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Der Pakt mit dem Teufel

von CAMIR

VI

„Ich denke, ich kann Sie jetzt guten Gewissens von hier entlassen.“

Mit einem selbstzufriedenen Ausdruck reichte der Doktor Janeway die zweite Krücke, nachdem sie die erste schon prüfend in der Hand hielt. Insgesamt vier Tage hatte sie hier unter Beobachtung gestanden, auch wenn sie davon die meiste Zeit geschlafen hatte. Nun brannte sie darauf, ihre Arbeit wieder aufnehmen zu können und vor allem Inspektorin Sól’Dis zu befragen. Sie wusste noch immer viel zu wenig über die Fremde und bei längerem Nachdenken, waren Janeway Zweifel gekommen, ob sie dieser Kitani überhaupt trauen konnte.

Der Doktor schien ihre Gedanken erraten zu haben und wandte sich in einem entschuldigenden Tonfall an sie: „Es ist das erste Mal, dass ich Wunden von Projektilwaffen heilen musste. Besonders häufig sind solche Fälle heutzutage nicht mehr und bei aller modernen Medizin braucht der Körper immer noch Zeit zum Heilen. Umso mehr bei so tiefen Verletzungen. Ihr Oberschenkel war buchstäblich zerfetzt.“

Sie runzelte die Stirn und nickte. So hatte sie das bisher nicht betrachtet und bereute ihre Ungeduld beinahe schon wieder. Der Doktor tat nur seine Pflicht und besonders in dieser Situation, war es vermutlich besser, wenn er noch ein wenig vorsichtiger war.

„Sie haben Recht,“ erwiderte sie. „Ich bin es nur einfach gewöhnt, dass ein normaler Regenerator genügt.“

„Bei den meisten Waffen stimmt das ja auch, aber diese hier…“

Sie hob die Hand, um ihn zu unterbrechen. Er war so stolz auf seine Leistung, dass er ihr nun all die Details berichten wollte, die er herausgefunden hatte. Aber im Moment stand ihr der Sinn nicht danach, sich vorzustellen, was mit ihrem Körper angerichtet wurde. Zu gegebener Zeit musste sie sich damit befassen, aber nicht jetzt.

„Bitte schreiben Sie einen Bericht darüber. Wir sollten das in unsere taktischen Erwägungen einfließen lassen.“

„Natürlich.“

Er nickte knapp und entfernte sich dann von ihrem Krankenbett.

„Ich hole Ihnen aber schon einmal meinen vorläufigen Bericht.“

„Vielen Dank.“

Bis er wiederkam, wollte sie sich schon einmal mit den Krücken vertraut machen. Langsam setzte sie die erste auf den Boden und glitt dann vom Krankenbett auf die Füße. Sofort verspürte sie einen reißenden Schmerz in ihrem verletzten Oberschenkel. Sie verzog kurz das Gesicht und versuchte dann, die Belastung von dem beeinträchtigten Bein auf die Krücke zu verschieben. Der Schmerz ließ nach. Der Doktor hatte scheinbar mit einer solchen Reaktion gerechnet, sonst hätte er ihr diese Gehhilfen gar nicht erst gebracht. Aber er hatte auch genauso ihr Bedürfnis erkannt, wieder ihr eigener Herr zu sein. So kam er geschickt seiner medizinischen Pflicht nach, ohne ihre Selbstbestimmung zu ignorieren. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie auf so etwas angewiesen war und es fühlte sich im ersten Moment ungewohnt an. Krücken kamen in der Föderationsmedizin wirklich nur sehr selten zum Einsatz. Aber wann war das, was hier an Bord geschah einmal nicht außergewöhnlich? Sie musste grimmig schmunzeln, während sie ihre ersten Gehversuche unternahm. Nach ihrer zweiten Runde um das Krankenbett hatte sie ihren Rhythmus bereits gefunden, gerade rechtzeitig zur Rückkehr des Bordarztes, der ein PADD in der Hand hielt.

„Bitte schön, Captain.“

Er hielt ihr den Datenträger hin, erkannte dann aber seinen Denkfehler. „Oh.“

Sie musste lächeln. „Das passiert den Besten von uns. Wissen Sie was, begleiten Sie mich einfach zu meinem Quartier.“

„Einverstanden. Dann kann ich auch gleich überprüfen, wie Sie sich schlagen.“

„Abgemacht.“

Gemeinsam verließen sie die Krankenstation.

„Was wissen Sie eigentlich genau über diese Sól’Dis und wo hält sie sich zurzeit auf?“ fragte sie schließlich, während sie zum Turbolift humpelte.

„Sie war einfach da. Ich war noch auf der Krankenstation, als der Eindringlingsalarm ein zweites Mal ertönte. Ich konnte nicht viel dagegen ausrichten und arbeitete daher weiter an dem Betäubungsgas. Es ist inzwischen übrigens einsatzfähig.“

„Sehr gut und weiter?“

„Dann versuchte ich mir einen Überblick über die Lage zu verschaffen und sah, dass Sie fast alle Eindringlinge ausgeschaltet hatten, aber jetzt im Frachtraum festsaßen. Ich wollte Ihnen helfen, aber da kam mir Sól’Dis zuvor. Sie war der zweite Eindringling gewesen, hatte sich an Bord gebeamt und schaltete nun diejenigen aus, die Sie im Frachtraum einkesselten. Dann kümmerte sie sich um Sie. Ich entschied, dass der Feind unserer Feinde unser Freund sein musste, zumal es keine Anzeichen gab, dass sie Ihnen etwas antat. So entschloss ich mich, mich ihr zu zeigen, zumal klar war, dass Sie medizinische Hilfe brauchten. Und zwar schnell.“

Sie hatten inzwischen den Turbolift erreicht und warteten auf seine Ankunft. Janeway folgte jedem Wort des Doktors und versuchte sich ein mentales Bild der Situation zu machen.

„Was geschah dann?“

„Sobald ich Sie stabilisiert hatte, wollte ich natürlich auch von ihr wissen, wer sie sei, aber sie nannte mir nur ihren Namen und dass sie in diesen Raumsektor gekommen sei, um etwas zu untersuchen. Genaueres sagte sie mir nicht. Die bewusstlosen Fremden nahm sie alle mit auf ihr Schiff, um sie dort anscheinend in Stasis zu versetzen und auf ihre Heimatwelt mitzunehmen. Sie sagte mir, dass sie alles erklären würde, sobald Sie wieder wach seien.“

„Warum kam sie auf die Voyager?“

„Ich weiß es nicht.“

Der Turbolift kam und sie stiegen beide ein. Janeway nannte das gewünschte Deck und er setzte sich in Bewegung.

„Können wir ihr trauen?“

„Auch das weiß ich nicht. Aber sie ist, so wie ich das sehe, momentan die beste Chance, die wir haben.“

Der Captain nickte nachdenklich. Sie hasste Verzweiflungslösungen und arbeitete lieber mit Personen zusammen, von denen sie wusste, dass eine vertrauensvolle Basis gewährleistet war. Brüchige Allianzen, bei denen jederzeit damit zu rechnen war, hintergangen zu werden, waren ihr zwar nicht fremd, aber auch nicht ihre erste Wahl.

„Und wo ist sie jetzt?“

„Sie ist an Bord ihres Schiffs und wollte dort auf Sie warten.“

„Dann werde ich sie so schnell wie möglich rufen. Bitte seien Sie dann auch anwesend.“

„Aber natürlich, Captain.“

Der Lift hatte das gewünschte Deck erreicht und sie stiegen aus.

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