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von Amber, Emony

Woche zwei

Bones

Leonard eilte mit großen Schritten aus der medizinischen Abteilung heraus und ging Richtung Wohnheim. Der Abend war kalt und die Luft unerwartet klar, der erste Frost ließ sich erahnen. Außer dem Arzt war niemand draußen auf dem Akademiegelände zu sehen.

Klar, wer verbrachte den Samstagabend schon hier, dachte Leonard grimmig. Er hätte eigentlich auch vor einigen Stunden Feierabend gehabt, aber dann kam noch ein Orioner mit einer schweren Schädelfraktur, das passende andorianische Gegenstück mit gebrochenem Handgelenk und so war es immer später geworden.

Natürlich, er hätte nicht bleiben müssen, er hätte in sein Quartier gehen und den Abend anders verbringen können. Aber die traurige Tatsache war, wie er sich zähneknirschend eingestehen musste, dass die einzige erfreuliche Abendgestaltung mehrere Lichtjahre entfernt irgendwo im All Unsinn machte.

Leonard seufzte unbewusst und blieb stehen. Sein Blick suchte den klaren Nachthimmel ab, in der irrsinnigen Hoffnung, einen Hinweis zu bekommen, wo sich sein bester Freund Jim Kirk gerade befand.

"Verdammt", knurrte er und schlug seinen Jackenkragen hoch. Er inhalierte tief die kalte Luft und schüttelte den Kopf. Seit einer Woche schwirrte dieser Grünschnabel jetzt da oben herum, spielte Captain und ließ verdammt nochmal nichts von sich hören!

Es war nicht unbedingt so, dass Leonard nicht in Jims Kommandofähigkeiten vertraute, aber Jim schaffte es einfach mit unglaublichem Talent, sich in noch unglaublichere Schwierigkeiten zu bringen.

Er seufzte noch einmal tief und ging zu seinem Quartier. Dort angekommen warf er zuerst einen Blick auf seine Kommunikationskonsole und hob die Augenbrauen. Eine neue Nachricht!

Schnell zog er seine Jacke aus, warf sie achtlos über die Stuhllehne und öffnete die Nachricht. Jim strahlte ihn an und ein Lächeln schlich sich in Leonards Mundwinkel. Das warme Gefühl, das sich mehr und mehr in seinem Bauch ausbreitete, schob Leonard darauf, dass er endlich in seinem Quartier angekommen war und allmählich entspannte.

Hey, Bones ..."

Er hörte und sah sich die Nachricht bis zum Ende an, nicht ohne jedoch zwischendurch Kommentare wie „Na sicher ...“ oder „Pappenheimer“ abzugeben.

Gewiss war Jim kein Kind mehr. Natürlich benahm er sich dennoch wie eines und selbstverständlich brauchte er ihn. Und auf der Erde geblieben zu sein, war natürlich kein Grund, nicht an den Fähigkeiten von Jims Bordarzt zu zweifeln.

Vor sich hin grummelnd ging Leonard durch sein Quartier und räumte auf. Wobei er feststellen musste, dass eine Woche ohne Jim seinem persönlichen Ordnungsempfinden sehr wohl tat.
Müde ließ der Arzt sich auf sein Sofa fallen und sein Blick fiel auf die Fleecedecke, die Jim ihm im vorigen Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. „Damit du was zum Kuscheln hast, wenn ich nicht da bin!“, waren Jims Worte dazu. Dabei hatte er sein breitestes Lächeln gezeigt und Leonard mit großen blauen Augen angestrahlt.

Leonard seufzte und zog die Decke über sich. Natürlich hatte sein Freund sich jeden Abend selbst darin eingewickelt und nicht selten sogar darin geschlafen – zu allen möglichen und unmöglichen Uhrzeiten. Unbewusst schnupperte Leonard an der Decke, sie roch nach Jim. Warm und angenehm... fast glaubte er, seinen besten Freund neben sich zu spüren, als ihm die Augen zu fielen ...

***

Als Leonard aufwachte, warf er einen verwirrten Blick umher und blieb an der Kommunikationskonsole hängen, auf der noch immer Jims fröhliches Gesicht ihm entgegen grinste.

„Als wärest du gar nicht weg ...“ brummelte er und stand auf. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm an, dass er noch zwei Stunden bis zu seiner ersten Vorlesung hatte. So tief und lange hatte er seit Ewigkeiten nicht mehr geschlafen. Er ging ins Bad, duschte sich und ließ sich dann mit einer großen, dampfenden Tasse Kaffee an seinem Schreibtisch nieder.

Guten Morgen, Jim!

Schön zu sehen, dass es dir körperlich gut geht. Oder ging. Wer weiß, was du auf deinem tollen Planeten getrieben hast.
Bevor ich es vergesse: Iss bitte keine Früchte, die du nicht kennst, auch und erst recht nicht, wenn sie besonders schmackhaft aussehen!

Was gab es dort zu sehen? Vermutlich hast du den Außentrupp selbst angeführt?

Hier beginnt der Herbst, du kannst dir nicht vorstellen, wie kalt es gestern Abend war. Es hätte dir gefallen, der Himmel war so klar, dass du deine geliebten Sterne und fremden Planeten sehen konntest.


Leonard lächelte und trank einen Schluck Kaffee. Jim hätte vermutlich die ganze Zeit fröhlich erzählt, welches Sternenbild gerade wo zu sehen war.

Was macht die Crew? So wie ich dich kenne, hast du mit der einen Hälfte schon geschlafen und dich mit der anderen geprügelt. Zumindest sollte sie dir nicht mehr fremd sein.

Ernsthaft, Jim, mach dir bitte keine Sorgen. Du bist ein verdammt netter, sonniger Junge, jeder möchte mit dir befreundet sein. Außer, er möchte dich zusammenschlagen. Aber ich hoffe, du als Captain gehst mit gutem Beispiel voran. Nein, ich bin mir sicher, du machst es gut und richtig. Ehrlich, Jim.


Kaum merklich schüttelte er den Kopf. Natürlich würde Jim seinen Job gut machen. Er konnte sich keinen besseren Kadetten für diesen Posten vorstellen. Jim musste nur noch lernen, sein Temperament etwas zu zügeln und seinen Kopf nicht nur als Punchingball zu nutzen.

Jojo geht es sehr gut. Am nächsten Wochenende habe ich frei, da kommt sie mich besuchen. Sie fragt viel nach dir, Jim. Und ich soll dich herzlich grüßen, sie vermisst dich ...

Er machte eine Pause und sah nachdenklich auf den Bildschirm. „Ich dich auch“, schoss es ihm durch den Kopf.

Sie wird dir sicherlich eine Nachricht schicken wollen.
Okay, Jim, ich muss los, meine erste Vorlesung beginnt bald und ich wollte vorher noch in der Krankenstation vorbeischauen.

Pass auf dich auf und melde dich bald wieder bei mir.

Leonard.


~*~

Jim

Jim führte den ersten Landungstrupp an, der Fuß auf den Planeten setzte und die kühle Luft einatmete, welche von den umgebenden Bergketten herab wehte. Sie hatten absichtlich die Tagseite für eine erste Erkundung ausgewählt, dennoch waren es kaum zehn Grad über Null. Als Sommermensch würde Jim nicht auf diesem kühlen Planeten leben wollen, aber der Forscher in ihm konnte es kaum erwarten, erste Daten über Flora und Fauna zu sammeln und auszuwerten.

„Solkar, Schmitt – Sie beiden gehen Richtung Südosten“, wies er den vulkanischen Geologen und die Botanikerin an. „Ivanov, Sie kommen mit mir.“ Der russische Exobiologe nickte sein Einverständnis.

Sie alle waren Kadetten im dritten Jahr an der Akademie, dennoch akzeptierten sie Jims Anweisungen, als wäre er ranghöher. Er musste zugeben, dass er das Gefühl genoss. Vor allem, nachdem er drei Jahre lang darauf trainiert worden war, den ranghöheren Offizieren Respekt zu zollen und ihnen zu gehorchen, auch wenn er oftmals anderer Meinung als sie war.

Die beiden Gruppen gingen in jeweils entgegengesetzte Richtungen, scannten die Gegenden nach möglichen Gefahren ab und als keine unmittelbare Gefahr drohte, veranlasste Jim, weitere Außenteams auf den Planeten beamen zu lassen. Insgesamt beamten rund zwanzig zusätzliche Kadetten auf die Oberfläche und begannen sich auf Jims Anweisung hin zu verteilen, während ein Großteil der Crew an Bord des Raumschiffs blieb, um erste Auswertungen vorzunehmen.

Zu Jims Glück war Ivanov kein allzu gesprächiger Mann. Jim war nicht unbedingt nach Unterhaltung zumute, während er seine eigenen Scans vornahm, um die Tierwelt des Planeten zu katalogisieren. In Gedanken war er auf der Erde bei Bones und fragte sich, was sein bester Freund wohl gerade tat? Ob er jemanden operierte oder ob er in einer Vorlesung saß?

Er vermisste Bones. Vermisste es, sich abends nach einem langen Tag bei einem Whiskey oder Bier mit seinem Freund zu unterhalten. Manchmal waren es ganz belanglose Gespräche gewesen, dennoch aber genauso wichtig für Jim, wie jene von Belang.

„Captain“, sprach Ivanov ihn unvermittelt an und riss Jim damit aus seinen Gedanken.

Er wandte sich zu dem Kadetten um. „Hm?“, machte er nur und bekam große Augen, als er das vogelartige Tier sah, das gut und gern so groß wie ein irdischer Geier war. Allerdings hatte das Tier kein Gefieder. Jim fühlte sich bei den Flügeln eher ein wenig an Fledermäuse erinnert, als das Wesen ihnen einen flüchtigen Blick auf seine Spannweite gewährte. „Wow!“, hauchte der angehende Captain voller Ehrfurcht. Bones würde sicher sofort in die Defensive gehen. Jim allerdings freute sich über das Exemplar wie ein Schneekönig und zückte einen Fotoapparat, den er zur vollständigen Dokumentation auf die Exkursion mitgebracht hatte. „Erschrecken Sie es nicht, Ivanov. Ich will ein Bild machen“, erklärte Jim und trat ganz langsam ein paar Schritte näher an das Tier heran, ehe er einen ersten Blick durch die Linse der Kamera warf und das Bild scharfstellte.

Ivanov stellte sich ein wenig hinter Jim, scannte das Lebewesen aus sicherer Entfernung, um seine biologischen Daten aufzuzeichnen. „Das ist unglaublich! Es hat in gewisser Hinsicht Ähnlichkeit mit dem prähistorischen Pteranodon, das vor Millionen Jahren auf der Erde lebte.“

Nach ein paar Aufnahmen aus verschiedenen Winkeln drückte Jim die Kamera in Ivanovs Hand. „Ich frage mich, ob er gefährlich ist“, dachte Jim laut nach und ging in geduckter Haltung ein paar Schritte auf das Tier zu.

„Ich halte das für keine gute Idee“, sagte Ivanov leise, um das Tier nicht zu erschrecken. „Das ist kein simpler Vogel, Captain. Vermutlich ist es ein Jäger. Es hat Zähne im Schnabel …“

Jim drehte sich flüchtig zu Ivanov um und schüttelte amüsiert den Kopf. „Wir sind Forscher, schon vergessen?“

„Wir sollten es lieber mit einem Chip versehen und ihm ein paar Wochen lang aus sicherer Entfernung folgen“, schlug der Russe vor.

Es juckte Jim in den Fingern, das Tier zu streicheln. Er wollte zu gern wissen, wie sich seine Haut anfühlte. Ob es sich warm oder vielleicht sogar kalt anfühlte, ob es rau oder weich war. Das Tier spannte die gewaltigen Flügel einmal mehr auf und gab einen markerschütternden Schrei von sich, den Jim als deutliche Warnung auffasste. Langsam ging er einige Schritte rückwärts und brachte wieder Abstand zwischen sich und den ‚Vogel‘. „Sie haben vermutlich Recht, Ivanov. Wir betäuben und chippen ihn.“

Die Prozedur war leichter gesagt als getan. ‚Ducky‘, wie Jim die Kreatur getauft hatte, erwies sich zunächst als sehr resistent gegen die üblichen Sedativa, die sie mit sich führten. Gerade als die Kadetten sich sicher waren, dass das Tier endlich betäubt war, bäumte es sich erneut mit letzter Kraft auf und schlug mit den Flügeln um sich.

Jim trug einen heftigen Kratzer davon, der sich beinahe über seine gesamte rechte Gesichtshälfte erstreckte. Dennoch wollte er ‚Ducky‘ chippen, ehe er sich bereit erklärte, zurück an Bord zu beamen, um sich medizinisch versorgen zu lassen. Ivanov blieb in sicherem Abstand zu ‚Ducky‘ auf der Oberfläche, um den Vogel vor etwaigen anderen Tieren zu schützen, solange seine Betäubung anhielt.


Einige Stunden später hatte Jim es sich nach ärztlicher Versorgung in seinem Quartier auf dem Bett bequem gemacht und aktivierte den Bildkommunikator, den er sich auf den Schoß gelegt hatte. Er versuchte, für Bones zu lächeln, aber die Narbe in seinem Gesicht pulsierte schmerzhaft und brannte fürchterlich.

Hey, Bones!

Bevor du ausflippst … es ist nicht so schlimm, wie es gerade aussehen mag. Ehrlich. Dr. Ch’Tara hat mir versichert, dass keine permanente Narbe zurückbleiben wird, solange ich die nächsten fünf Tage täglich zur Nachbehandlung komme.


Die andorianische Ärztin hatte ihn getadelt, was Bones ganz sicher gefallen hätte. Sie war eine von fünf fertig ausgebildeten Offizieren, die jedoch nur in unterstützender Funktion an Bord waren und sich nach Möglichkeit im Hintergrund hielten. Der Bordarzt in Ausbildung hatte mit der anaphylaktischen Reaktion eines anderen Kadetten alle Hände voll zu tun gehabt und Ch’Tara hatte nicht riskieren wollen, dass Jim sich eine Infektion durch die klaffende Wunde zuzog. Davon abgesehen war das Zeitfenster einigermaßen schmal, indem eine solche Wunde verarztet werden sollte, wenn man keine permanente Narbe zurückbehalten wollte.

Du hättest die Kreatur sehen sollen, Bones! Der Planet bietet eine unglaubliche Vielfalt an Tieren. Dieser Vogel ist größer als alles, was wir auf der Erde haben. Zuerst dachte ich, er sei nicht größer als unsere Geier auf der Erde, aber als er sich vollständig streckte und seine Flügel ausbreitete … Ehrlich, das war unglaublich eindrucksvoll!

Jim strahlte in die Kamera und verbiss sich die Schmerzen, die weißglühend durch sein Gesicht zuckten.

Ach, Bones. Du hättest mich wahrscheinlich abgehalten, dem Vieh zu nahe zu kommen, ehe die Betäubung richtig gewirkt hat. Das zeigt doch wieder mal, dass ich ohne dich einfach total aufgeschmissen bin. Du fehlst mir!

Ich hoffe, du kannst dein Wochenende mit Joanna genießen. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich bin ein Überlebenskünstler. Ein paar Kratzer hier und da bringen niemanden um und mich schon gar nicht.

Grüß die kleine Maus ganz lieb von mir und drück sie fest.

Jim
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