TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

The pirate's gospel

von Janora

Besser arm dran, als Arm ab

Als Jim blinzelte, war es hell und ruhig um ihn herum.
Generell war das kein gutes Zeichen, wenn die letzte Erinnerung der wahrscheinlich schlimmste Sturm der vergangenen Jahre war. Aber er bemerkte, dass seine Klamotten noch immer nass an ihm klebten und auch seine Schulter schmerzte derartig stark, dass er sich sicher war, nicht tot zu sein.
Und er konnte Atmen. Ein herrliches Gefühl, wenn seine Lunge dabei nicht brennen würde. Langsam setzte er sich auf und ordnete seine Glieder, bis er sich sicher war, dass alle noch an Ort und Stelle waren und er keines verloren hatte.
Als er sich umschaute, erblickte er Strand und dahinter grünes Buschwerk, das sich zu einem Dschungel verdichtete. Auf der anderen Seite strahlte ihm ein blaues, völlig ruhiges Meer entgegen.
Jim bemerkte, dass er noch immer das Seil um seine Hüfte gebunden hatte. Auch wenn es jetzt nur noch einen guten Meter lang war. Er knüpfte es mit seinen vom Wasser aufgeweichten Fingern auf, als er einen krächzenden Ruf vernahm.
„Captain!“
Als er aufblickte, sah er Spock auf sich zukommen. Dieser humpelte und hatte Schnittwunden im Gesicht, sah aber sonst auch sehr lebendig aus.
„Spock!“, rief er freudig.
Erleichtert, dass es seinem Captain gut ging, packte Spock ihn und zog ihn auf die Beine.
„Wo ist das Schiff?“, fragte Jim ihn und streckte sich vorsichtig. Es zog und schmerzte an einigen Stellen seines Körpers, vor allem pochte es weiterhin unschön an seiner Schulter, aber etwas besorgniserregendes schien nicht dabei zu sein. „Und die Crew?“
„Ich weiß es nicht“, gab Spock zu. Seine Stimme war rau und sein Mund trocken vom vielen Salz.

Die beiden hatten genau zwei Möglichkeiten: entweder konnten sie losmarschieren und die Gegend erkunden, dabei möglicherweise auf Trinkwasser oder etwas Essbares stoßen. Oder auf etwas, das versuchen würde sie zu töten. Sie waren beide unbewaffnet und niemand wusste, was auf dem fremden Land auf sie lauerte.
Alternativ konnten sie hier bleiben und warten.
Ihre Blicke trafen sich und sie gingen los. Jim schlang sich das Seil zuvor noch quer um den Oberkörper. Nur für alle Fälle.

Da am Strand bis auf Treibgut nichts zu sehen war und sie vor allem erst einmal etwas zu trinken brauchten, steuerten sie mitten in den Wald hinein.
Eine so grüne Flora hatten sie schon lange nicht mehr erblickt. Es war, als wären sie in einer ganz anderen Welt gelandet. Pflanzen, die sie noch nie zuvor gesehen hatten, mit Blättern so groß wie sie selbst, stellten sich in ihren Weg. Bunte Blüten an seltsamen Gewächsen und Buschwerk, das teilweise so dicht war, dass sie immer wieder Haken schlagen mussten, um es zu umgehen.
Außerdem stießen sie auf viel Leben. An der Grenze zum Strand waren es noch Schildkröten gewesen, hier im Landesinneren sahen sie Vögel, Insekten und eine Vielzahl von Amphibien. Fasziniert betrachtete Jim einen giftblauen Frosch, der auf einem Farnblatt saß und seine Kehle in einem regelmäßigen Rhythmus aufblähte.
Die Tiere schienen die beiden Menschen nicht als Feinde zu sehen. Zumindest ergriffen sie nicht die Flucht, wenn sie in Sicht kamen, und so blieb auch der Frosch still sitzen als Jim die Hand nach ihm ausstreckte, während der Pirat seinerseits neugierig von einem gelb-grünen Papagei angestarrt wurde. Spock packte Jims Handgelenk, bevor dieser den Frosch berühren konnte.
„Wir sollten vorsichtig mit dem sein, was wir nicht kennen“, meinte er auf den fragenden Blick seines Captains hin. Dieser verzog das Gesicht.
„Was kann so ein kleiner Frosch denn schon groß anrichten? Es ist ja nicht so, als würde er mir den Kopf abbeißen können.“
Spock erwiderte darauf nichts, aber Jim nahm es als Zeichen, es lieber nicht darauf ankommen zu lassen. Als er den Kopf wieder zu dem Tier drehte, was dieses verschwunden.
Als sie ihren Weg fortsetzen wollten, hörten sie ein Rascheln, wie von Bewegung in den Büschen, bevor sie auch Stimmen vernahmen.
„..bei Neptuns Barte, kein richtiger Weg!“
„Wer soll auf so einer Insel auch bitte Wege anlegen?“
Vor Erleichterung wäre Jim beinahe über eine Wurzel gestolpert. „Uhura! Scotty!“, rief er dann.
Kurz herrschte Stille.
„Captain?“, kam es dann westlich von ihnen und er und Spock schlugen diese Richtung ein.
„Ja, hier“, erwiderte er und anscheinend waren die anderen beiden ihnen entgegen gekommen, denn kurz darauf, trafen sie, als sie ein paar weitere Palmenblätter beiseite gedrückt hatten, aufeinander.
„Fortunas Glücksrad soll mich erschlagen“, lachte Scotty, als er seinen Captain und den ersten Maat sah. Als er sie angrinste, konnte man deutlich eine neue Zahnlücke entdeckten. Ansonsten schien er weitestgehend unverletzt, bis auf einige Schnitte und Schürfungen. Außerdem fehlte sein Hemd, das das Meer ihm wohl genommen hatte. Auch Uhura war wohlauf und nicht minder erleichtert, dass sie die beiden getroffen hatten.
„Ihr habt nicht zufällig mit der Enterprise hier angelegt?“, fragte sie Jim, der mit dem Kopf schüttelte.
„Wir wurden an den Strand gespült“, erwiderte dieser. Langsam beschlich ihn eine ungute Ahnung, was sein Schiff betraf.
„Aalfischdreck“, fluchte der Schotte derweil, dem das Schiff nicht minder am Herzen lag.
„Ich schlage vor, dass wir uns zunächst auf die Suche nach Trinkwasser machen.“ Spock dachte glücklicherweise pragmatischer als sie alle und wenn man bedachte, dass sich ihr Aufenthalt hier noch zu verlängern schien, war das ein vernünftiger Vorschlag.
„Aye, nicht weit von hier ist ein kleiner Bach.“ Scotty zeigte in die Richtung, aus der er und Uhura gekommen waren. Sowohl Spock als auch Jim begrüßten diese Botschaft und sie machten sich auf den Weg.

Unterwegs tauschten sie sich kurz darüber aus, was seit dem Sturm geschehen war. Der Schotte war, ebenso wie Uhura, während des Sturms über Bord gegangen. Im Wasser hatte ihn das Stück eine Planke an der Oberfläche gehalten und er hatte sich irgendwann auf die Insel retten können, von der sie wohl gar nicht so weit entfernt gewesen waren. Nachdem der Sturm sich gelegt hatte – Scotty erinnerte sich auch nicht mehr an alle Details, wann das war, denn er war auch nicht durchgängig bei Bewusstsein gewesen – hatte er sich dann auf die Suche nach irgendeinem Zeichen von der Crew begeben. Am späten Vormittag war er dann auf Uhura getroffen, die eine ganz ähnliche Geschichte zu erzählen hatte. Die letzten Stunden waren die beiden dann zusammen über die Insel geirrt, in der Hoffnung, dass noch mehr hierher gelangt waren.
Ein paar Stunden – Jim schaute nach oben, doch die dichten Baumkronen verdeckten den Blick zum Himmel beinahe vollständig, sodass es unmöglich zu bestimmen war, welche Tageszeit sie gerade hatten. Er war sich allerdings sicher, dass er doch länger da am Strang gelegen hatte, als zunächst angenommen.

Nachdem sie Scotty und Uhura etwas eine halbe Meile gefolgt waren, standen sie vor einen kleinen, plätschernden Bach.
„Wunderbar“, freute sich Jim und tunkte sein Gesicht in das Wasser, um gierig davon zu trinken. So entging ihm das Lachen des Zimmermannes darüber und Uhuras amüsiertes Augenrollen. Spock war, trotz seines nicht minder großen Durstes, zum Glück kultivierter in seinem Benehmen.

„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Scotty, als sie wieder bereit waren, um aufzubrechen. Kollektiv drehten sie den Kopf zu Jim. Dieser hatte sich dazu auch bereits ein paar Gedanken gemacht.
„Wir gehen zurück zum Strand. Vielleicht haben wir Glück und finden die Enterprise.“ Oder das, was davon übrig war. „Und unterwegs schauen wir, wer uns noch so in die Arme läuft.“
Uhura biss sich auf die Lippe. „Das ist so ... wage“, seufzte sie, lief jedoch an Spocks Seite mit.


Sie waren eine gefühlte Ewigkeit unterwegs. Da sich keiner so richtig sicher war, welche Richtung sie einzuschlagen hatten, probierten sie ihr Glück einfach ins Blaue hinein. Beziehungsweise ins Grüne.
Irgendwann wurde die Landschaft etwas lichter und änderte sich von Wald zu Gras, das sich über mehrere Meilen vor ihnen erstreckte und dann hinter einem Hügel verschwand. Es war eindeutig kein Meer zu sehen, aber sie wollten auch nicht umdrehen, sondern beschlossen, den hohen Punkt der Insel, sollte es denn wirklich eine sein, dort in der Ferne zu nutzen, um sich vielleicht besser zu orientieren.
Das Gras reichte ihnen etwa bis zu den Knien und war dicht. Zwischendurch gab es nur große Lücken von Wasserlöchern, an denen sich einige Erdmännchen und verschiedene Arten von langbeinigen Vögeln aufhielten. Auch diese Tiere störten sich nicht daran, als die Piraten durch ihre Reihen liefen.
Immerhin würden sie nicht verhungern, dachte Jim.

Als sie den Hügel erklommen und beinahe oben angekommen waren, bemerkten sie, dass es dahinter gar nicht weiter ging. Zuerst sahen sie nur Himmel. Dann das Meer. Der Hügel endete an einer Stelle als steiler Abgrund. Und als sie diesen erreichten, hätte Jim am liebsten laut gejubelt. Unter ihnen, am anderen Ende der felsigen Erde, lag eine Bucht. Auf dem hellen Sandstrand war nach dem Sturm alles mögliche an Treibgut angeschwemmt worden, sowie der größte Teil seiner lebendig gesund aussehenden Crew. Und sein Schiff.
Die Enterprise lag schräg im flachen Wasser, steckte ohne jeden Zweifel im Grund fest, doch sie war in einem Stück. Jim hätte kaum glücklicher sein können. Noch dazu lebten seine Leute, waren bereits dabei ein Lager am Strand aufzuschlagen.
Einer hatte sie da oben stehen sehen und rief etwas, woraufhin sich alle Köpfe zu ihnen drehten. Jim winkte und bekam es mehrfach erwidert. Frohe Rufe erklangen, denn alle waren froh, dass noch weitere überlebt hatten, vor allem, dass der Captain darunter war.
„Sehen wir zu, dass wir darunter kommen“, meinte dieser mit neuer Motivation, die alle ansteckte, und sie begannen ihren Abstieg.
Da die Felswand selbst zu steil war und keiner riskieren wollte sich bei einem Sturz das Genick zu brechen, schlugen sie einen Bogen und suchten sich einen anderen Weg. Der grüne Hügel verwandelte sich bald in kahlen Stein und sie mussten immer wieder ausweichen und Pfade suchen, die besser begehbar waren, weswegen der Weg zum Lager länger dauerte, als gedacht. Doch schließlich erreichten sie den Strand und wurden freudig begrüßt.
Zu Jims Erleichterung war Bones, den er eben nicht hatte ausmachen können, der erste, der ihn in seine Arme zog.
„Gott, Jim, du verdammter ... du lebst!“, seufzte der Arzt, hörte aber das leise Ächzen, als dessen Schulter bei der Umarmung zu sehr strapaziert wurde, und hielt ihn sofort auf Armeslänge entfernt, um ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. „Bist du verletzt?“, fragte er besorgt, woraufhin Jim den Kopf schüttelte.
„Alles noch dran. Bloß etwas durchgeschüttelt“, versicherte er ihm, doch Leonard schien nicht überzeugt.
„Ich behalte dich im Auge.“
Nichts lieber als das.

Auch Sulu war an die Seite des Captains getreten und strahlte ihn mit mehreren Schürfwunden im Gesicht an. „Neptun mochte dich wohl nicht, dass er dich so schnell wieder ausgespuckt hat.“ In seiner Stimme schwang so viel Erleichterung mit, dass Jim befürchtete, er würde ihm auch gleich um den Hals fallen. Er legte Sulu eine Hand auf die Schulter und bekam die Geste erwidert.
„So schnell werdet ihr mich nicht los“, erwiderte er und Sulu nickte bloß. Er hatte Kirk wirklich schon für verloren geglaubt.“
„Danke, dass du sie heil da raus gebracht hast“, nickte Jim zur Enterprise hin.
„Immer, Captain“, lächelte Sulu.

Einer bekam von all der Wiedersehensfreude nichts mit. Als die Neuankömmlinge begrüßt wurden, war Scotty nämlich, die Crew nicht beachtend, an dieser vorbei gegangen, und stand jetzt knietief im Wasser, um selig die Enterprise anzulächeln.
Diese zurück in Fahrtwasser zu bringen, würde die erste Aufgabe sein, nachdem alle an Land versorgt waren.

Kirk ließ sich einen Statusbericht geben.
Die meisten waren mit dem Schiff, das der Sturm vor diese Insel geworfen hatte, angekommen. Einige waren vermisst, aber die Hoffnung war groß, dass sie ebenso wie die vier überlebt hatten und noch auftauchten.
Man hatte einige Vorräte vom Schiff mitgebracht, um zu verschnaufen und zu Kräften zu kommen, bevor die eigentlich Arbeit begann.
McCoy hatte seine Tasche bei sich und versorgte sämtliche Verletzungen, die sich zum Glück meist nur als Prellungen und Schürfungen herausstellten. Fortuna war ihnen Hold gewesen.
Jim nickte zufrieden. Das war besser, als er es erwartet hätte, und er gab seine Anweisungen für das weitere Vorgehen.
Unter anderem schickte er Scotty auf das Schiff, damit er die genaue Tragweite der Schäden unter die Lupe nehmen konnte.

Da sie noch in der Nähe des Äquators waren, waren Tag und Nacht beinahe gleich lang, weswegen sie einen guten Zwölf-Stunden-Rhythmus hatten. So hatten sie nicht mehr allzu viel Zeit, sämtliche Vorkehrungen für die Nacht zu treffen, die sie auf dem unbekannten Land verbringen würden. Andererseits waren sie daran gewöhnt, auch unter freiem Himmel zu schlafen.

Als Scotty später wieder zu Jim trat, sah er recht unzufrieden aus.
„Wie schlimm ist es?“, fragte dieser ohne Umschweife.
„Lausig“, brummte der Schotte und kratzte sich am Hinterkopf. „Zwei Drittel vom hinteren Mast hat's erwischt. Das Segel ist auch zerfetzt. Außerdem muss das Steuer geflickt werden. War ein harter Ritt. Im Bauch ist jede Menge Wasser. Und ein Teil der Ladung hat sich gelöst. Das ist vielleicht ein Chaos da unten. Schlimmer als der Keller meines Großvaters. Wir sitzen bestimmt eine Woche hier fest.“
Jim seufzte, als er das hörte. Aber er kannte den Zimmermann und wusste, wozu dieser fähig war.
„Wir packen das, Scotty. Alle werden mit anpacken.“
„Alle dürfen sich erst einmal um das Wasser und die Fässer kümmern“, erwiderte dieser. Außer ihm würde sonst niemand Hand an das Schiff legen. Zumindest nicht ohne Aufsicht. Da war er eigen.
Die beiden wurden unterbrochen, als sie lauter Rufe hörten.

Innerhalb der letzten Stunde waren ein paar Piraten los gezogen, um die nähere Umgebung zu erkunden und auch, um nach weiteren Überlebenden zu suchen.
Tatsächlich hatten sie noch jemanden gefunden, den sie beim Laufen allerdings stützen mussten. Und das war nie ein gutes Zeichen.
Hendorff war bei Bewusstsein, denn er wimmerte und gab andere Schmerzenslaute von sich.
Der Doktor wurde gerufen und Leonard eilte sofort hinüber, um sich darum zu kümmern. Allerdings sah er auf den ersten Blick, was Sache war, und es gefiel ihm überhaupt nicht: der gesamte untere Teil von Hendorffs Arm war zerdrückt und stand in einem merkwürdigen Winkel zum Körper. Außerdem hatte er am ganzen Oberkörper offene Wunden, die unter der zerrissenen Kleidung zu sehen war.

„Verdammt“, knurrte Leonard und kniete sich neben den verletzten Mann, der im Sand abgelegt worden war. Er untersuchte den Arm genauer, bekam dafür von Hendorff einen Fluch und mehrere Beleidigungen an den Kopf geworfen, bevor er sich die anderen Wunden besah.
Die Piraten waren näher gekommen, beobachteten ihren gepeinigten Kameraden und verzogen dabei die Gesichter. Keiner wollte sich die Schmerzen ausmalen, die eine solche Verletzung verursachen musste.
Schließlich stand Leonard auf und sah sich um. Er brauchte Scotty, konnte den Zimmermann aber nirgends entdecken. Stattdessen trat Jim an seine Seite.
„Bones, du kannst ihm doch helfen, oder?“, fragte er, bevor der Arzt auch nur den Mund öffnen konnte.
„Ich brauche eine Säge“, erwiderte dieser, anstatt auf die Frage einzugehen.
Jim blickte ihn entgeistert an. „Du willst ihm den Arm absägen? Hier?“
„Nicht meinen Arm“, jammerte Hendorff, wurde jedoch ignoriert, denn Bones rollte entnervt mit den Augen.
„Nein, ich möchte ihm mit der Säge ein munteres Lied spielen. Natürlich nehm ich den Arm ab. Der ist nicht mehr zu gebrauchen.“
Der Captain blickte hinab zu dem Verletzten und schürzte die Lippen. Es gefiel ihm nicht. Er wusste auch, dass eine solche Operation immer ein großes Risiko war. Aber er vertraute dem Urteil des Arztes und auch seinen Fähigkeiten.
„Gut“, erwiderte er schließlich, woraufhin Bones schnaubte.
„Ich habe dich nicht um Erlaubnis gebeten“, knurrte er, doch Jim hörte ihm nicht zu. Stattdessen rief er nach Chekov, der herbei gelaufen kam.
„Aye, Keptin?“
„Du musst ein paar Sachen für Bones vom Schiff holen“, erklärte er und blickt dann zum Arzt. „Dann hast du Zeit alles vorzubereiten.“
Leonard nickte. Er mochte es zwar nicht, wenn ihm jemand vorschrieb, wie er seine Arbeit zu erledigen hatte, aber er war auch nicht darauf erpicht eines der vielen Taue, die von der Enterprise hingen, hinaufzuklettern und auf den schief liegenden Planken herumzurutschen. Also erklärte er dem Jungen, was er außer einer Säge sonst noch brauchte, und dieser eilte los.

Anschließend wandte er sich zu den anderen.
„Ich brauche zwei Männer, die ihn festhalten. Und jemanden, der mir assistiert. Am besten jemanden, der nicht gleich dabei umfällt.“ Seiner Erfahrung nach war das Arbeiten am offenen Fleisch, das noch am lebendigen Menschen hing, nicht jedermanns Sache. Und er brauchte niemanden, der es sich nach dem ersten Schnitt dann doch anders überlegte.
Zu seiner Überraschung löste sich eine blonde Frau aus der Menge.
„Ich kann das machen“, erklärte sie, sah jedoch den skeptischen Blick des Arztes. „Wenn Ihr glaubt, dass ich das nicht schaffe, nur weil ich eine Frau bin, dann spart Euch Eure Worte! Meine Ma war Hebamme und ich hab ihr als Kind oft geholfen. Mit Blut, Schmerz und schreienden Menschen kenn ich mich also ebenso aus wie Ihr!“
„Gut“, erwiderte Leonard daraufhin ohne weitere Einwände.

Als Chekov zurückgekehrt, hatte Leonard die anderen Piraten bereits zurück an ihre Arbeit geschickt.
Leonard betrachtete Hendorff mit zusammengezogenen Brauen. Er hatte nichts, womit er den tapferen Seefahrer betäuben konnte. Das gestaltete die ganze Sache nicht einfacher. Opium war nicht zur Hand und den guten, alten Schlag auf den Hinterkopf wollte er nicht riskieren, um nicht noch mehr Schaden anzurichten. Stattdessen ließ er sich eine Flasche Rum bringen und gab ihm einen großen Schluck davon zu trinken.
Den beiden Männern, die sich freiwillig gemeldet hatten, gebot er, den Verletzten am Oberkörper und den Beinen festzuhalten, während er sich mit der blonden Frau neben den Arm kniete. Unter diesen hatten sie eine Holzplanke untergelegt, um einen festen Untergrund zu haben und Leonard band ein Seil eng um den Oberarm, um die Blutzufuhr zu unterbringen. Er schaute zu seiner Assistentin, die den Blick erwiderte.
„Wenn Ihr mich jetzt noch mal fragt, ob ich mir hiermit sicher bin, dann fühle ich mich wirklich beleidigt, Doc. Also fangt jetzt endlich an.“
Leonards Mundwinkel zuckten, aber er war zu konzentriert, um darüber schmunzeln zu können. Er nahm eine Schnur zur Hand, die er unter Hendorffs Ellenbogen, etwa drei Finger oberhalb der ersten Quetschung, um den Arm legte.
„Festhalten“, gebot er ihr und auch den anderen beiden Männern, während er ein Messer zückte. Die Klinge tränkte er mit Alkohol, um es zu säubern, bevor er es neben der Schnur ansetzte. Ein kurzes Nicken war das einzige Zeichen, das er gab, bevor er anfing.
Als erstes musste er ringsum, immer an der Schnur als Leitfaden entlang, die Haut aufschneiden. Sofort trat Blut hervor.
Hendorff zuckte auf und fluchte leise, konnte aber ruhig gehalten werden.
„Schnur weg und die Haut zurückziehen.“
Die Blonde tat, wie geheißen und legte das Fleisch frei. Leonard hatte sich im Vorfeld vergewissert, dass das Messer scharf genug für das Folgende war.
Beim ersten Schnitt zischte Hendorff schmerzerfüllt. Mit dem Zweiten hatte er seine Beherrschung verloren und schrie auf. Der Arzt beeilte sich, das Fleisch rings um den Knochen mit möglichst wenig Schnitten zu durchtrennen. Seine blonde Helferin kniete sich auf den Ellenbogen, um den Arm ruhig zu halten, während sie die Haut von der Einschnittstelle weg hielt. Hendorff wandte sich unter ihnen, schlug und schrie vor Schmerzen und auch die anderen beiden Männern hatte alle Hände voll zu tun. Leonard blendete es aus. Er durfte sich keine Ablenkung leisten und konzentrierte sich auf seine Arbeit.
„Leinen“, gebot er, als er am Knochen angelangt war, und bekam ein Tuch gereicht. Es färbte sich sofort rot, als er es vorsichtig um die frische Wunde legte und damit das Fleisch auseinander drückte. Wie zuvor die Haut, zog er es nach oben, zur Schulter hin.
„Gut festhalten, ja?“
Die junge Frau an seiner Seite nickte und legte ihre Finger an das Leinentuch, während Leonard zur Säge griff. Hätte er diese bereits früher benutzt, hätte die die Gefahr bestanden, dass er damit wichtige Muskelfasern oder Arterien zerfetzte. Saubere Schnitte waren besser für eine gute Genesung, aber durch den Knochen kam er mit keinem Messer. Also setzte er das Sägeblatt an und hoffte, dieses würde fein genug sein, damit nichts splitterte.
Mit einigen wenigen, aber kräftigen Bewegungen hatte er Elle und Speiche durchtrennt. Schnell legte er das Instrument beiseite und nahm seiner Assistentin den Stoff ab, mit dessen Hilfe er langsam zuerst das Fleisch zurück in Position schob, sodass es ein wenig über den Knochen hinaus ragte, und anschließend dasselbe mit der Haut machte. Die klappte er als Lappen über den blutigen Stumpf.
Bevor er danach verlangen konnte, hielt seine fleißige Helferin ihm bereits ein sauberes Stück Segeltuch entgegen, das er um den Stumpf legte und dann mit einem Verband sicherte.
Irgendwann während der ganzen Prozedur hatte Hendorff die Besinnung verloren und lag schwer atmend im Sand. Es war nichts ungewöhnliches während so einer Behandlung. Leonard wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er war froh, dass die Schreie aufgehört hatten.
„Bringt ihn in den Schatten und legt seinen Arm hoch“, wies er die beiden Männer an, die den Patienten festgehalten hatten. „Gebt mir Bescheid, wenn er zu sich kommt.“
Wobei er das wahrscheinlich mitbekommen würde, denn die Schmerzen des Piraten wären dann noch nicht vorbei. Ganz im Gegenteil.
„Was machen wir mit seinem Arm?“, fragte ihn die weibliche Stimme neben ihm.
Er drehte den Kopf und überlegte kurz. „Den vergraben wir oder werfen ihn ins Meer. Je nachdem, wie Piraten das so handhaben.“
Sie nickte bloß. Um die Nase war sie ein wenig blass, aber ansonsten hatte sie sich wacker geschlagen, wie Leonard zugeben musste.
„Wie ist Euer Name, Miss?“
„Chapel. Christine Chapel.“
„Nun, Christine, das war gute Arbeit.“
Sie lächelte ihn schwach an und ging dann, um sich einen Schluck Alkohol für die Nerven zu besorgen. Den konnte Leonard auch gebrauchen. Aber erst wollte er sich das Blut von den Fingern waschen.
Rezensionen