin ich, als ich ihn "Trip" schluchzen höre.

Einen winzigen Moment lang zieht sich mein Magen zusammen, weil ich nicht wahr haben will, dass mein Captain sich zu einem Mann hingezogen fühlt. Doch dann begreife ich die Tragweite dieser Situation und nun ist es mein Herz, das sich zusammenzieht.

"Ich hätte nie für möglich gehalten… dass ich mich in einen Mann… und Trip… beste Freunde… unmöglich." Seine Tränen befeuchten meine Uniform, dringen durch bis auf meine Haut.

Ich streiche weiter über sein Haar. Stumm. Nachdenklich.

Schlagartig wird mir klar, dass ich ihm nicht helfen kann. Und mir wird die Ungerechtigkeit bewusst. Wir reisen durchs All, wir verlängern Leben, rotten Krankheit und Armut aus, doch wir sind in unserer Diskriminierung noch immer auf dem Stand längst vergangener Zeit.

Ich bin erstaunt, dass er sich mir anvertraut. Erstaunt und zugleich dankbar für sein Vertrauen.

"Wir finden eine Lösung. Es gibt immer eine Lösung", versuche ich stark für ihn zu sein. Stark genug, um ihm einen Funken Hoffnung zurück zu geben.

"Diesmal nicht, Hoshi", antwortet er und richtet seinen Kopf auf.

Ich blicke in seine verweinten Augen und mir ist ebenfalls zum Weinen zu mute.

Vorsichtig hebe ich meine Hand und wische die Tränen an seinen Wangen fort. Zärtlich streiche ich über seine Wange, versuche ihn anzulächeln, doch es gelingt mir nicht wirklich.

"Es gibt immer einen Weg", erkläre ich erneut und küsse ihn auf die Stirn.

Er lächelt matt, voller Kummer, während er seine Stirn gegen meine lehnt und die Augen schließt. "Wenn dem doch so wäre."

Ich schließe meine Augen auch und konzentriere mich völlig auf seinen Atem. Einatmen, ausatmen. So kontinuierlich wie ein Herzschlag.

Als ich meine Augen jedoch wieder öffne, spüre ich, dass sein Atem unregelmäßiger geht. Sein Blick trifft meinen, scheint in mich einzudringen. So nah waren wir einander noch nie. Und ich glaube fast, so nah war ich noch nie einem Menschen. Es ist fast so, als ob ich in seine Seele blicken könnte.

Ich will etwas sagen und zugleich schweigen, um diesen Augenblick nicht zu zerstören. Doch ehe ich begreife, was geschieht, spüre ich seine Lippen auf meinen.

Die Sanftheit verblüfft mich. Lässt ungewollt ein Beben durch meinen Körper fließen.

Kurz lässt er von mir ab, nur um mich anschließend mit dem Durst eines Ertrinkenden zu küssen. Und obwohl ich weiß, dass es falsch ist. So falsch, wie etwas nur sein kann, nehme ich sein Gesicht in meine Hände und dränge mich ihm entgegen. Weil ich glaube zu vergehen. Weil ich das Gefühl habe, noch näher in seine Seele einzudringen. Weil ich fest der Überzeugung bin, dass ich sonst sterbe.

Unsere Zungen verschlingen miteinander, tanzen, liebkosen. Und während all dem glaube ich mit ihm zu verschmelzen. Sein Mund wandert an meinem Hals entlang, benetzt meine Haut mit kleinen feuchten Küssen, während ich mit geschlossenen Augen nach dem Reisverschluss seiner Uniform taste.

Noch ehe ich diesen gefunden habe, spüre ich, wie meine Uniform über meine Schultern gleitet und seine warmen, kräftigen Hände meine Haut an den Armen berühren.

Ich will aufschreien, ihn abwehren und alles stoppen und zugleich will ich, dass es nie wieder aufhört. Es fühlt sich gut an, gut und doch so verheerend falsch.

Doch wir hören nicht auf. Wir machen weiter. Fühlen einander, berühren einander bis zur reinen Selbstaufgabe.

Und als die letzte Hülle fällt, sinken wir in Einvernehmen auf sein Bett, ergeben uns ohne Gedanken an das Danach, an morgen oder irgendwelche Zukunft.

Während er sich in mir bewegt, mit mir dem Höhepunkt entgegen gleitet, gibt es kein Richtig oder Falsch mehr. Wir sind eine Einheit. Seelisch. Körperlich. Es scheint, als würde alles um uns herum nichtig werden. Unrealistisch. Irrational.

Meine Beine klammern sich um seine Hüften, mein Becken presst sich ihm entgegen.

*Gott steh mir bei*, ist für einen Augenblick der Gedanke. Nur einen winzigen Augenblick denke ich daran, warum wir das hier tun. Nur einen winzigen Augenblick. So nichtig kurz wie ein Wimpernschlag. Er ist schneller vergessen, als er in meinem Gedanken aufkam. Doch das Gefühl, was diesem Gedanken folgt. So unbeschreiblich. So unvergesslich. Wir erleben es zusammen. Mit einer Stärke, die ich noch nie erfahren habe. Eine Erregung, die mir durch Mark und Knochen geht. Die meine Seele erschüttert.

***

Erschöpft liegen wir beieinander, reden nicht, lächeln nicht. Mein Kopf lehnt an seiner Brust. Seine Hand liegt auf meiner Hüfte. Nur einen Augenblick. Nur ein paar Sekunden will ich diesen Moment noch auskosten. Diese unglaubliche Nähe genießen. Genießen, damit ich mich später danach verzehren kann. Denn ich weiß, solch einen Moment wird es nicht mehr geben. Nie wieder. Weil es falsch war und ist. Weil er Trip liebt. Weil er mein Vorgesetzter ist. Weil ich nur Trost war. Mehr nicht.

Und so breche ich die Illusion, in dem ich aufstehe und meine Sachen zusammen suche. Wenn ich die Illusion breche, tut es nicht so weh. Dann kann ich den Schmerz besser kontrollieren. Die Hilflosigkeit, die mich erfasst.

"Hoshi…", höre ich seine Stimme, doch ich ignoriere sie. Flüchte in sein Bad und starre mich im Spiegel an. Fassungslos, müde und verzweifelt.

"Wie konnte ich nur", presse ich leise zwischen den Lippen hervor und spüre Tränen in meinem Gesicht.

Doch ich kenne die Antwort auf meine Frage.

Ich wollte es so. Jon wollte es so. Wir sind beide schuld und dann auch wieder nicht. Es war etwas, dass unwillkürlich hatte geschehen müssen. Mit wem war die einzige Frage, die wir uns heute beantwortet haben.

Jahrelange aufgestaute sexuelle Energien. Frustration. Unerwiderte Gefühle.

Ich fahre mir über mein Gesicht und starre in die dunklen Augen im Spiegel. "Du wusstest, worauf du dich einlässt."

Mit geschlossenen Augen atmete ich durch.

Plötzlich berührten mich seine Hände an den Schultern. Aufgestützt auf das Waschbecken öffnete ich meine Augen wieder und sehe ihn durch den Spiegel an.

"Es war ein Fehler…", bringe ich nur mühsam hervor.

"Vielleicht", erwidert er und dreht mich zu sich um.

Ich sehe zu ihm auf. Nun ist er nicht mehr klein und hilflos. Ich komme mir so vor.

"Jon…" Meine Stimme bricht, als er mein Gesicht zu sich zieht und mich erneut tief und doch voller Sanftheit küsst. Es ist ein Kuss, wie ich ihn noch nie zuvor bekam. Voller Emotionen. Tief und unergründlich. Etwas zwischen Schmerz und grenzenloser Freude.

"Es tut mir leid", hauche ich, mich von ihm lösend und eile halbbekleidet aus dem Bad, aus seinem Raum, so weit weg, wie ich nur kann. Ignorierend was er sagen will, wie er mich ansieht. Nur fort, bevor ich meine Seele verliere.

***

Wir sitzen auf der Brücke. Er auf seinem Stuhl. Ich auf meinem. Und dennoch kann ich etwas spüren. Er sieht mich an. Beobachtet mich und denkt nach. Ein Tag und eine Nacht ist vergangen. Wir haben nicht miteinander geredet. Nicht einmal als er einen Übersetzer brauchte. T'Pol hat mir die Anweisungen gegeben. Langsam frage ich mich, wieso ich so dumm war und nicht über die Folgen nachgedacht habe. Und dann drängt sich mir die Frage auf, wie lange es noch gut gehen kann. Wie lange wir noch so weiter schweigen können ehe ein anderer die Situation erkennt. Erkennt und Fragen zu stellen beginnt.

Ich weiß, ich sollte mit ihm reden. Sollte ihm zu verstehen geben, dass er mir nicht mein Herz gebrochen hat. Dass ich gern mit ihm zusammen war, aber seine Zuneigung zu Trip verstehe, akzeptiere.

Noch während ich darüber nachdenke, drehe ich mich in seine Richtung und unsere Blicke treffen sich. Mein Magen zieht sich unangenehm zusammen. Ich sehe ihn wieder, den Schmerz. Und ich frage mich, bin ich diesmal etwa Schuld?

"Captain, könnten wir sprechen?", höre ich meine Stimme, so als wäre sie mir fremd.

"Im Bereitschaftsraum?", lautet seine Antwort und ich nicke.

Stumm und so zügig wie nur möglich schreiten wir auf den Raum zu. Doch mir kommt der Weg unendlich lang vor. Fühle mich von Blicken begleitet, die dort nicht sind, die ich mir einbilde.

Und je näher ich der Tür komme, desto mehr drängt sich mir der Wunsch auf, umzukehren und fortzurennen. Doch was würde es bringen? Was würde dann geschehen?

Jon bittet mich hinein und noch nie im Leben ist es mir so schwer gefallen, einen Schritt zu machen.

Unsicher sehe ich ihn an. Weiß plötzlich nicht mehr, warum ich mit ihm reden wollte. Was ich mit ihm bereden wollte. Dennoch tätige ich diesen Schritt. Trete vor und spüre den Luftzug, wie sich die Tür hinter mir schließt.

"Also ich…", beginne ich, doch da hat er bereits nach meinem Arm gegriffen und zieht mich an sich heran. Unsere Lippen treffen sich zu einem Kuss. Verhungert. Verzweifelt. Ich weiß nicht mehr, was ich sagen wollte. Verliere mich in diesem Kuss, in dieser bittersüßen Vereinigung unserer Lippen.

Seine rechte Hand löst die Spange in meinem Haar, fährt durch mein offenes, lockeres Haar und bleibt an meinem Hinterkopf liegen, um mich noch fester an sich zu binden.

Meine Hände öffnen seinen Reisverschluss und gleiten unter seine Uniform, seinen muskulösen Oberkörper entlang. Und in mir schleicht sich die Befürchtung ein, dass ich danach süchtig werden könnte. Gar schon süchtig sein könnte.

Mit einem Ruck schiebt er mich plötzlich von sich fort, so dass ich ihm in die Augen sehen kann. Kein Schmerz mehr, stelle ich fest, nur noch Leidenschaft. Ein eiskalter Schauer rinnt meinen Rücken hinab.

"Heute Abend in meinem Quartier?", fragt er heiser und ich nicke nur stumm. Süchtig nach mehr. Ausgehungert nach Körperkontakt. Bin ich gar besessen?

Er lässt mich los, zieht seinen Reisverschluss wieder hoch und küsst mich noch einmal, sanft, bestimmt.

"Trip…", versuche ich zu fragen, da lässt er mich los. Schmerz erfüllt seine Augen. Schmerz und Wut.

Erschrocken von diesen Emotionen zucke ich zusammen. Sehe ihm nach, wie er mich stehen lässt und geht. Wortlos. Ohne einen weiteren Blick.

Verzweifelt schlage ich die Hände vor mein Gesicht und beginne zu weinen. Was habe ich getan? Wie habe ich mich darauf einlassen können? Ich schwöre mir, es nicht wieder zu tun. Und dennoch weiß ich, dass ich heute Abend bei ihm sein werde.

***

Die Tage und Nächte vergehen. Die Verzweiflung in meinem Inneren wächst. Das Versteckspiel zermürbt mich. Die Gewissheit, dass er einen anderen liebt, jedoch genauso. Ich weiß nicht, wann ich begonnen habe, mir etwas vorzumachen. Wann ich begann, mir selbst etwas vorzulügen. Jon liebt Trip und ich habe aufgehört darüber nachzudenken. Habe versucht es zu verdrängen. Doch meine eigenen Gefühle machen mir einen Strich durch die Rechnung. Irgendwann die letzten Tage hat es begonnen. Egal wo wir sind, wo wir uns begegnen, da spüre ich mein Herz hart gegen meine Rippen hämmern. Meine Seele schreit nach Umarmung, nach einer Geste der Zuneigung. Ich suche seine Blicke, seine Nähe. Anfangs unbewusst, dann mit aller Offenheit. Ich weiß nicht, ob er es sieht. Erkennt. Aber ich weiß, dass all das sinnlos ist. Sinnlos, weil er einen anderen liebt. Ich bin nur Ersatz. Etwas, an dem er seine Gefühle ausleben kann. Ich denke nicht darüber nach, ob er beim Sex mit mir, wenn er sich leidenschaftlich in meinen Armen hergibt, ob er dann an Trip denkt. Verzweiflung wäre die Folge. Verzweiflung und purer Schmerz. Noch vor Tagen wäre es mir egal gewesen. Doch mittlerweile drängt sich mir die Befürchtung auf, dass ich mehr als Zuneigung oder sexuelle Anziehung empfinde.

Ich starre an die Decke und versuche den Arm um meine Hüfte zu vergessen. Versuche zu vergessen, dass wir eng umschlugen nackt in seinem Bett liegen. Sein Atem regelmäßig meinen Rücken streift, weil er schläft. Ruhig und ausgeglichen. So ausgeglichen wie schon lang nicht mehr. Dafür bin ich verantwortlich. Für seine Ruhe, seine Ausgeglichenheit. Ich weiß es einfach. Nahm ihm den Schmerz, in dem ich mit ihm schlief. Ihm das gab, wonach er sich verzehrte.

Doch wonach verzehre ich mich? Ich spüre die Tränen in meinem Inneren hochsteigen, doch ich lasse sie nicht zu. Einsamkeit umklammert mein Herz, während ich versuche meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Doch es gelingt mir nicht. Ist der Schmerz jetzt in meinen Augen? Dann, wenn er ihn nicht sieht?

Leise richte ich mich auf, schiebe sanft seinen Arm beiseite und suche meine Kleidung zusammen. Jeden Abend mache ich das. Routiniert. Leise. Und jeden Abend schmerzt es mehr.

Während ich mich anziehe, überkommt mich die Verzweiflung. Pakt mich an meiner Seele und lässt mich fast zerbrechen.

Schnellen Schrittes verlasse ich sein Quartier, bewege mich zu meinem und spüre, wie der Schmerz immer stärker wird. Stärker, ja fast unerträglich.

"Hoshi?", Trips Stimme trifft mich unerwartet, "ist alles in Ordnung?"

Ich bin nicht fähig zu antworten. Ignoriere ihn. Gehe weiter. Den Blick verschwommen. Niemand soll meinen Schmerz sehen. Niemand. Besonders nicht Trip.

"Meine Güte!", höre ich jedoch seine Stimme und während er mich in seine Arme nimmt, brechen die Tränen hervor, benetzen sein T-Shirt.

Er sinkt mit mir auf den Boden, lehnt sich hockend an die Wand, während ich fast in seinen Armen liege und meinen Schmerz aus mir heraus lasse. Diesen unermesslichen Schmerz.

Trip stellt keine Fragen, will keine Antworten. Er ist einfach für mich da.

Ich weine in den Armen des Mannes, der meinen Schmerz mit zu verantworten hat. Welch Ironie schießt es durch meinen Kopf, doch es ist mir augenblicklich egal. Er ist da für mich. Die Stütze, die ich brauche. Wie eine Ertrinkende klammere ich mich an ihn, versuche mich zu retten. Halt zu finden in meinem Schmerz. Und er ist mein Anker.

***

Jon fährt sich über sein Haar. Sein Blick ist verzweifelt. Ich kann ihn nicht deuten. Verzweiflung weshalb. Doch schnell wird mir klar, dass ich der Grund für seine Verzweiflung bin. Seine Augen fixieren meine, tauchen in meine Seele ein und versuchen in ihr zu lesen. "Hoshi, ich habe dich gesehen."

Ich nicke. Noch begreife ich nicht, worauf er hinaus will.

"Mit Trip", kommt es matt von ihm.

Und da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Er hat mich gesehen. Gesehen, wie ich am Boden in Trips Armen lag, mich an ihn klammerte und weinte. Was muss er glauben? Was von mir denken?

Ich bekomme die Antwort schneller als ich zu ende denken kann. "Ich weiß, dass du Trip nichts erzählt hast. Ich vertraue dir, Hoshi. Doch dich in seinen Armen zu sehen. Ich…"

Während ich noch glaube, dass es um seine unerwiderte Liebe zu seinem besten Freund geht, reicht er mir sein Padd. Ich sehe es an und verstehe nicht.

"Lies es, Hoshi. Ich bringe es nämlich nicht fertig, es auszusprechen", erklingt seine Stimme traurig.

Und ich beginne zu lesen. Befreie mich von dem Irrglauben, dies sei das Geständnis seiner Liebe an Trip und reiße meine Augen weit auf, als ich erkenne, was dort steht.

Langsam. Sehr langsam sickert die Erkenntnis durch, was er vorhat. Was ihn quält. Bedrückt.

"Du willst gehen? Du kannst nicht gehen!", bringe ich empört hervor, "die Enterprise ist dein Leben. Deine Mission."

Ich reiche ihm entrüstet das Padd zurück und versuche in seinen Augen zu lesen.

"Hoshi, begreifst du nicht. Es tut weh. Es tut so verdammt weh. Dich mit Trip zu sehen, waren Höllenqualen, egal was geschah oder nicht geschah. Ich kann nicht anders. Es… es könnte nicht länger funktionieren. Nicht so." Er streicht mir liebevoll über meine Wange, während ich mit dem Tränen kämpfe.

"Oh Jon", schluchze ich und sinke in seine Arme. Klammere mich an ihn wie eine Ertrunkene.

Wann war ich der Illusion verfallen, ich könne Trip eines Tages ersetzen? Wann hatte ich zu glauben begonnen, dass ich nicht nur ein Ersatz war? Der Schmerz und die Erkenntnis treffen mich hart. Hart und erbarmungslos.

Und so merkwürdig es auch ist. Ich kann ihn verstehen. Kann seine Entscheidung akzeptieren.

"Wann…?", drängen sich mir die Worte förmlich auf.

"Morgenmittag kommt ein vulkanisches Schiff und wird mich mitnehmen. T'Pol wird das Kommando bis zum Eintreffen eines neuen Captains übernehmen. Seid nett zu ihr."

Ich lache leise in sein Ohr und spüre, wie mir die Tränen die Wangen hinab laufen. "Das werden wir, Captain."

Seine Lippen berühren meinen Hals und ich gebe mich ihm hin. Obwohl ich weiß, das es falsch ist. Obwohl ich weiß, dass es mir noch mehr Schmerz verursachen wird. Weil ich weiß, dass es das letzte Mal ist und ich noch einmal in meiner Illusion versinken möchte. Einmal noch glauben will, geliebt zu werden. Die Einzige zu sein.

***

Trip betritt die Manschaftsmesse und sieht mich klagend an. Sein Schritt ist schnell, unaufhaltsam. "Haben Sie es gewusst?", donnert seine Stimme durch den Raum.

Stumm nicke ich und versuche meine Gefühle zu verstecken. Niemand soll ihn sehen, den Schmerz in meinen Augen.

Seine Augen zeigen Unglauben. Unglauben, aber auch einen Funken Schmerz. Ich kann nicht deuten, woher dieser Schmerz kommt. Ob er bedauert, dass ein Freund gegangen ist oder ob er bedauert, dass ein Geliebter ging. Er wird es mir auch nicht anvertrauen.

"Warum haben Sie es zugelassen?", fragt er mich anklagend.

"Es war zu spät", erwidere ich. Doch in Wirklichkeit weiß ich, dass ich ihn hätte umstimmen können. Dass ich ihn hätte aufhalten können, wenn ich Trip die Wahrheit gesagt hätte. An jenem Abend. Im Flur. Weinend und voller bitterer Erkenntnis. Ich hätte ihnen eine Chance einräumen können. Wenn ich nicht so egoistisch gewesen wäre.

Alles nur, weil ich wusste, nie eine wirkliche Chance bei Jon gehabt zu haben. Ich war zu müde, um es aufzugeben. Jon war zu müde, um Trip die Wahrheit über seine Gefühle zu gestehen. Wir hatten das akzeptiert, was wir hatten. Bis zu jenem Abend. Und als Jon erkannte, dass es nicht mehr ging, da war ich noch längst nicht so weit. Doch wenn ich Trip jetzt die Wahrheit erzähle, wird alles nur schlimmer. Und so schweige ich.

Ich nehme den Brief aus seinen Händen, den er mir entgegen hält und sehe ihn lange an. Unschlüssig, ob ich die an ihn gerichteten Zeilen lesen soll. Doch er nickt. Stumm und immer noch voller Fassungslosigkeit.

Also senke ich meinen Blick auf das Blatt Papier und überfliege die Zeilen. Die Handschrift ist zittrig, fast unregelmäßig.

*Lieber Trip,

manchmal gibt es Dinge im Leben, die kann man nicht erklären. Gefühle gehören dazu. Meine Gefühle haben mir gespielt, mich fast verrückt werden lassen. Schmerz, Verzweiflung und Irrationalität waren nur ein paar der Folgen. Und während ich mich noch immer hin und her gerissen fühle, während mein Herz zur Enterprise gehört, auf diese Mission, und zu einer Person an Bord, so schreit meine Seele nach Erlösung. Es frisst mich auf. Lässt mich zu einem schlechten Captain werden und das ist das Letzte, was ich je sein wollte. Trip, du bist stets mein bester Freund gewesen, manchmal auch mehr, manchmal weniger. Ich weiß, dass uns beiden das hier nicht leicht fällt, aber ich muss diesen Schritt tun und ich weiß, du verstehst es. Ich habe meine Versetzung zur Erde bereits beantragt und wenn du diese Zeilen liest, dann werde ich bereits an Bord eines vulkanischen Schiffes sein, welches mich zur Erde bringt. Tut mir leid, dass ich nicht in der Lage war, mich von dir zu verabschieden. So unendlich leid, weil wir dieses Abenteuer gemeinsam bestreiten wollten.

Tu mir einen letzten Gefallen bevor du mich verfluchst und aus deinem Gedächtnis verbannst. Sag Hoshi, dass es mir leid tut. Sag ihr: "Das hier ist falsch. Es ist schon von Beginn an falsch gewesen. Es wird immer falsch sein. Ganz gleich, was du für mich empfindest, ganz gleich, was ich für dich empfinde, ganz gleich, wie müde wir sind..." Sie wird es verstehen.

Jon*

Ich starre auf die Zeilen und versuche nicht durchzudrehen. Mein Herz scheint still zu stehen. Meine Atmung hat aufgehört. *Ganz gleich, was du für mich empfindest, ganz gleich, was ich für dich empfinde…*, hämmert es in meinem Schädel. Ich hatte geglaubt, er sei wegen Trip gegangen. Ich hatte geglaubt, meine Gefühle seien Illusionen gewesen. Irrational und unerwidert. Wann, ja wann hatte es begonnen? Wann hatte er diese Gefühle für mich entwickelt? Oder waren sie vom ersten Moment da gewesen? Wann hatte er Trip aufgegeben? Ungewollt oder gewollt. Wann nur? Und warum hatte ich es nicht bemerkt? Warum hatte ich die Zeichen nicht gesehen. Als er mich auf die Szene im Flur angesprochen hatte und auf Trip. Er hatte Schmerz in den Augen. Nicht Schmerz wegen Trip. Schmerz wegen mir. Und ich habe es nicht erkannt. Ich habe es einfach nicht erkannt.

Eine einsame Träne sucht sich ihren Weg über meine Wange, während ich Trip den Brief zurück gebe und ans Fenster gehe. Meine Hand legt sich auf das kühle durchsichtige Plastik, mein Blick ist in die Ferne gerichtet.

Die Verzweiflung in meinem Inneren könnte nicht größer sein. Und eine simple Frage brennt auf meiner Seele.

Jon, warum?

Warum hast du mir nicht die Wahrheit gesagt?

Warum hast du dich mir nicht anvertraut?

Mir nicht vertraut?

Es hätte alles verändert…
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