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Abriachan Teil I - Am Scheideweg

von Gabi

Kapitel 8

Bashir, Dax und Rheat begutachteten den Scan, welchen der Wandschirm ihnen zeigte.

„Ich habe die Eizelle künstlich befruchtet und eingesetzt“, erklärte Bashir der Abriachanerin. „Bisher ist der Embryo noch nicht abgestoßen worden.“ Er zeigte mit einem Stift auf mehrere Stellen des Monitors. „Hier, hier und hier sieht es schon sehr gut aus. Ich denke, die Chance, dass er sich dauerhaft einnistet, ist groß.“

Rheat verfolgte seine Hinweise mit großem Interesse. Die Schleimhaut hatte an den aufgezeigten Stellen damit begonnen, sich um den noch unscheinbaren Zellhaufen zu legen.

„Wie lange haben Sie Suidhe davor mit dem Hormon behandelt?“

„Lediglich zwei Wochen.“ Bashir wandte seinen Blick von der Wand fort und lächelte der ersten Wissenschaftlerin zu, die auf der Diagnoseliege unter dem Scanner lag. „Ich war überrascht, wie schnell die Behandlung angeschlagen hat. Ich habe die Molekülstruktur nur minimal verändern müssen. Ich habe terranische Hormone eingesetzt.“ Er drehte sich wieder zu Rheat. „Natürlich können wir in einem so frühen Stadium noch nichts sagen. Es liegt noch die gesamte Entwicklung vor uns mit unzähligen Möglichkeiten, wo etwas schief laufen kann. Doch wir haben einen guten Start hingelegt, und das ist oft schon der halbe Sieg.“

„Wir werden Brutkästen benötigen“, überlegte Rheat. „Wir sind ein wenig unvorbereitet, das muss ich gestehen.“ Sie lächelte entschuldigend. „Wegen der Informantinnen der Königin waren nicht viele in Suidhes Pläne eingeweiht. Und die wenigsten davon hätten gedacht, dass sie so schnell Ergebnisse vorweisen könnte. Ich muss mir überlegen, wie wir das in den zwei Monaten hinbekommen, ohne dass es Aufmerksamkeit erregt.“

„Brutkästen?“ fragte Dax verwundert. „Zwei Monate? Was haben Sie vor?“

„Für den Embryo.“ Rheat sah sie ähnlich verblüfft an.

„Ich glaube, ich muss da etwas richtig stellen“, Bashir lud eine Datei von seinem Padd in den Rechner. Eine Bilderfolge über die Entwicklung eines menschlichen Embryos im Mutterleib erschien. „Terranerinnen sind 9 Monate lang schwanger, bevor sie das Kind zur Welt bringen, und da ich bisher so viele Übereinstimmungen zwischen unseren Rassen gefunden habe, gehe ich stark davon aus, dass das bei Ihnen ähnlich ist. Wenn die Geburt nach dem natürlichen Zeitrahmen verläuft, benötigen Sie keinen Brutkasten.“

Rheat betrachtete die Bilder. „Der Embryo ist ja riesig“, stellte sie schließlich fest.

Bashir lachte leise, nach einigem Suchen fand er das Bild, das er gesucht hatte. Es zeigte eine hochschwangere Terranerin. „Deswegen werden Sie am Ende der Schwangerschaft auch so aussehen.“

„Oh!“

Dax lachte nun ebenfalls über das offensichtlich überraschte Gesicht der Medizinerin. Suidhe hatte den Kopf von der Diagnoseliege erhoben und sah das Bild ebenso erstaunt an.

„Ich glaube, Sie müssen sich mehr umstellen als Sie das vorgehabt haben“, bemerkte die Trill nicht unfreundlich.

„Ihre Königin ist physiologisch sehr stark verändert“, erklärte Bashir. „Ich weiß nicht, wie diese Aufgabenteilung in Ihrer Evolution entstanden ist, aber Sie werden die evolutive Leiter wahrscheinlich wieder zurücksteigen müssen. Ich kann mich täuschen, aber ich glaube nicht, dass Sie diesen 2-Monatsrhythmus der Königin nachahmen können – oder es gar versuchen sollten.“

„Tut der Bauch weh?“ fragte Suidhe zögernd, während sie auf das Bild zeigte.

„Nicht allzu sehr“, beruhigte Dax sie. „Ich habe schon ein paar Geburten hinter mir, und habe sie alle überlebt.“

Suidhe und Rheat sahen sich an. „Wir wollten es nicht anders. Ich hoffe nur, wir schaffen das ohne Sie, Bashir.“

Der Terraner überspielte weitere Daten aus seinem Padd. „Deswegen möchte ich Ihnen so viel beibringen wie möglich in der Zeit, die uns bleibt, bis Commander Benteen wieder hier ist.“

* * *


Zu Benteens Erleichterung war ihnen ein Frühstück gebracht worden. Sie hatte schon befürchtet, dass man sie einfach vergessen hatte. Danach waren sie von der königlichen Wache aufgefordert worden, diese zu begleiten. Elgin hielt sich dicht bei der Terranerin, zwar besaß er keine Waffe mehr, doch er war gewillt, es auch waffenlos mit den Soldaten aufzunehmen, falls diese Anstalten machten, etwas gegen Benteen zu unternehmen. Sie hatte ihn zuvor gefragt, wie er sie denn beschützen wolle, wenn Gefolgsfrauen der Königin ihr etwas anzutun gedachten. Sie hatte damit auf seine Unwilligkeit angespielt, gegen Frauen zu kämpfen. Elgin hatte nicht so recht gewusst, was er darauf antworten sollte. Die Militäreinheiten dienten vor allem dazu, die Frauen auf den Forschungsreisen zu beschützen, gegen mögliche Angriffe von außen – was aber in seiner Laufbahn bisher nicht vorgekommen war – und sich mit Soldaten anderer Einheiten zu schlagen, wenn deren Herrinnen Meinungsverschiedenheiten über Handelsabkommen oder Zölle oder ähnliches hatten, was manchmal geschah. Eine Frau direkt gegen eine andere Frau zu verteidigen, das war noch nie vorgekommen. Und im Fall der Königin und deren Gefolge, die in der Hierarchie über seiner eigenen Herrin standen, glaubte er auch nicht, dass er dies tun könnte. Jedoch konnte er problemlos die Soldaten der Königin bekämpfen, falls diese den sehr unwahrscheinlichen Befehl erhalten sollten, gegen Benteen vorzugehen.

Frustriert stellte er fest, dass er in den Hallen der Königin genau genommen nutzlos war.

Die Soldaten führten sie durch weite Korridore und ornamentierte Säle, bis sie schließlich die Flügeltüren zu einem Raum öffneten, in welchem drei Frauen auf reich geschmückten Stühlen auf einem Podest saßen. Ihre Gewänder glichen im Schnitt zwar denjenigen Suidhes und ihres Gefolges, doch sie waren reicher verziert und drückten damit die höhere Stellung aus.

Die Soldaten geboten ihnen, in einem angemessenen Abstand vor den Stühlen stehen zu bleiben.

„Welche von ihnen ist die Königin?“ flüsterte Benteen Elgin zu.

Er trat so nah hinter sie, wie er es wagte, ohne dass ihre Körper sich berührten.

„Ich weiß es nicht“, antwortete er ebenso leise.

„Was heißt, Sie wissen es nicht?“ Benteen wandte ihren Kopf. Ihr Profil war jetzt nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. Er atmete tief durch. Ihre Nähe begann ihn zu erregen. Als sie diesen Raum betreten hatten, schien sich seine Wahrnehmung verändert zu haben. Vielleicht war es der direkte Vergleich der in seinen Augen wilden Terranerin zu den herablassenden und standesbewussten Herrinnen seines Stadtstaates. Er wusste es nicht, doch er musste das Bedürfnis niederkämpfen, ihre Haut zu berühren.

„Ich habe die Königin noch nie gesehen.“

„Willkommen“, forderte eine der Frauen ihre Aufmerksamkeit. Die mittlere der drei hatte sich erhoben und trat nun zu ihnen heran. Elgin senkte bei ihrem Näherkommen den Kopf tief auf seine Brust. Die Frau blieb vor ihm stehen und hob sein Kinn wieder mit ihren Fingern an. „Unverkennbar einer von Suidhes Männern“, bemerkte sie, als sie das Gesicht des Soldaten studierte. „Sie legt großen Wert auf Ästhetik. Ausgesprochen schöne Augen.“ Ihre Finger fuhren über seine Augenbrauen und Elgin wurde sich bewusst, dass er alles tun würde, was sie von ihm verlangte. Sie strahlte eine Aura aus, die Unterwerfung forderte.

„Und Sie sind?“ wandte sie sich an Benteen.

Etwas im Blick der Terranerin veränderte sich. Es schien, als ob sie sich aufrichtete, von einer Gefangenen zu einer Gleichgestellten wurde. Elgin betrachtete die beiden stolzen Frauen, wie sie einander maßen.

„Commander Erika Benteen, Offizier der Sternenflotte der Vereinten Föderation der Planeten. Und Sie? Sind Sie die Königin von Rossa?“

Die Frau lachte ein helles Lachen. „Nein, das bin ich nicht. Die Königin befasst sich nicht persönlich mit politischen Belangen, dafür ist ihre Zeit zu kostbar. Ich bin ihre rechte Hand. Mein Name ist Nozame.“ Sie trat einen Schritt von Benteen zurück, um sie besser begutachten zu können. „Es ist faszinierend – Sie sehen wirklich aus wie eine von uns. Wie ist das möglich?“

„Es existiert die Theorie, dass eine höher entwickelte Rasse vor Jahrtausenden den Samen für zahlreiche Zivilisationen in den uns bekannten Quadranten aus derselben Quelle verteilt hat. Daher treffen wir immer wieder auf humanoide Rassen, die von der Grundstruktur her uns ähneln. Bei Terra, dem Planeten, von dem ich abstamme, und Abriachan muss eine spätere Splitterung stattgefunden haben, denn wir sind uns in der Tat ähnlicher als viele Rassen sonst.“

Nozame nickte. „Eine interessante Theorie.“ Sie trat wieder näher an Benteen heran, um deren Gesichtszüge zu überprüfen. „Hat sich Ihr Volk dem unseren entsprechend entwickelt?“

Benteen zögerte nur kurz mit der Antwort. Ihr war bewusst, dass die Abriachanerin versuchte, geschickt an Antworten zu kommen, von denen sie vermutete, dass die Terranerin sie ihr nicht bei einer direkten Befragung geben würde. „Nein, unsere Entwicklung ist nach allem, was ich bisher sehen konnte, sehr unterschiedlich verlaufen.“

„In wiefern?“

„Zuallererst ist Terra technisch wesentlich weiter entwickelt. Mir wurde erzählt, dass Sie seit zehn Jahren den Überlichtflug entwickelt haben. Wir reisen schon seit 300 Jahren durch das All.“

Nozame winkte ab. „Das haben wir einer Naturkatastrophe zu verdanken, die vor 500 Jahren beinahe unsere gesamte Rasse ausgelöscht hat ... aber weiter mit Ihnen.“

Benteen beschloss, bei den unverfänglichen Tatsachen zu bleiben. Einerseits um zu demonstrieren, dass sie offen war, und andererseits um vom verfänglicheren Grund ihres Hierseins abzulenken. „Mein Heimatplanet ist Mitglied eines Planetenbundes, der einen großen Teil unseres Quadranten der Galaxie umspannt. Den Schutz und die Verteidigung dieses Planetenbundes übernimmt die Sternenflotte, deren Mitglied ich bin.“

„Sie sind Mitglied einer militärischen Einheit?“ fragte die Frau interessiert. „Ist das der Grund, warum Suidhe Sie hier hergebracht hat?“

„Nein.“ Benteen hielt sich aufrecht. Ihr war die Inspektion der anderen sichtlich unangenehm. Ihr Atem ging rascher. Sie versuchte es mit einer Halbwahrheit. „Meine Vorgesetzte wollte Suidhe von sich aus begleiten. Sie fand die Entwicklung Ihres Volkes ebenfalls interessant.“

„Suidhe wünschte Ihre Begleitung nicht, weil sie versucht, ihren Liebhaber von seiner Pflichterfüllung in Althena abzuhalten?“

„Die Politik unseres Planetenbundes verbietet uns die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Völker.“ Beiden Frauen war bewusste, dass dies keine Antwort war.

„Ich spüre, dass Sie im Konflikt stehen, weil Ihre Herrin nicht anwesend ist und Sie nicht genau wissen, wie Sie sich nach ihrem Willen am besten verhalten sollen.“ Nozame strich Benteen über die Wange. „Jetzt, wo Sie sicherlich gesehen haben, dass wir keine Bedrohung für Sie darstellen, möchte ich Ihnen die Möglichkeit geben, Ihre Situation und Ihr Hiersein noch einmal in Ruhe zu überdenken.“ Sie winkte den Soldaten, die an der Tür gewartet hatten. „Wir sprechen uns später wieder.“

Nozame lächelte, als sie den Blick der Terranerin sah. Demonstrativ küsste sie Benteen auf den Mund.

Als die Terranerin sich zum Gehen umdrehte, konnte Elgin eine kaum unterdrückte Erregung in den Augen der Frau sehen. Sie schenkte ihm einen so herausfordernden Blick, dass er sich verwirrt abwandte.

* * *


Suidhe hatte sie wieder verlassen. Bashir, Dax und Rheat saßen um einen Besprechungstisch herum und gingen die Daten und Hintergründe der Behandlung durch. Es war ein anstrengendes Unterfangen, weil Bashir nicht wusste, wie viel Zeit ihm blieb, und er so alles recht kompakt herüberbrachte.

Schließlich war es Dax, welche die Hand hob. „Pause!“ Sie sah die beiden Wissenschaftler an. „Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich muss mein Gehirn ein wenig durchlüften.“

Rheat nickte. „Eine gute Idee. Ich denke, ich habe die Prinzipien bisher verstanden, aber eine kurze Unterbrechung hilft dem Gehirn auf jeden Fall. Möchten Sie mich hinausbegleiten? Frische Luft wirkt Wunder.“

Bashir und Dax erhoben sich und folgten der Ärztin auf den Innenhof hinaus. Jetzt tagsüber lag er beinahe verlassen da. Die Frauen waren bei ihrer Arbeit, die Männer beim Training. Ganz vereinzelt trafen sie auf andere, die ebenfalls eine Pause einlegten.

„Darf ich Sie etwas fragen?“ begann Dax nach einer Weile.

„Natürlich. Um was geht es?“

„Ist es noch nie vorgekommen, dass Soldaten einen Aufstand geprobt haben?“

Rheat sah die kleinere Trill ehrlich verwundert an. „Nein. Gegen wen sollten sie ihn durchführen?“

„Gegen ihre Herrinnen.“

Die Medizinerin blieb stehen. Sie maß die Trill aus verengten Augen. „Sie haben den Eindruck, unsere Männer sollten uns hassen?“

„Nein“, Dax versuchte diplomatisch zu sein. „Nicht unbedingt Sie hier. Aber warum lassen sie sich so ohne weiteres vor die Königinnen führen? Warum unternimmt die königliche Leibgarde nichts? Es muss doch irgendwann in Ihrer Geschichte den Versuch von Soldaten gegeben haben, sich wenigstens gegen die Königin aufzulehnen. Ich meine“, sie wedelte mit den Händen, um ihr Unbehagen auszudrücken. „Das sind alles gestandene Männer, kräftig und versiert mit Waffen ... es fällt mir einfach schwer zu glauben, dass sie zu allem ‚ja’ sagen, weil es die Ordnung so vorschreibt.“

Bashir tappte der Trill mit dem Zeigefinger auf die Schulter. „Ezri ... die Hauptdirektive sagt uns nicht nur, dass wir uns nicht an innerplanetaren Revolten beteiligen sollen. Ich glaube, sie ist auch ziemlich deutlich darin, dass wir diese nicht anzetteln sollen.“

„Ich meine ja nur.“ Dax maß ihn ärgerlich, bemerkte dann aber, dass der Arzt ein Grinsen unterdrückte.

Rheat wirkte nachdenklich. „Ich verstehe, was Sie meinen. Sie haben gesehen, wie unsere Soldaten von uns behandelt werden, sie haben keinen Grund, gegen Suidhe eine Revolte zu starten. Wie die Struktur im Palast gehandelt wird, das weiß ich nicht genau. Kaum jemand kennt sich in den oberen Hierarchie-Ebenen aus. Ich habe nur Gerüchte gehört, dass sich die Repräsentantinnen der Königin bestimmter Düfte bedienen, die auf das Gehirn wirken, um sicher zu gehen, dass niemand in ihrer Nähe sich ihnen widersetzt ...“ Sie machte eine abwertende Handbewegung. „Aber das sind nur Gerüchte. Es kann auch pure Eifersucht auf die Machtstruktur sein, die sie in Umlauf gesetzt haben.“

* * *


Die Tür schloss sich hinter den beiden Gefangenen der Königin wieder. Elgin wollte zu seinem gewohnten Sessel hinübergehen, als Benteen ihn am Arm packte. Ihr Griff war fest und beinahe schmerzhaft. Der Mann blieb überrascht stehen. Sie war doch diejenige gewesen, die darauf bestanden hatte, dass sie nicht berührt wurde ...

Sie drehte ihn herum und stieß ihn gegen das Bett. Elgin sah den Blick in ihren Augen und wusste, dass sie versuchte gegen ein Verlangen anzukämpfen, welches die Unterredung in ihr ausgelöst haben musste. Sie verlor.

Elgin wehrte sich nicht, als sie ihn niederdrückte und unsanft seine Kleidung öffnete. Es war eine seiner Aufgaben als Soldat, dass er für das Gefolge seiner Herrin da war. Er wäre nie auf die Idee gekommen, sich zu weigern, mit einer Frau zu schlafen. Die Terranerin faszinierte ihn ohnehin, so dass er sich nicht bemühen musste, von ihr erregt zu werden. Doch noch nie war ihn eine Frau so grob angegangen. Er konnte sich nicht erklären, was mit Benteen los war, doch er verspürte das Bedürfnis, ihr zu helfen, was immer sie auch belastete.

So biss er die Zähne zusammen, als sie sich so heftig an ihm befriedigte, dass es ihm Schmerzen bereitete. Als sie ihren ersten Höhepunkt hinter sich hatte und sich ihr Blick nicht veränderte, umfasste er ihren Körper und begann sie mit derselben Heftigkeit zu lieben. Sie wälzten sich lange auf dem Bett herum, wilder und heftiger, bis die Erschöpfung ihren Tribut verlangte.

Schwer atmend sank Benteen schließlich an Elgins Seite in die Kissen. Ihre Augen sahen ihn noch an, verwirrt, doch wieder klar, dann konnte sie die Lider nicht mehr offen halten und schlief erschöpft ein.

Er zog vorsichtig seinen Arm unter ihr hervor und deckte sie zu. Zärtlich küsste er sie auf den Hals, bevor er sich aufsetzte. Als er aufstand, spürte er wie er vor Anstrengung zitterte. Es war alles so rasch gegangen, er hatte überhaupt keine Zeit gehabt, sich Gedanken darüber zu machen, was geschehen war. Er spürte noch die harte Berührung ihrer Hände und ihrer Schenkel auf seinem Körper. Das war nicht dieselbe Frau gewesen, die ihn heute Morgen noch auf Abstand gehalten hatte, so wild und ungezügelt wie sich jetzt gegeben hatte. Doch ganz gleich, was passiert war, er war sich sicher, dass Benteen keinen Mann in ihrem Bett vorfinden wollte, wenn sie wieder erwachte.

Seine Kleidung zusammensammelnd, ging er in sein Zimmer hinüber, in der Hoffnung, dass ein warmes Bad die Schmerzen und die Spannung, die er verspürte, lindern würde.

Es war etwa eine halbe Stunde später, als er die Bewegung spürte, bevor er sie sah. Als Soldat war er darauf trainiert, in jeder Situation wachsam zu sein. Selbst wenn er im warmen Wasser eines Schaumbads lag.

Als Benteen im Durchgang erschien, hatte er schon den Kopf gehoben. Ihr Haar war von dem wilden Gerangel zerzaust, das Kleid hatte sie sich rasch übergeworfen, es zeigte ein paar Risse, wo es im Eifer zu schnell vom Körper gerissen worden war. Sie wirkte betreten und ihrer selbst nicht sicher. Elgin konnte sehen, dass es sie einige Überwindung gekostet hatte, vor ihn zu treten, anstatt sich in ihrem Zimmer zu verschanzen.

„Es tut mir unendlich leid“, sagte sie schließlich leise. Sie hielt den Kopf gesenkt. „Ich kann Ihnen überhaupt nicht sagen, wie peinlich mir das ist. Ich kann mich nur vielmals entschuldigen. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist ... ich habe nicht die leiseste Ahnung.“

Er wäre am liebsten aufgestanden, um zu ihr zu gehen, und sie zu trösten. Sie wirkte, als ob sie Trost gebrauchen konnte. Doch ihm war klar, dass sie, trotz dem, was sie noch vor einer halben Stunde getrieben hatten, ihn nicht nackt sehen wollte.

„Herrin“, die Anrede kam wie von selbst über seine Lippen, „ich bitte Euch, kommt näher. Es ist alles in Ordnung.“

Sie hob den Kopf. Sein Blick war weder vorwurfsvoll noch hämisch, nur besorgt. Sie gab sich einen Ruck und trat näher. Schließlich setzte sie sich auf den Wannenrand.

„Habe ich Ihnen weh getan?“

„Nur ein wenig.“

Sie stützte die Stirn in die Hand. „Sie müssen mich für ... für ... ich weiß auch nicht, für was Sie mich halten müssen – ich verstehe das alles selbst nicht.“

Er berührte ihren Arm, sie zog ihn fort, zögerte dann jedoch und legte ihn wieder zurück. „Entschuldigung.“

Er lächelte. „Es hat sich noch nie eine Frau bei mir entschuldigt.“

Sie sah ihn an. „Ich wette, Sie hat auch noch nie eine Frau so angefallen?“

„Da habt Ihr allerdings recht.“ Als er sah, dass sie sich wieder Vorwürfe machen wollte, setzte er hinzu: „Könnt Ihr nachvollziehen, was passiert ist? Hat Euch Nozame so erregt? Ihr seid doch eigentlich gar nicht an Männern interessiert.“

„Das ist so nicht richtig.“ Sie schüttelte den Kopf. „Im Allgemeinen finde ich Männer uninteressant, weil ich ihr Verhalten oft so unangenehm finde. Entweder sind sie unsicher und überspielen das mit überzogenem Verhalten, oder sie sind arrogant und besserwisserisch, klopfen dumme Sprüche, halten sich für unwiderstehlich …“ Sie gestikulierte mit der Hand, die nicht auf dem Wannenrand lag. „Das gesamte unangenehme Spektrum eben. Frauen empfinde ich oft als in sich gefestigter und ihre Gesellschaft als angenehmer. Aber ich lasse mich auch gern mit einem Mann ein, der ein überzeugendes Wesen hat.“ Sie sah ihn dabei nicht an und atmete einmal tief durch. „Es war nicht, dass ich mich von Nozame angezogen gefühlt habe ... oder vielleicht doch ... ich weiß es nicht, sie hat etwas an sich, das Macht ausstrahlt. Was immer es ist, ich hatte dieses irrationale Bedürfnis, ebenfalls Macht auszuüben.“ Sie blickte doch wieder zu ihm auf. Er hörte ihr aufmerksam zu und sie war dankbar dafür, dass er sich eines Kommentars enthielt. „Ich kann mich nur immer und immer wieder entschuldigen. Ich wollte Sie benutzen, ich wollte Sie unter meinen Willen zwingen, ich schätze, ich wollte Ihnen sogar weh tun. Das war rücksichtslos und unverantwortlich von mir. Ich weiß, dass Sie sich nicht gegen mich wehren können.“

„Bitte macht Euch keine Gedanken. Nicht wegen mir.“ Er lächelte ein wenig schief. „Vielleicht färbt meine Welt hier auf Euch ab? Vielleicht empfindet Ihr die Macht, die Euer Geschlecht hier ausübt als erstrebenswert?“

Sie blickte ihn empört an. „Mit Sicherheit nicht! Ich mag es nicht, wenn jemand unterwürfig ist ... Entschuldigung, das war jetzt nicht persönlich gemeint, aber mir sagt diese ‚Herrin, befiehl, wir gehorchen’ Art nicht zu, der Sie sich verpflichtet fühlen.“

Seine Augen wirkten entschuldigend. „Wenn es Euch irgendwie beruhigt: Sogar ich würde mich gegen eine Frau wehren, wenn sie mir zu sehr weh tut.“

Benteen starrte ihn eine Weile an, dann begann sich ein Lächeln auf ihrem erschöpften Gesicht zu zeigen und sie legte ihm die Hand auf die Schulter. „Soll ich Ihnen etwas sagen? Es beruhigt mich ehrlich, das zu wissen.“

* * *


„Es ist nicht zu fassen!“ Kira schlug auf den Übertragungsknopf. Ein sinnloses Unterfangen, da ihre Gesprächspartnerin die Verbindung ohnehin schon unterbrochen hatte. Doch irgendwie tat es gut.

Admair hatte ihr eine Kommunikationsanlage zur Verfügung gestellt. Sie befand sich in einem Gebäude, das den Soldaten als Stützpunkt diente. Von hier aus wurden die Einfassungen des Guts elektronisch überwacht, die Sicherheit in den Produktionsgebäuden und auf den Übungsplätzen. Momentan war sie die einzige Frau unter den Männern, die ihrem Dienst hier nachgingen. Die Anwesenheit von Frauen war hier nicht üblich, wie ihr die Blicke sagten, die ihr immer wieder zugeworfen wurden. Das konnte allerdings auch an ihrem Aussehen liegen. Zwar stimmte auch sie, wie die Terraner, die Trill und die Betazoiden weitgehend mit der Physiologie der Abriachaner überein, doch ihre Nase war unverkennbar exotisch.

„Es wundert mich nicht, dass sich der Palast nicht kooperativ zeigt.“ Admair stand hinter ihr und hatte ihre aussichtslosen Gespräche mit verfolgt. Zwar hatte die Frau an der Auskunft eingestanden, dass sie ihre Offizierin in Haft hielten, doch sie zeigte sich weder von dem Umstand beeindruckt, dass sich alles um ein Missverständnis handelte, noch dass es sich bei den Sternenflottenoffizieren um Repräsentanten eines fremden Planetensystems handelte, die auf eine angemessene Behandlung pochten.

Die Frau hatte ihr erklärt, dass Benteen nichts zu befürchten hatte, wenn sich alles so verhielt, wie Kira das schilderte, und dass sie nach der Befragung frei wäre zu gehen. Den Umstand ‚nach der Befragung’ hatte sie allerdings deutlich betont.

Sie hatte von Kira wissen wollen, ob sie vorhabe, Abriachan mit ihrer eigenen Kriegsmacht anzugreifen, und als die Bajoranerin dies entschieden von sich gewiesen und auf ihre Prinzipien verwiesen hatte, hatte die andere ihr erneut erklärt, dass sie dann keine andere Wahl hatte als abzuwarten.

„Behandeln Sie hier Besucher immer so?“ wollte sie aufgebracht wissen, als sie ihren Stuhl zu Admair herum drehte.

„Es liegt daran, von wo Sie sich gemeldet haben, Colonel“, erklärte der Kommandant ruhig. „Suidhe ist mit ihrem großen Wert auf Fortschrittlichkeit der Königin ein Dorn im Auge. Sie kamen noch nie besonders gut miteinander aus. Dass Sie sich als Repräsentanten eines neuen Planetensystems ausgerechnet mit uns eingelassen haben, trägt nicht gerade zur Verbesserung der Stimmung im Palast bei.“

„Was ja wohl schwerlich unsere Schuld war“, konterte Kira gereizt.

„Das wollte ich damit auch nicht sagen.“

„Was schlagen Sie also vor, Kommandant?“

„Abzuwarten.“

„Obwohl Sie nicht sicher sein können, was mit Elgin passiert?“

Admair beugte sich vor. Eine Hand stützte er auf der Rückenlehne von Kiras Stuhl ab, die andere auf dem Terminal, vor welchem die Bajoranerin saß. Seine dunkelblauen Augen blitzten sie an. „Was sollte ich sonst tun?“ Seine Stimme zitterte ein wenig. Er fühlte sich zwischen den Stühlen. Er konnte nicht seine Einheit schützen, seine Männer schützen und versuchen, die Besucher respektvoll aus allem heraus zu halten. Er musste Opfer bringen, doch er war nicht bereit dazu, wie er jetzt merkte.

„Elgin ist mein Freund. Das Letzte, was ich möchte, ist, dass ihm etwas passiert. Aber was kann ich tun? Wollt Ihr mir vorschlagen, dass ich meine Soldaten nehme und den Palast stürme? Ihr, die Ihr mir die ganze Zeit erklärt, dass Ihr Euch hier nicht einmischen dürft? Alles, was mir übrigbleibt, ist zu hoffen, dass Elgin als Soldat Eurer Offizierin anerkannt wird und ihm daher nichts geschieht.“

Kira sah ihn nachdenklich an. Sie wünschte sich, dass Commander Benteen bei ihr wäre, damit sich wenigstens jemand sicher wäre, was Recht und Unrecht nach Definition der Sternenflotte war. „Sie glauben, dass sie die Gefangenen gehen lassen werden?“

„Ich hoffe es.“

„Aber Sie sind sich nicht sicher.“

„Nein, ich bin mir nicht sicher.“

„Welche Chance räumen Sie mir ein, dass ich etwas erreichen kann, wenn ich persönlich zum Palast gehe?“

Admair richtete sich wieder auf. „Ihr seid eine sehr starke Persönlichkeit. Vielleicht könntet Ihr etwas erreichen.“ Er dachte nach. „Auf der einen Seite solltet Ihr nicht alleine gehen, doch auf der anderen würde Euch die Begleitung von Soldaten aus Suidhes Einheit Nachteile bringen.“

„Ich werde es riskieren, alleine zu gehen.“

„Euren Phaser müsstet Ihr jedoch zurücklassen. Energiewaffen sind im Palast nicht gestattet.“

* * *


Elgin lag auf dem Bett und dachte über das nach, was geschehen war. Benteen hatte sich nach dem Gespräch im Bad wieder zurückgezogen. Sie wollte alleine sein, um sich darüber klar zu werden, was in sie gefahren war. So war er in seinem Zimmer verdammt zum Nichtstun. Er wusste, dass er sich darüber Gedanken machen musste, wie sie hier herauskommen konnten, um zu seiner Einheit zurückzukehren. Er hatte den Gleiter starten sehen und wusste, dass die anderen in Sicherheit waren. Er durfte durch sein Hiersein nicht die Pläne seiner Herrin vereiteln, und so war er froh, dass er nicht allzu viel darüber wusste.

Elgin war nie zuvor im Palast gewesen, er hatte keine Vorstellung davon, wie die Räumlichkeiten angelegt waren. Eine Flucht würde auf gut Glück vonstatten gehen müssen. Doch zu einer Flucht musste auch Benteen bereit sein, denn er würde nicht ohne sie gehen. Seine Gedanken fanden sich wieder bei der Terranerin ein. Sie zog ihn an, das musste er sich selbst eingestehen. Er hatte schon mit sehr vielen Frauen geschlafen, doch wirklich hingezogen hatte er sich zu nur wenigen gefühlt. Der Klassenunterschied war einfach immer zu sehr Teil des Geschlechtsverkehrs. Er wusste nicht, wie es Suidhe geschafft hatte, das Herz des Kommandanten zu gewinnen. Er nahm an, dass eine Frau, die liebte, sich anders verhielt, als eine Frau, die Zerstreuung und Befriedigung suchte.

Benteens Verhalten hatte eindeutig zur zweiten Kategorie gehört, dennoch interessierte sie ihn. Sie weigerte sich, ihn als Diener zu sehen. Doch trotz ihrer Beteuerung, dass sie gleichberechtigt seien, war sie sehr viel zurückhaltender ihm gegenüber als er das von anderen Frauen gewohnt war. Sie wirkte unsicher im Umgang mit ihm, und das machte ihn neugierig. Er hätte das Liebesspiel mit ihr sehr genossen, wenn sie nur etwas weniger grob gewesen wäre. Er wünschte, sie würde ihm Gelegenheit dazu geben, ihr zu zeigen, wie zärtlich die Liebe eines Mannes sein konnte.

Ein Geräusch im anderen Raum ließ ihn aufhorchen. Jemand hatte die Tür geöffnet. Sofort war er auf den Beinen und an der Verbindungstür.

Die Soldaten der Königin sahen ihn an, als er den Raum betrat.

„Nozame möchte nur mit Commander Benteen sprechen. Deine Anwesenheit ist nicht von Nöten“, informierte ihn der Hauptmann. Elgin blitzte ihn an. Zwischen den Soldaten verschiedener Einheiten bestanden fast immer Rivalitäten. Wenn ihre Herrinnen auf Sektoren der Kunst oder der Wissenschaft miteinander konkurrierten, waren die Einheiten ohnehin misstrauisch gegeneinander eingestellt. Doch auch ohne direkte Berührung der Güter wurde das Kräftemessen der Soldaten untereinander gefördert. Es gab jährliche Wettkämpfe in verschiedenen Disziplinen, um die besten Einheiten zu bestimmen und zu ehren. Dank Admairs strengem Training hatte Suidhes Einheit bisher immer sehr gut abschneiden können. Dementsprechend unbeliebt war sie bei anderen Soldaten. Und die Soldaten der Königin waren ohnehin allen anderen Männern ein Dorn im Auge. Wer der Königin dienen durfte, hielt sich für etwas Besseres und machte daraus keinen Hehl.

„Ich lasse mich von euch nicht von meinen Pflichten abhalten“, erklärte Elgin und trat vor Benteen.

Zwei der Soldaten zogen ihre Schwerter, doch Elgin hatte nicht vor, sich davon abhalten zu lassen. Er war auch ohne Waffen ein gut ausgebildeter Nahkämpfer und würde sich auf eine Auseinandersetzung einlassen.

Benteen schien ihm das anzumerken. Sie berührte ihn am Arm. „Elgin, lassen Sie gut sein. Niemand wird es wagen, mir etwas anzutun.“ Die letzten Worte hatte sie an die königliche Wache gerichtet mit einer herablassenden Bestimmtheit in der Stimme, die Elgin bewunderte. Die Commander hatte sich rasch den Gepflogenheiten angepasst. Er wandte seinen Kopf, um sich zu vergewissern, dass sie sich wirklich nur der Sprache des Feindes bediente und nicht doch von der Atmosphäre hier beeinflusst wurde. Ihr Blick sagte ihm, dass sie wieder die Alte war.

„Ich kann Euch nicht alleine lassen, Commander“, versuchte er, sich durchzusetzen.

„Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen“, versicherte sie ihm leise. „Vergessen Sie nicht, dass ich sehr gut auf mich selbst aufpassen kann. Ich verspreche Ihnen, dass ich nichts tun werde, was negativ auf Ihre Herrin zurückfallen könnte.“

„Das würde ich auch nie von Euch erwarten.“

„Warten Sie hier, bis ich zurückkomme“, riet sie ihm. „Sie sind alleine und unbewaffnet und vor uns stehen sechs Männer mit Schwertern. Ganz gleich wie gut Sie auch sein mögen, Sie würden den kürzeren ziehen.“ Sie sah ihm in die Augen. „Und ich will nicht, dass Ihnen etwas zustößt.“

Er neigte den Kopf, als Dank für ihre Sorge und als Anerkennung ihrer Bitte. „Ich werde warten.“ Dann hob er seinen Blick wieder und richtete ihn auf den Hauptmann. „Wenn ihr etwas geschieht, dann werde ich Sie persönlich zur Verantwortung ziehen.“

Der Soldat lachte lediglich. „Natürlich, die Macht hast du ja auch.“ Dann geleitete er Benteen zur Tür hinaus.

Elgin sah ihnen mit ungutem Gefühl hinterher. Natürlich war Benteen selbst sehr streitbar, aber er hatte noch nie eine Frau, die ihm anvertraut war, im Stich gelassen. Die Terranerin würde sicherlich vehement dagegenhalten, dass sie ihm von niemandem anvertraut worden sei, doch das änderte nichts an der Einstellung des Abriachaners. Ihm behagte die Situation nicht, er fühlte sich außerhalb seines Elements und machtlos.

Als die Tür wieder von außen verriegelt wurde, begann er ruhelos auf und ab zu wandern.

Es dauerte nicht lange, da wurde die Tür erneut geöffnet. Elgin erwartete fast, Benteen wieder zu sehen, auch wenn eine viel zu kurze Zeitspanne verstrichen war. Doch eine Frau trat ein, die er als eine der beiden anderen Gefährtinnen Nozames erkannte. Sie strahlte dieselbe Aura des Respekts aus, wie er sie bei Nozame empfunden hatte. Unwillkürlich wich er einen Schritt vor ihr zurück.

Sie blieb in der Mitte des Raumes stehen. „Komm her.“

Er fand keine Möglichkeit, ihren Worten nicht Folge zu leisten. Er trat auf sie zu und neigte den Kopf.

„Wie ist dein Name, Soldat?“

Er hob seinen Blick wieder. „Elgin, Herrin.“

„Setz dich, Elgin.“ Sie ließ sich auf der Bettkante nieder und bedeutete ihm, sich neben sie zu setzen. Er tat wie ihm geheißen wurde. „Ich möchte dich etwas fragen und erwarte, dass du mir wahrheitsgemäß darauf antwortest.“

Er versuchte verzweifelt, in sich die Kraft zu finden, ihr zu widerstehen, denn er vermutete, dass sie etwas von ihm wissen wollte, was Suidhe in Gefahr bringen könnte. Doch es gelang ihm nicht, sich ihrem Bann zu entziehen.

„Hat sich die Terranerin vorhin anders verhalten?“

Elgin sah sie erstaunt an. Mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet. „Ja“, antwortete er wahrheitsgemäß.

Ein Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht, das den kleinen Teil in ihm, der sich zu widersetzen versuchte, alarmierte. „Inwiefern war sie anders?“

Er starrte sie an. Unwillig, über Benteen Auskunft zu geben.

„Hat sie dich genommen?“ half die Frau freundlich nach.

Sein Blick wankte ein wenig. „Ja.“

„Gut.“ Sie erhob sich wieder. „Das war alles, was ich von dir wissen wollte. Du hast dich als gewissenhafter Diener deiner Königin erwiesen, das werden wir nicht vergessen.“ Es klang wie eine Drohung.

Bevor sie sich zum Gehen wandte, blickte sie noch einmal auf ihn hinunter. „Ich möchte, dass dir klar ist, dass ich dich jederzeit erniedrigen könnte, wenn mir der Sinn danach stünde – und du würdest es genießen. Weder du noch deine Herrin Suidhe sollen vergessen, dass die Macht der Königin über allen anderen steht.“

Die Tür schloss sich wieder. Elgin merkte, dass er schwitzte. Er zweifelte keinen Augenblick an der Wahrheit ihrer Worte. Und er zweifelte auch nicht daran, dass Suidhe in Gefahr war. Er musste fliehen, doch er durfte auch Benteen nicht alleine lassen.

* * *


Bevor sie seine Hütte verließen, fasste Tshertap Mondal am Arm. Chailleach war bereits vorausgegangen und unterhielt sich am Eingang mit anderen. „Pass auf ihn auf, Junge. Er ist stark, doch seine Stärke hat Grenzen. Er weiß um die Verantwortung, die er trägt. Und er ist alleine damit.“ Der alte Mann nickte, als würde er eine Bemerkung bestätigen, die nur er gehört hatte. „Er braucht dich und er vertraut dir. Lass ihn nicht allein.“

„Ich werde ihn nicht alleine lassen“, versprach der Fähnrich leise.

Tshertap lächelte. „Du hast ein gutes Herz.“

Draußen holte Mondal Chailleach ein. Der junge Soldat sah ihn erwartungsvoll an. Er stand alleine im dunkler werdenden Licht des Tages in der Mitte der leeren Straße. Sein Haar reflektierte die Strahlen der untergehenden Sonne, seine Augen spiegelten im Augenblick seine Seele wider: hoffnungsvoll, ängstlich, einsam.

Mondal ging auf ihn zu und umarmte ihn. Der Soldat erwiderte die Berührung, er lehnte seinen Kopf gegen denjenigen des Betazoiden und suchte für einen Moment Trost.

Dann richtete er sich wieder auf und trat einen Schritt zurück.

„Du bist nun der einzige, der die gesamte Wahrheit kennt.“

Mondal nickte. „Ich verstehe dich jetzt.“ Er zögerte. „Weswegen hast du mir das hier anvertraut?“

„Weil ich hoffe, dass du mir helfen wirst“, gestand Chailleach. „– und weil ich nicht weiß, wie lange ich das noch alleine machen kann.“

„Wieso nimmst du den Versuch auf dich, eine gesamte Welt zu ändern?“

„Weil der Preis dafür, es nicht zu tun, zu groß ist.“ Er setzte sich in Bewegung, die einsamen Seitenstraßen zurück in die Geschäftigkeit der Hauptstraßen. Mondal blieb dicht neben ihm, so als wollte er ihn vor der Unbill des hereinziehenden Abends beschützen.

„Wirst du Colonel Kira davon erzählen?“

„Ja, das werde ich.“

„Gut.“

Sie bemerkten den Wachtrupp erst, als er genau vor ihnen stand. Mondal war so sehr mit Chailleach beschäftigt, dass ihm trotz seiner fehlenden Barrieren nichts aufgefallen war. Wie bei gesprochenen Worten verschwanden umgebende Gefühle und Gedanken ebenso in den Hintergrund, wenn er seine Konzentration einer bestimmten Sache widmete.

Chailleach versteifte sich. Er blieb hoch aufgerichtet stehen und blickte die Soldaten herausfordernd an. Mondal stellte sich neben ihn, nicht wissend, wie er ihn beschützen sollte, doch mit der festen Absicht es zu tun.

„Da haben wir doch genau den Richtigen“, bemerkte der Hauptmann des Trupps. Die Uniformen ließen die Männer unschwer als Soldaten der Königin erkennen. „Hat dir deine Herrin nicht mitgeteilt, dass für ihre Männer Ausgehverbot besteht.“

„Seit wann?“ wollte Chailleach wissen.

„Seit heute Mittag.“

Chailleach maß die Männer abschätzend. Schließlich entschied er, Ruhe zu bewahren. Er trat einen Schritt beiseite. „Dann werde ich mich unverzüglich auf den Weg zu meiner Einheit machen.“

„Sie haben nicht vor, dich gehen zu lassen. Sie wollen dich“, rief Mondal entsetzt aus.

Chailleach zog sein Schwert und stellte sich zwischen ihn und die Soldaten der Königin. „Renn weg!“

„Nein!“

Die ersten Klingen kreuzten sich. Mondal konnte ihn nicht alleine lassen, doch es gab nichts, mit dem er ihm hätte helfen können, er trug kein Schwert und keinen Phaser bei sich.

Chailleach wirbelte zwischen den Reihen der gegen ihn vorgehenden Soldaten mit gestrecktem Schwert. Es waren zu viele für ihn, soviel war von vorne herein klar, doch er hielt sich tapfer. Er würde nicht weichen, bis er nicht sicher war, dass Mondal es schaffte. Unablässig konzentrierte er sich auf die Gedanken: Renn weg ... du musst es Kira erzählen ... nur du kannst noch helfen ...

Er wusste, wie schwer sich der Betazoid damit tat, ihn hier alleine zu lassen, doch es würde das Ende bedeuten, wenn sie beide fielen.

Er begann die Hoffnung aufzugeben, als er endlich im Augenwinkel sah, wie sich der Fähnrich zurückzog. Keiner der Palastwachen beachtete ihn. Sie waren ganz und gar mit ihrem wertvollen Opfer beschäftigt.

Als Chailleach sich sicher war, dass sich Mondal außer Gefahr befand, senkte er sein Schwert. Mit hocherhobenem Kopf ließ er zu, dass die Wachen sich ihm über die beiden Männer, die schon unter seinen Streichen gefallen waren, näherten und ihn gefangen nahmen. Er mochte hitzköpfig sein, doch er war auch klug genug zu wissen, dass er nur dann noch eine Chance hatte, wenn er es nicht auf einen Kampf auf Leben und Tod ankommen ließ.

* * *


Es war spät am Abend, als Benteen endlich in ihr Zimmer zurückgebracht wurde. Elgin sprang aus dem Sessel auf, als die Tür sich öffnete. Die Terranerin blickte ihn an und er erkannte den Ausdruck vom Morgen in ihren Augen wieder. Dieses Mal wirkte er jedoch weniger verwirrt. Die anderen stellten etwas mit ihr an, das sie ihnen anzugleichen begann. Sie versuchten, eine mögliche Konkurrenz auszuschalten, indem die Frauen sie auf ihre Seite zogen. Die Terranerin war zugänglich für Versprechungen von Macht. Da war etwas in ihr, das Elgin zuvor als Unsicherheit bezeichnet hatte, was nach Kontrolle gierte. Diesen Teil verstanden die Gefolgsfrauen der Königin geschickt auszunutzen.

Elgin wich an die Wand zurück, um möglichst viel Abstand zwischen sich und das Bett zu bringen.

Benteen kam auf ihn zu, sie lächelte, jedoch erschien es verzerrt auf ihrem Gesicht, so als ob ein Teil von ihr wusste, dass sie sich dieses fremden Einflusses erwehren musste.

„Du brauchst nicht vor mir zu fliehen.“ Auch ihre Stimme klang heiser und fremd. Sie hob ihre Hand in sein langes, dunkles Haar und griff zu, um seinen Kopf hinunter zu ziehen. Der Kuss war nicht weniger grob als das, was sie mit ihm am Morgen getan hatte und sicherlich auch wieder zu tun gedachte.

Es war eine Farce, dass er sich nach der zärtlichen Berührung einer Frau sehnte, die darauf aus war, ihn zu demütigen. Er spürte Ärger in sich aufsteigen. Mit einem Ruck machte er seinen Kopf los und packte ihre Handgelenke.

Sie funkelte ihn an. „Das wagst du nicht.“

Elgin nutzte seinen Ärger aus, ehe ihm Bedenken kommen konnten. Mit kräftigen Armen umschlang er Benteens Körper und hob sie hoch. Er trug die sich wehrende Frau ins Bad hinüber und drückte sie gegen den Badewannenrand. Benteen so festgeklemmt, wagte er es, eine Hand zu lösen, um den Wasserhahn aufzudrehen.

„Das tut mir ebenso weh wie Euch“, keuchte er, als er ihren Kopf unter den kalten Strahl zerrte.

Sie rammte ihm den Ellenbogen in die Seite, doch er lockerte seinen Griff nicht.

„Ich würde sehr gerne mit Euch schlafen, Commander.“ Er war nicht sicher, ob sie seine Entschuldigung überhaupt hören konnte. „Doch ich bin mir sicher, dass Ihr das selbst nicht wollt.“

Nach einigen Sekunden hörte sie auf, nach ihm zu schlagen, und verkrampfte ihre Hände stattdessen um den Wannenrand. Sie versuchte, sich zu stabilisieren, um nicht zu viel Wasser zu schlucken. Ein Husten begann, ihren Körper zu schütteln.

Elgin lockerte seinen Griff und befreite sie aus dem kalten Strahl. Nach Luft ringend begann Benteen am Wannenrand hinab zu gleiten. Der Soldat fasste ihre Oberarme und half ihr, sich auf den Badezimmerboden zu setzen. Die Terranerin lehnte ihren Kopf gegen die Wanne zurück und hielt die Augen geschlossen, während sie versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Ihr langes Haar und ihr Oberkörper waren nass, der feuchte Stoff hatte sich wie eine zweite Haut über ihre Brüste gelegt, die sich heftig hoben und senkten.

Elgin merkte, dass sein eigener Atem bei diesem Anblick ebenfalls schwerer ging. Er riss sich davon los und griff nach einem Badetuch.

„Bitte entschuldigt“, sprach er leise auf sie ein, als er sich neben ihr niederkniete und Haare und Körper in den weichen Stoff schlang. „Ich wusste nicht, wie ich Euch sonst wieder zu Sinnen bekommen sollte.“ Er begann damit, ihre Haut trocken zu reiben.

Sie öffnete die Augen, richtete ihren Oberkörper auf, doch bevor sie ein Wort herausbringen konnte, wurde sie wieder von einem Hustenanfall geschüttelt. Elgin nahm sie in den Arm, bis sie sich beruhigt hatte. Sie ließ es einen Moment lang zu, dass er sie festhielt, dann hob sie den Kopf und sah ihn an. In ihren Augen stand die Sehnsucht nach lange entbehrter Geborgenheit, doch zugleich auch die feste Entschlossenheit, niemals eine Schwäche einzugestehen. Sie brach den intimen Moment, indem sie von Elgin fort rückte und ihm das Handtuch aus den Händen nahm.

Der Soldat verstand, dass er sie jetzt nicht mehr zu berühren hatte. Er setzte sich auf den Boden zurück und sah ihr zu.

„Wollten Sie mich umbringen?“ ertönte sie unter dem Handtuch, mit dem sie gerade ihre Haare rubbelte. „Ich dachte, Sie greifen keine Frauen an?“

Er versuchte auszumachen, ob sie wütend war, aber der Stoff dämpfte ihre Stimme zu sehr. „Ich habe Euch gesagt, dass ich mich wehren würde, wenn mich jemand zu sehr verletzt – ich bekämpfe aber auch diejenigen, die sich selbst verletzen.“

Benteens Gesicht sah unter dem nun ebenfalls nassen Handtuch hervor. Zu Elgins Erleichterung wirkte sie lediglich nachdenklich, nicht wütend. „Ich wollte Sie wieder ... ich wollte Sie wieder ... Sie wissen schon was ...?“ Ihr Blick beschäftigte sich plötzlich intensiv mit ihren Haarspitzen.

„Ich fürchte schon.“

„Puh.“ Sie hob die Augen wieder. Ihr Gesicht wirkte verwirrt und mädchenhaft. „Dann muss ich mich wohl dafür bedanken, dass Sie mich ertränken wollten.“

Er zuckte mit den Schultern. „Das kalte Wasser scheint jedenfalls seinen Zweck erreicht zu haben.“

„Falls der Zweck derjenige war, dass ich mir eine Erkältung hole ...“

„Oh!“ Er sprang auf und reichte ihr ein trockenes Handtuch von dem Stapel auf dem Badezimmerschränkchen. „Ihr solltet Euch etwas anderes anziehen.“

Benteen erhob sich vom Fußboden, wobei sie Elgins dargebotene Hand geflissentlich übersah. „Mit dem zerrissenen Kleid von heute Morgen und dem nassen jetzt, geht mir meine Garderobe gefährlich zur Neige.“ Sie sah sich im Bad um. „Die Uniform scheinen die sich geholt zu haben. Haben Sie noch etwas in Ihrem Zimmer?“

Elgin nickte und verschwand hinaus.

Kurz darauf saßen sie gemeinsam auf Benteens Bett. Die Terranerin hatte den Bund der zu weiten Hose umgeschlagen und sie gemeinsam mit der Tunika mit einem Stoffgürtel zusammengebunden, so dass sie sich bequem in der Männerkleidung bewegen konnte, ohne darüber zu stolpern.

„Die Frau hat sich also direkt nach meinem Verhalten erkundigt?“

Elgin nickte. „Ja, und sie schien sehr zufrieden zu sein, als sie hörte, dass Ihr mich ...“

„... ja, okay“, unterbrach Benteen ihn hastig. „Das ist also nicht nur meine Einbildung. Sie versuchen, mich zu manipulieren.“

„Eine andere Erklärung kann es nicht geben.“ Elgin hatte die Beine angezogen und sein Kinn auf die Knie gestützt. „Wie immer sie es anstellen, sie benutzen uns und wir können augenscheinlich nichts dagegen tun. An was erinnert Ihr Euch vom heutigen Tag?“

Benteen dachte nach. Dann schüttelte sie den Kopf. „An nicht viel. Es sind eher Eindrücke als klare Bilder. Nozame hat mich dieses Mal alleine in einem kleineren Zimmer empfangen. Sie war recht freundlich. Wir haben geredet ...“ Erneutes Kopfschütteln. „Ich kann mich nicht daran erinnern, über was ... Ich glaube, sie hat mich ...“ Ein Zittern durchlief sie, sie schlang unwillkürlich die Arme um ihren Körper.

„Was hat sie?“ Elgins leise Stimme versuchte sie zu wärmen.

„Nichts ... Ich möchte nicht darüber reden, okay?“

„In Ordnung.“ Nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten, fuhr er fort: „Habt Ihr Nozame davon erzählt, was meine Herrin vor hat?“

Benteen blickte ihn an. In ihren Augen lag Hilflosigkeit über ihr Unvermögen, sich zu erinnern. „Ich weiß es nicht. Ich würde gerne sagen, dass ich das nicht getan habe, aber ich weiß es einfach nicht.“ Mit einem Ruck stand sie vom Bett auf. „Wir müssen hier heraus, ich habe Angst, dass ich vollkommen die Kontrolle über mich verliere. Ich weiß nicht, wozu ich dann alles fähig bin.“

Elgin nickte. Er hatte ihre Augen gesehen, heute Morgen und vorhin, und er wusste, dass die Terranerin unter den geeigneten Umständen zu allem fähig sein würde. Commander Benteen besaß eine Seite, die so hart war, dass sie damit wahrscheinlich sogar Duranium ritzen konnte. Wenn es den Frauen der Königin gelang, diese Seite dominieren zu lassen, würde die Sternenflottenoffizierin ein gefährliches Werkzeug in ihren Händen werden.

„Wir müssen meine Herrin warnen. Wir müssen davon ausgehen, dass sie alles wissen, was wir wissen.“

„Als erstes müssen wir hier heraus. Was danach kommt, werden wir dann besprechen.“ Benteen blickte sich unwohl im Raum um. „Ich kann es mir nicht leisten, in noch einen Putsch hineinzugeraten ...“

* * *


Suidhe stand mit Kira und Admair im Hauptquartier. Sie hatte dem Kommandanten die Nachricht überbracht, dass Bashir optimistisch bezüglich ihrer Schwangerschaft war, und dabei hatte sie erfahren, dass die Bajoranerin vor hatte, den Palast aufzusuchen. Ausgesprochen begeistert war die Wissenschaftlerin nicht darüber gewesen. Sie wusste zwar, dass sie keine Kontrolle über die Sternenflottenoffiziere haben konnte, doch sie wollte auf jeden Fall verhindern, dass die Königin das vielleicht tat. Auch sie hatte von den Gerüchten gehört, dass es sehr schwer war, sich dem Willen der Königin zu entziehen, wenn man sich in ihrer Nähe befand.

Sie hatte versucht, Kira zum Hierbleiben zu bewegen, als am späten Nachmittag der überraschende Erlass eingetroffen war, dass es den Soldaten ihrer Einheit bis auf weiteres nicht mehr erlaubt sei, sich außerhalb ihres Guts zu bewegen.

Suidhe hatte empört versucht, diese Anweisung aufheben zu lassen, doch ihr Gespräch mit dem Palast war so erfolgreich verlaufen wie dasjenige von Kira zuvor.

„Sie haben etwas aus den Gefangenen herausbekommen“, tobte sie. „Sie wagen es nicht, offen gegen uns vorzugehen, also versuchen sie es mit Einschüchterung.“

Kira hatte alles mit verfolgt und ihren Aufbruch dadurch erst einmal verschoben. „Sie können es der Königin nicht wirklich verübeln. Sie versucht dadurch lediglich zu verhindern, dass Sie Ihr Militär gegen den Palast entsenden.“

Suidhe beruhigte sich ein wenig, unterstützt von Admairs starkem Arm über ihrer Brust, mit dem er sie an sich gezogen hatte. „Als wenn ich so dumm wäre, einen militärischen Ausfall zu wagen.“

„Sie hatten ohnehin nicht vor, Ihr Militär einzusetzen, richtig?“

Suidhe ärgerte sich ein wenig über Kiras lauernden Tonfall. Die Bajoranerin traute ihr nicht. Sie versuchte immer wieder herauszufinden, was sie eigentlich geplant hatte. Ihrer friedlichen Lösung schenkte sie keinen Glauben.

„Nein, das hatte ich nicht“, erklärte sie stolz. „Doch ich empfinde diesen Erlass als Beleidigung.“

„Ich fürchte nur, dass wir nun die Hoffnung auf Elgins Freilassung vergessen können“, bemerkte Admair leise hinter ihr.

Suidhe wand sich in seiner Umarmung. Sie hob ihre Hand, um über seine Wange zu streichen. Sie begegnete seinem traurigen Blick. „Es tut mir leid, ich war wieder zu egoistisch“, flüsterte sie. „Wir werden ihn nicht im Stich lassen – er gehört zu uns.“

Admair richtete seinen Oberkörper auf. „Was wollt Ihr, dass wir tun, Herrin?“

Suidhe wandte sich nachdenklich zu Kira zurück. „Es ist immer noch Ihr Wunsch, zum Palast zu gehen?“

„Natürlich. Dieser Erlass hier hat nichts mit mir zu tun.“

„Gut.“ Suidhe machte sich aus Admairs Umarmung los. Sie trat in die Mitte des Raums. „Dann werden wir uns diese Ablenkung zu Nutze machen.“

„Das können Sie nicht tun!“ Kira funkelte sie an. „Sie können mich nicht wieder und wieder für Ihre Pläne benutzen!“

„Tue ich das?“ Suidhe sah sie mit angehobenen Augenbrauen an. „Bitte ich Sie vielleicht um irgendetwas, das sie nicht ohnehin vor hatten?“

„Das ...“

Die Tür wurde aufgestoßen und Fähnrich Mondal rannte aufgelöst in den Raum. Seine Augen waren gerötet, sein Atem ging stoßweise, so als sei er eine lange Strecke ohne Unterbrechung gerannt. „Sie haben ihn!“

Admair fasste Mondals Schulter und setzte ihn auf einen Stuhl. Kira kam mit raschen Schritten herüber.

„Was ist passiert, Fähnrich?“

Beim Anblick seiner Vorgesetzten versuchte er Haltung anzunehmen, doch er war zu sehr außer Atem dazu. „Sie haben Chailleach ... Sie ... ich weiß nicht, ob er noch ... lebt“, seine Stimme versagte für einen Moment. Kira glaubte, dass er in Tränen ausbrechen wollte, doch er riss sich zusammen. „... Sie haben gekämpft, er hat mich angefleht zu fliehen ... mehr weiß ich nicht mehr.“

„Nein.“ Admairs Stimme war tonlos. „Nicht Chailleach, nicht ihn.“

Sein Blick traf denjenigen seiner Herrin. In ihren grauen Augen fand er dasselbe Entsetzen und dieselbe Entschlossenheit. War bei Elgin das Schicksal ungewiss, gab es für Chailleach nur eine Möglichkeit – und die würde er nicht überleben.

„Sie hat ihn sich geholt“, flüsterte Suidhe. „Wir werden das nicht zulassen.“

Mondal hatte inzwischen ein Glas Wasser erhalten, das er langsam ausgetrunken hatte. Er beobachtete das Entsetzen der Herrin und ihres Kommandanten, er konnte ihre Gedanken lesen, und er verstand plötzlich, dass er damals auf der Promenade nicht die Empfindungen eines Sklavenjägers gespürt hatte, sondern eines Mannes, der von seiner Königin ausgesandt worden war, um ihr einen Preis zu bringen. Er spürte, wie sich sein Magen bei diesem Gedanken umdrehen wollte.

Hilflos blickte er zu Colonel Kira auf, die noch bei ihm stand und ihn besorgt ansah.

Wirst du es ihr sagen?

„Sir, ich muss dringend mit Ihnen sprechen – unter vier Augen.“

Kira wunderte sich, sah jedoch die Dringlichkeit in den schwarzen Augen. Sie zog sich mit dem Fähnrich in einen ruhigen Winkel des Raums zurück.

„Was gibt es?“

„Die Abriachaner betreiben genetische Auslese“, flüsterte Mondal. „Sie töten alle Babys, die nicht einem Ideal entsprechen, und verstoßen Personen aus ihrer Gesellschaft, die nicht mehr nützlich sind. Ich habe mit Leuten geredet, die versuchen, denjenigen zu helfen. Doch sie sind zu wenig und zu schwach, um etwas auszurichten ...“ Der junge Mann erzählte der Bajoranerin in raschen, geflüsterten Sätzen alles, was er erfahren und erspürt hatte. Dabei war ihm bewusst, dass auch er begann zu manipulieren, wenn er teilweise Gegebenheiten noch krasser darstellte, um die Empfindungen der Colonel in die Richtung zu steuern, die er gerne haben wollte.

Kira hörte ihm fassungslos zu. Chailleach war der einzige, der die ganze Wahrheit kannte. Ausgerechnet dieser unberechenbare junge Mann ... Sie verstand, warum er es Admair nie gesagt hatte, obwohl er seinen Kommandanten über alles liebte. Admair war Suidhe zu Treue verpflichtet, ein solches Wissen hätte ihn zu sehr belastet, denn seine Herrin hätte sich mit Sicherheit nicht unter solchen Voraussetzungen auf eine Revolution eingelassen. Es war die Konsequenz einer Gesellschaft, die auf Funktionalität ausgerichtet war. Suidhe war sicherlich keine herzlose Frau, doch sie war ebenso ein Kind ihrer Erziehung wie es der Kommandant war. Chailleach war anders, richtig – es war ironisch, dass niemand ahnte, wie anders er war.

Doch dieses Wissen stürzte Colonel Kira in einen Gewissenskonflikt. Konnte sie sich jetzt einfach abwenden? Konnte sie dem Planeten den Rücken zuwenden und sich auf ihre Aufgabe als Sternenflottenoffizier berufen? Konnte sie beiseite stehen? Hatte sie das jemals in ihrem Leben getan?

„Chailleach wollte, dass Sie mir das mitteilen, Fähnrich, richtig?“

Mondal sah sie verwundert an. Ihr Tonfall zeugte von Resignation. „Ja, es war ihm wichtig, bevor er von den Soldaten gestellt wurde.“

„Natürlich.“ Er hatte sie ausmanövriert, wie er sie alle ausmanövriert hatte.

Kira straffte sich, dann trat sie stolz zu den Abriachanern hinüber.

„Wir werden es gemeinsam angehen. Und es wird kein Blutvergießen geben.“
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