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Der Pakt mit dem Teufel

von CAMIR

XIII

Die Stille, die in den Gängen herrschte, war gespenstisch. Seit seiner Rückkehr auf die Voyager hatte Chakotay sich nicht daran gewöhnen können. Er konnte sich nicht daran erinnern, was davor gewesen war, selbst als Kathryn ihm erzählt hatte was sie wusste. Nur eines war ihm wieder klar geworden: so lange sie lebte und nur irgendwie in der Lage war, zu handeln, würde sie das Schiff niemals aufgeben. Ein beruhigender Gedanke.

Nun lag es an ihnen vieren, ihr, ihm und dem Doktor, sowie Inspektor Sól’Dis, dafür zu sorgen, dass auch der Rest der Crew wieder heimkehren durfte.

Es waren bei weitem noch nicht alle Systeme einsatzfähig und so arbeitete die Skelettcrew fieberhaft an den letzten Reparaturen, während Sól’Dis darauf aufpasste, dass sie nicht gestört wurden. Es war ein gehetztes und verzweifeltes, aber auch grimmiges Arbeiten.

Zu dritt machten sie nicht die Fortschritte, die sie machen konnten, wenn über hundert Menschen sich gemeinsam um das Schiff kümmerten. Aber sie machten Fortschritte. Ihr momentanes Ziel war es, die Waffensysteme wiederherzustellen. Chakotay war noch immer beeindruckt, wie viel Kathryn und der Doktor in seiner Abwesenheit bereits geleistet hatten. Er wusste, der Captain war erschöpft und innerlich zerrissen, aber niemals würde sie auch nur einen Ton darüber verlieren. Er war froh, dass er es war, den sie zuerst befreien konnten. So war es ihm möglich, alles in seiner Macht Stehende zu tun, ihr zu helfen und sie zu entlasten. Der Doktor war schon auf taube Ohren gestoßen, als er sie darum bat, sich zu schonen. Vielleicht gelang es ihm mit sanftem Druck. Es wäre nicht das erste Mal.

Doch zunächst hatte sein Tagespensum an Reparaturen Vorrang. Entschlossen griff er sich einen Tricorder aus dem Werkzeugkasten neben ihm und begann damit das vor ihm liegende Relais zu scannen. Wie zu erwarten, war es defekt.

Er legte den Tricorder zur Seite und versuchte das Panel zu öffnen, hinter dem sich das Relais befand. Es bewegte sich keinen Zentimeter, war wohl verklemmt.

„Verdammt“, zischte er leise und legte etwas mehr Gewicht in seinen Zug. Es half nichts. „Muss ich dich etwa aufschweißen“, fluchte er weiter und versuchte es ein letztes Mal, bevor er rohe Gewalt anwenden wollte.

Auch dieses Mal blieb sein Versuch erfolglos, dafür aber rutschte er ab und kippte nach hinten um. Ein wenig Blut quoll aus dem Daumen seiner rechten Hand.

Seine Bewunderung für Kathryn wuchs immer mehr. Aber vielleicht hatte sie die widerspenstigen Abdeckplatten auch dem Doktor überlassen?

„Probleme?“ hörte er ihre rauchige Stimme hinter sich.

Er richtete sich auf.

„Kann man wohl sagen.“

Sie reichte ihm die Hand und half ihm beim Aufstehen. Ihr Blick sagte ihm, dass sie mit dieser Art von Situation ebenfalls bestens vertraut war. Auch bei ihr war wohl nicht alles reibungslos verlaufen.

Sie wollte seine Hand gerade wieder loslassen, als sie seine Verletzung sah.

„Du blutest ja.“

„Nichts Schlimmes. Ich habe mich wohl an der Abdeckplatte geschnitten.“

„Augenblick, ich habe einen Regenerator bei mir.“

Er wollte widersprechen, sagen dass es den Aufwand nicht wert war, aber es schien ihm, als lag ihr etwas daran, ihm helfen zu können. Also streckte er ihr die Hand weiter hin, während sie in ihrer Umhängetasche den Regenerator suchte. Nach kurzem Wühlen hatte

sie ihn auch gefunden und nach ein paar kurzen Handgriffen war die Verletzung verschwunden.

„Danke,“ murmelte er.

„Keine Ursache.“ Sie lächelte. „In diesem Fall folge ich nur den Empfehlungen des Doktors. Er bestand darauf, dass ich ein Erste-Hilfe-Kit mit mir herumtrage.“

„Ich sollte auch darüber nachdenken.“

„Solange wir auf demselben Deck arbeiten, ist das nicht notwendig. Es genügt ja, wenn einer von uns die Ausrüstung mit sich herumträgt. Es ist sowieso schon warm genug.“

Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn und er nickte zustimmend. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie ihre Uniformjacke ausgezogen hatte, so wie er auch.

„Das bedeutet aber nicht, dass du immer alles mit dir herumschleppen musst, Kathryn“, machte er endlich seinen Gedanken Luft. „Du bist nicht mehr alleine.“

„Ich weiß.“

„Solange ich lebe, bin ich immer für dich da. Das solltest du doch inzwischen wissen.“

Sie schwieg erneut und wich seinem Blick aus. Hatte er die falsche Antwort gegeben und war zu weit gegangen?

Die Situation wurde ihm immer unangenehmer, sodass er das Schweigen schließlich brach.

„Kathryn, ich…“

Bevor er weiterreden konnte, hatte sie die Arme um seine Schultern geschlossen und umarmte ihn innig. Ohne zu zögern erwiderte er die Umarmung. Er würde sie so lange halten, wie sie es brauchte. Sie war seine Freundin und vielleicht war sie inzwischen auch mehr als das.

Sie fühlte sich warm und weich in seinen Armen an und sie roch gut, trotz der Anstrengungen des Tages. Chakotay war zudem froh, dass sie seine Nähe endlich suchte. Es war ganz eindeutig, dass sie sehr unter den Ereignissen der letzten Tage litt, aber bisher kein Wort darüber verloren hatte.

Er wusste nicht, wie lange so verharrten, bis Kathryn sich wieder von ihm löste.

„Danke“, flüsterte sie und ging ohne ein weiteres Wort wieder an ihre Arbeit. Er sah ihr nachdenklich nach.

 

Das Tagwerk war getan, die Voyager befand ich in den Händen des Doktors, der keinen Schlaf brauchte, im Gegensatz zu Captain und Erstem Offizier.

Bevor er schlafen ging, wollte Chakotay noch einmal bei seiner Freundin vorbeischauen. Da er ihre Ernährungsgewohnheiten kannte, hatte er zudem eine Kleinigkeit zubereitet und mitgebracht.

Kathryn war keine Frau der großen Worte. Es waren subtile Gesten, Blicke und Änderungen im Tonfall, die signalisierten, wenn es ihr nicht gut ging, zumindest so lange, bis die Situation komplett unerträglich für sie geworden war. Meistens ging sie erst aus sich heraus, wenn er sie direkt konfrontierte. Die Signale, die sie ihm am Nachmittag gesendet hatte, waren eindeutig gewesen.

Es dauerte eine Weile, bis sie ihm öffnete. Sie hatte Ringe unter den Augen und sah erschöpft aus. Aber sie schien nicht überrascht über sein Kommen.

„Guten Abend,“ begrüßte sie ihn.

„Ich wollte noch einmal sehen, wie es dir geht. Und ich habe eine kleine Gemüsepfanne dabei, wenn du Hunger hast.“

Sie schien den Duft des Essens schon gerochen zu haben.

„Es duftet wirklich wunderbar. Du kennst mich einfach zu gut. Komm rein.“

Sie ging von der Tür weg und er trat ein. Das Quartier war nicht sonderlich hell, sondern in ein Dämmerlicht getaucht. Auf ihrem Sessel lag ein PADD, an dem sie vermutlich gerade gearbeitet hatte.

Zielstrebig ging er auf den Tisch zu und stellte die Schüssel mit dem Essen ab. In der Zwischenzeit hatte sie Gedecke besorgt und dazugestellt.

Sie schien wirklich froh über sein Mitbringsel zu sein und er wiederum freute sich, dass er ihren Tag schon mit einer solchen Kleinigkeit versüßen konnte. Die Art und Weise, wie sie

sich auf das Essen stürzte, bestätigte seine Vermutung, dass es ihre erste vernünftige Mahlzeit war.

Sie gingen noch einmal gemeinsam die Fortschritte des Tages durch und besprachen ihr weiteres Vorgehen. Sie zog es also wieder vor, auf professioneller Ebene mit ihm verkehren, wie als wäre ihre Begegnung vor ein paar Stunden nie geschehen. Er hatte ihr

gezeigt, dass er sich um sie sorgte und er war sich sicher, dass dies auch bei ihr so angekommen war. Nun lag es an ihr, sein Angebot anzunehmen oder nicht. Als sie das Mahl beendet hatten, wollte er sie nicht länger stören.

„Ich denke, es ist jetzt an der Zeit zu gehen. Wir haben morgen wieder einen harten Tag vor uns und du musst bestimmt noch das ein oder andere planen.“

Er stand auf und nahm seine Schüssel an sich.

Sie antwortete nicht sofort. Erst als er an der Tür war, hatte sie sich ein Herz gefasst. „Geh nicht.“

Sofort hielt er inne. Er hatte sich also doch nicht getäuscht. Sie brauchte ihn.

„Kathryn…“

Sie trat einen Schritt auf ihn zu.

„Ich möchte heute Nacht nicht alleine sein. Weißt du, wie es ist, durch die Korridore des Schiffes zu laufen und niemanden anzutreffen? Die Voyager ist zurzeit ein Geisterschiff und du bist der Einzige, den ich zurückbringen konnte. Ich bin für sie alle verantwortlich und ich konnte nicht verhindern, dass man sie entführte.“

„Natürlich,“ flüsterte er sanft und stellte die Schüssel wieder ab.

Ein schüchternes Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Es ist schon verrückt, oder? Man muss mir nur meine Crew wegnehmen und ich bin so hilflos wie ein kleines Kind. Dann bleibt von der mutigen Kathryn Janeway nicht mehr so viel übrig.“

„Das finde ich nicht.“

Sie setzte sich auf die Couch und bedeutete ihm, es ihr gleichzutun. Er setzte sich ihr gegenüber.

„Wenigstens jemand hier im Raum. Wenn du wüsstest, was mir in den vergangenen Tagen alles durch den Kopf ging.“

„Ich habe eine recht gute Vorstellung davon.“

Sie wich also auf Sarkasmus aus, um ihre Trauer und ihre Angst zu überspielen.

Sanft nahm er ihre Hand.

„Warum zweifelst du auf einmal so an dir, Kathryn? Du hast uns alle so weit geführt und du wirst uns auch noch weiter führen. Du konntest mich zurückholen und weißt wo die anderen sind. Sól’Dis hilft dir und der Doktor auch. Ja, wir haben es mit einem mächtigen Gegner zu tun, aber wir haben bereits den Borg die Stirn geboten. Ich verstehe, dass du Angst hast. Ich habe auch Angst. Aber ich vertraue dir.“

Ein trauriges Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit, aber sie antwortete nicht darauf. Stattdessen strich sie mit ihrer freien Hand über seine und rückte dann näher an ihn. Er reagierte sofort darauf, indem er seinen Arm um sie legte und sie näher zu sich heranzog. Sie seufzte leise, machte aber keinen Versuch, die Umarmung zu lösen.

Stattdessen schmiegte sie ihren Kopf an seine Schulter und schloss die Augen.

So verblieben sie für eine lange Zeit. Ab und an streichelte er sie, um ihr zu zeigen, dass er immer noch da war.

Die Zeit verging und irgendwann begannen sie zu reden. Noch niemals hatten sie so viel Zeit für sich gehabt und irgendwann erkannte Chakotay, dass es etwas gab, was Kathryn noch dringender gebraucht hatte, als Schlaf: Nähe. Und als es langsam Morgen wurde, wusste er, dass die Dinge niemals so sein würden, wie zuvor.

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