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Nach all den Jahren

von Emony

Kapitel 12


„Doktor“, grüßte Spock förmlich als die Tür zu seinem Quartier sich geöffnet hatte und er sich McCoy gegenüber fand. „Sollten Sie nicht noch auf der Krankenstation zur Beobachtung sein?“

McCoy winkte störrisch ab. „Als ob ich mich von Chapel festhalten ließe. Es geht mir wieder gut.“

Spock hob eine Braue. „Wenn Sie mir die Offenheit gestatten, die Ringe unter Ihren Augen widersprechen Ihrer Aussage.“

McCoy rollte die Augen. „Wir wissen beide, dass Ihre Ringe viel dunkler sind als meine. Ich hatte einige Stunden Schlaf. Der Rest wird sich von allein wieder einrenken. Wichtig ist jetzt, dass wir Ihnen diese Alpträume austreiben, Spock.“ Der Halbvulkanier schwieg und trat beiseite, so dass McCoy das Quartier betreten konnte. Das Schott schloss sich zischend hinter ihm und er drehte sich wieder zu Spock um. „Uhura liegt noch mindestens zwölf Stunden auf der Krankenstation, dafür habe ich gesorgt.“

Spock nickte dankbar und deutete McCoy mit einer schlichten Geste auf dem Sofa Platz zu nehmen. Der Arzt kam der stillen Aufforderung nach und setzte sich.

Dann seufzte McCoy. „Abgesehen von der Neuropressur konnte ich keine Möglichkeit finden, Ihnen zu helfen, Spock.“

„Das ist bedauerlich“, erwiderte Spock scheinbar teilnahmslos und setzte sich McCoy gegenüber auf einen Sessel. Mit nur einer Sitzung war das Problem auch nicht behoben und Spock wusste dies nur allzu gut.

„Spock“, sagte McCoy und lehnte sich ein Stück weit vor, die Unterarme auf die Knie gestützt. „Ich bin auch nicht scharf darauf eine so ‚intime’ Behandlung wie Neuropressur mit Ihnen durchzuführen, das dürfen Sie mir glauben. Als Arzt kann ich jedoch auch nicht zusehen, wie Sie weiterhin leiden. Zudem wird der Schlafmangel früher oder später – und früher ist sehr viel wahrscheinlicher als später – Ihre Arbeit auf der Brücke beeinflussen. Sie sind der Erste Offizier, Spock, und haben eine Menge Verantwortung zu tragen. Wenn Sie Jim nicht den Rücken decken, wer tut es dann?“

Spock legte den Kopf leicht schief. „Sie wollen diese Behandlung jetzt durchführen?“ McCoy hatte es über Wochen hinausgezögert, vermutlich aus denselben Gründen, aus denen er selbst nicht willens gewesen war sich dieser Therapie zu unterziehen. Letzten Endes hatten sie beide vergeblich gehofft, dass der Arzt eine Alternative finden würde.

„Ich möchte es versuchen, ja.“ Er versuchte möglichst zuversichtlich zu klingen.

„Sind Sie absolut sicher?“

‚Nein’, wollte McCoy nur allzu gerne sagen. Er war selbst kein Vulkanier und er hatte keine Ahnung, ob er mit der Behandlung den gewünschten Effekt erzielen oder alles nur noch schlimmer machen würde. Er hatte jedoch einen Eid geschworen, alles in seiner Macht stehende zu tun, um zu heilen. Und wenn dies bedeutete, dass er seine Scham und auch seinen persönlichen Groll ablegen musste, dann war das eben so. Der Teil in ihm, der Jim liebte, würde es Spock niemals verzeihen können, dass dieser ihn auf Delta Vega seinem Schicksal überlassen hatte. Jim hätte auf diesem verdammten Eisplaneten sterben können!

McCoy erhob sich nickend. „Ich schlage vor, Sie entkleiden sich nun und machen es sich auf Ihrem Bett bequem.“

Spock saß noch einige lange Sekunden reglos im Sessel, als müsse er Mut sammeln. Dann atmete er tief durch und erhob sich ebenfalls. Er sah McCoy durchdringend an. „Davon darf niemals jemand erfahren.“

McCoy erzwang ein Grinsen. „Ich schweige wie ein Grab.“


***

Kirk fand in dieser Nacht keine Ruhe und so zog er sich hastig einen Uniformpulli über und schlüpfte in seine Hosen. Er war todmüde, aber an Schlaf war nach alle dem wieder einmal nicht zu denken. Vielleicht würde es ihm gelingen im Stuhl neben McCoys Bett zu schlafen, überlegte er.

Als er wenige Minuten später in die Krankenstation schlich, war von McCoy jedoch keine Spur weit und breit. Sein Blick fiel auf Uhura, die fest schlief. Er konnte es ihr nach diesem Abenteuer nicht verdenken. Und eigentlich beneidete er sie sogar für ihren gesunden Schlaf.

Schwester Chapel hatte die Nachtschicht übernommen, wie er feststellte als er das Büro betrat, indem für gewöhnlich Bones über seiner Arbeit brütete. „Schwester Chapel“, grüßte Kirk sie leise, um sie nicht zu erschrecken, da sie mit dem Rücken zu ihm saß und offenbar in eine Lektüre vertieft war.

„Um Himmels Willen, Captain“, stieß sie dennoch erschrocken aus und griff sich ans Herz als sie ihn in der Tür stehen sah. „Ich habe nicht mit Ihnen gerechnet.“

Kirk erzwang ein müdes Lächeln. „Entschuldigung. Ich störe Sie nur ungern, äh“, er sah auf as Buch in ihrer Hand, „beim arbeiten…“

Sie hob das Buch an ihre Brust und erwiderte sein Lächeln scheu. „Ich hoffe es ist in Ordnung, wenn ich lese während meiner Schicht?“

Er winkte ab. „Nachtschichten können einem ewig vorkommen. Ich weiß das. Machen Sie sich keine Sorgen. Das ist in Ordnung. Ich wollte Sie auch nicht stören. Aber ich wollte nochmals nach Dr. McCoy sehen und er liegt nicht mehr in seinem Bett.“

Chapel verdrehte sie Augen. „Ich hätte ihn vermutlich sedieren und fixieren sollen.“

Kirk gluckste tief in sich hinein. „Ja, vermutlich.“ Sie sahen einander einen Moment an. Chapel wusste offenbar nicht wo Bones steckte. „Computer“, sagte Kirk daher, „nenne mir den Aufenthaltsort von Dr. McCoy.“

„Dr. McCoy befindet sich in Commander Spocks Quartier“, erklang gleich darauf die neutrale Stimme des Computers.

Kirk runzelte die Stirn und tauschte erneut einen Blick mit Chapel. „Na dann…“, sagte er schließlich. „Soll ich ihn zurückbringen?“

Chapel schüttelte den Kopf. „Er kann sich auch in seinem Quartier ausruhen. Aber wichtig ist, dass er sich mindestens vierundzwanzig Stunden schont. Es wundert mich, dass er mit den Kopfschmerzen, die er zweifelsfrei hat, überhaupt auf dem Schiff herumspaziert.“

Kirk nickte. „Ich sorge dafür, dass er sich ausruht.“ ‚Und wenn ich ihn persönlich ins Bett stecken muss!’, dachte er bei sich. „Dann überlasse ich Sie wieder Ihrer Lektüre.“

„Gute Nacht, Captain“, nickte sie lächelnd und dankbar, dass er ihr nicht böse war.


***

Was trieb Bones in Spocks Quartier? Die Frage ließ Kirk nicht los, bis er schließlich vor besagtem Quartier stand. Er überlegte, ob er klingeln und nachfragen sollte, verwarf den Gedanken jedoch wieder. Was auch immer da drin vor sich ging, er wollte nicht stören.

Bones würde nicht ohne Grund bei Spock reinschneien. Vor allem nicht in seinem Zustand. Und er ging davon aus, dass Bones ihm irgendwann sagen würde, weshalb er nach Mitternacht noch in Spocks Quartier war.

Allerdings wollte Kirk nicht zurück in sein eigenes Quartier. Es war so kalt und leise dort. Er konnte nicht schlafen, wenn seine Gedanken die letzte Mission wieder und wieder abspielten. Er musste vorsichtiger werden. Durfte nicht noch einmal zulassen, dass die Romulaner oder die Klingonen seiner Mannschaft gefährlich werden konnten.

Erschöpft sank er neben der Tür zu Spocks Quartier auf den Boden und zog die Beine an. Er würde auf Bones warten. Irgendwann würde er doch sicher wieder herauskommen. Und dann würden sie einfach zusammen schlafen gehen.

„Jim, was…“

Als Kirk die Augen öffnete und gegen das grelle Licht im Korridor blinzelte – wann zum Teufel war er eingeschlafen? – sah er in das mürrische Gesicht, das ihm nur allzu vertraut war. „Oh hey, Bones.“

„Erklärst du mir mal, was du hier treibst?“, fragte McCoy und half Jim auf die Beine.

Dieser kreiste sein steifes Genick und streckte die verspannte Muskulatur. „Eigentlich wollte ich dich das fragen.“

„Das ist keine Antwort.“

Jim fuhr sich durchs Haar. „Lass uns schlafen gehen und morgen darüber reden, Bones. Ich bin echt platt.“

„Spionierst du mir nach?“

„Tz“, machte Kirk und versuchte zu grinsen, was ihm aufgrund der Überraschung hinsichtlich des Vorwurfs gründlich misslang. „Das ist lächerlich. Ich hab auf dich gewartet. Du hast Chapel reichlich dumm dastehen lassen, indem du dich davon geschlichen hast.“

„Ich brauche keine Krankenschwester, die mir sagt, wann ich die Krankenstation offiziell wieder verlassen darf. Ich bin der Arzt, nicht sie.“ McCoy hielt einen flüchtigen Moment inne. „Weshalb bist du nicht im Bett und schläfst dich aus?“

„Weil ich… weil ich nicht schlafen konnte. Und als du nicht auf der Krankenstation warst… Nun ja, ich dachte, dann warte ich eben auf dich.“ Kirk entschied, dass es besser war jetzt nicht nachzuhaken, was Bones nachts in Spocks Quartier führte. „Also, was ist? Gehen wir schlafen?“

McCoy nickte erschöpft. „Dein Quartier oder meins?“

„Ich hab nicht aufgeräumt“, feixte Kirk.

„Nichts Neues, oder? Also, dann…“ McCoy marschierte zielstrebig los. Er war viel zu müde, um sich auf ein verbales Ping-Pong einzulassen, auch wenn er es noch so sehr genoss. Für heute war sein Tag mehr als ausgefüllt. Und zu seiner Zufriedenheit war es ihm sogar gelungen Spock in einen tiefen traumlosen Schlaf zu schicken.

In seinem Quartier angekommen, entkleidete sich McCoy rasch, legte einen medizinischen Trikorder, seinen Kommunikator und ein weiteres Gerät auf das Nachtkästchen und löschte das Licht.

Kirk stand einen Moment im Dunkeln. „Was ist das?“, fragte er dann und sprach damit das dritte Gerät an, das er nicht identifizieren konnte, während er sich ebenfalls auszog und zu Bones unter die Decke schlüpfte.

„Das geht dich nichts an“, war die schläfrige Antwort, ehe Bones ihm den Rücken zudrehte.

„Du willst nicht darüber reden.“

„Nein.“

„Ist es erlaubt zu kuscheln?“ Wie sollte er Bones nur klarmachen, dass er schreckliche Angst um ihn gehabt hatte und dass er einfach irrsinnig froh war, dass er wieder wohlbehalten zurück und bei ihm war? Natürlich war er dennoch neugierig, aber eigentlich war er vor allem glücklich. Glücklich und hundemüde.

„Sicher, Jim“, kam es nun wesentlich sanfter. „Dreh dich um.“

Es war schon fast ein Ritual geworden, dass Bones sich an Jim kuschelte. Zwar hatte Bones nie etwas deswegen gesagt, aber Jim nahm an, dass sein Arm über Nacht zu schwer über Bones’ Brustkorb wurde und er dadurch Probleme mit der Atmung bekam. Viel zu oft vergaß Jim, dass Bones nur noch einen Lungenflügel hatte. Und so drehte er dem anderen Mann den Rücken zu, fühlte aber noch ehe er still lag, die warme Brust des anderen an seiner Haut. Endlich, nach einem viel zu langen Tag, driftete Kirk schließlich in einen tiefen Schlaf.
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