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In another life

von Emony

Schuldgefühle

„Du musst das nicht für mich machen, Nerys.“ O’Brien befand sich hinter dem Sofa, das frei im Zentrum ihres Wohnraums stand, und stützte sich auf die Rücklehne.

„Papperlapapp, Miles. Es macht mir nichts aus, wenn du hier wohnst, bis ich alles für meinen Urlaub in die Wege geleitet habe“, lächelte Kira und bezog ein Schlafkissen für ihn.

„Vielleicht sollte ich lieber zu Julian gehen. Es kommt mir falsch vor, hier zu sein.“

Kira sah ihn einen langen Moment an. „Fandest du auch, dass es falsch war, als ich damals bei euch gelebt habe? Ich meine, ihr hattet mir Mollys Zimmer zur Verfügung gestellt, Miles. Und jetzt hast du ein schlechtes Gewissen, weil du bei mir auf der Couch schläfst?“

„Ich weiß nicht, ob es Odo recht wäre“, raunte O’Brien und schluckte ein wenig.

Die Lippen aufeinander gepresst, überlegte Kira was sie darauf erwidern sollte. Schließlich nickte sie leicht. „Deine Rücksicht spricht für dich, Miles. Aber Odo ist nicht hier. Er ist nicht einfach nur nicht hier, er hat mich verlassen.“ Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, um den Anflug von Traurigkeit nicht durchschimmern zu lassen, die sich jedes Mal auf ihre Züge legte, wann immer sie nur Odos Namen aussprach. Er fehlte ihr so schrecklich, dass sie in manchen Nächten Stunden lang wach lag und sich an ihn erinnerte.

„Er liebt dich“, hörte sie O’Brien dann sagen, dessen rauchige Stimme durch ihre Gedanken schnitt.

„Das mag sein. Aber er ist dennoch gegangen. Und ich kann nicht hier auf DS9 sitzen und hoffen und warten. Für ihn ist Zeit bedeutungslos, Miles. Für mich ist sie kostbar.“ Während sie sprach, ließ sie sich auf das Sofa sinken und wartete, dass Miles es ihr gleich tun würde. Es dauerte einige Augenblicke, ehe er sich neben sie setzte und sie mitfühlend ansah. „Du wolltest unbedingt hierher zurück. Und ich wünsche mir nichts sehnlicher als diesen vermaledeiten Schrotthaufen verlassen zu können, um irgendwo neu anzufangen. Hast du dich nicht auch manchmal gefragt, ob das alles ist?“

„Was genau meinst du?“, fragte er sanft.

„Diese jämmerliche Existenz, die sich Leben nennt. Du kannst vielleicht nicht verstehen was ich meine. Immerhin hast du einige glückliche Jahre mit Keiko gehabt und eine Familie gegründet. Aber sieh mich an, Miles. Ich werde nicht jünger. Und was hab ich schon vorzuweisen? Ich bin unter der Knechtschaft der Cardassianer aufgewachsen, habe mir meinen Weg in die Freiheit bitter erkämpft und dabei meine gesamte Familie verloren. Ich habe Freunde sterben und ganz allgemein mehr Verluste erlitten, als ein Herz ertragen kann. Ich sehne mich einfach nach …“ Sie seufzte und hielt inne, dann schüttelte sie den Kopf über sich selbst und straffte die Schultern. „Es tut mir leid. Ich sollte für dich da sein. Entschuldige. Ich sollte aufhören mich selbst zu bemitleiden.“

Miles sah sie einen sehr langen Moment schweigend an. Dann hob er zögerlich die rechte Hand und legte sie ihr an die Wange. „Ich möchte nicht, dass du dich wieder verschließt. Ich bin froh, dass du mir dein Herz ausschüttest. Dafür sind Freunde schließlich da. Und du verdienst es weiß Gott, endlich glücklich zu werden, Nerys. Ich konnte nie begreifen, warum Odo gegangen ist.“

„Er wusste, dass er mir meinen sehnlichsten Wunsch niemals würde erfüllen können. Und er wusste, dass ich mich nie von ihm trennen würde. Ich denke, er hat mich nicht nur um seinetwillen oder für sein Volk verlassen, sondern auch, um mir die Möglichkeit zu schenken ein normales Leben zu führen.“ Ihr stiegen unweigerlich Tränen in die Augen und sie wandte hastig den Blick ab. Miles sollte ihren Kummer nicht sehen. Er war selbst am Boden zerstört und war doch auf der Suche nach Trost zu ihr gekommen.

„Habt ihr denn über Kinder gesprochen?“

Sie schüttelte leicht den Kopf, nickte dann jedoch „Ja und nein. Wir hatten das Thema mal kurz angeschnitten und ich hatte ihm gesagt, dass er sich diesbezüglich keine Vorwürfe machen solle, weil ich ohnehin keine Familie wollte. Aber ich schätze, er hat mir nicht geglaubt.“

„Er hat sich eben schon immer sehr gut gekannt und sich nicht so leicht täuschen lassen.“

Nerys nickte erneut und sah Miles erst jetzt wieder direkt an. „Er hat mich oft genug mit deinen Kindern gesehen. Besonders mit Kirayoshi. Er hat gesehen, wie schwer es mir nach der Entbindung gefallen war, ihn fortzugeben.“ Kaum, dass die Worte ihren Mund verlassen hatten sprang Nerys auf, umrundete eilig die Couch und ging hinüber zum Fenster. „Es tut mir leid, Miles. Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich habe kein Recht so zu empfinden. Er ist nicht mein Sohn …“

Sie hörte, wie Miles sich ebenfalls vom Sofa erhob und mit bedächtigen Schritten, die auf dem Teppichboden ihres Quartiers beinahe lautlos waren, zu ihr herüber kam. Seine warmen Hände legten sich auf ihre müden Schultern. „Du hast ihn viele Monate in dir getragen, Nerys. Es ist natürlich, dass du starke Gefühle für Kirayoshi entwickelt hast und ich bin dankbar dafür. Das hat dich zur besten Leihmutter gemacht, die ich mir vorstellen kann. Und du hast keine Ahnung, wie dankbar ich dir noch heute dafür bin, dass du das für meine Familie getan hast.“

Sie schluckte die Bitterkeit hinunter, die in ihr herauf kroch und sich mit der Traurigkeit vermischte, die sie seit Monaten versuchte zu ignorieren. Das Letzte, was sie jetzt wollte, war vor Miles in Tränen auszubrechen. „Was hältst du davon, wenn wir noch ins Quarks gehen und uns etwas unsers Volk mischen?“, fragte sie mit vorgespieltem Frohsinn und erzwang ein Lächeln.

Miles antwortete nicht, sondern drehte sie an den Schultern zu sich herum. „Du willst dieses Gespräch einfach so beenden?“

Seine Augen studierten jeden Zentimeter ihres Gesichts und sie konnte nur hoffen, dass er das falsche Lächeln akzeptieren würde. „Ich würde es gerne vergessen, ja“, nickte sie dann, sah ihm so fest es ihr möglich war in die Augen. „Bitte, Miles.“ Er erwiderte ihren Blick durchdringend und schien abzuwägen, ob er ihren Wunsch berücksichtigen sollte oder nicht. „Ich hätte gar nicht davon anfangen sollen. Ich rede Unsinn.“

„Nein, das tust du nicht. Im Gegenteil, du bist zum ersten Mal wirklich offen mir gegenüber. Was hast du mir noch verschwiegen? Warum hast du mir nie gesagt, wie schlecht du dich fühlst? Du hast immer den Anschein erweckt, als wärst du unbezwingbar, eine Art Überfrau.“ Kira lachte gequält auf. „Falsch ist, was ich getan habe. Indem ich hierher kam und dich mit meinen Sorgen belastet habe, anstatt zu bemerken, wie unglücklich du selbst bist.“

„Woher hättest du das auch wissen sollen? Ist ja nicht so, als hätte ich dich je nahe genug an mich herangelassen.“ Wütend auf sich selbst, löste sie ihre Schultern aus Miles’ sanftem Halt, indem sie etwas in die Knie und dann einen Schritt rückwärts ging. „Ich brauche jetzt einen Drink. Irgendwas mit vielen Prozenten. Kommst du mit, oder nicht?“

Miles gab sich geschlagen, wenn auch höchst unwillig. Sie erkannte es an dem leisen Brummen, das seinen Worten vorausging. „Na schön, in Ordnung. Jemand muss ja aufpassen, dass du es nicht übertreibst.“
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