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Nach all den Jahren

von Emony

Kapitel 16

Kapitel 16

„Hast du Lust auf einen Drink?“, fragte Jim und sah hoffnungsvoll zu Bones, dem er an diesem Nachmittag noch nicht ein einziges, simples Lächeln hatte abringen können. „Wir könnten unserer alten Stammkneipe einen Besuch abstatten.“

McCoy seufzte und starrte auf das Gebäude hinter sich, das sie gerade verlassen hatten. Dort drin würde die nächsten Stunden irgendwer seinen und Joannas genetischen Code zerpflücken und miteinander vergleichen. Er hätte diese Untersuchung nur allzu gern selbst vorgenommen, aber aus Gesetzesgründen durfte er seinen eigenen Vaterschaftstest nicht vornehmen. Er rieb sich müde die Augen und sah dann Jim an. „Ein Spaziergang wäre mir lieber.“

„Okay, dann lass uns spazieren gehen“, stimmte Jim zu.

McCoy führte sie Richtung Pier. Er hatte viele Stunden hier verbracht, wann immer Jim ihn für eine neue Eroberung in ihrem Stammlokal zurückgelassen hatte. Im Grunde war es genauso eine schlechte Idee zum Pier zu gehen, wie in die Stammkneipe. Es weckte Erinnerungen in McCoy, die er lieber vergessen wollte. Er wollte so viel vergessen, was hier auf der Erde vorgefallen war.

Jetzt war er wieder auf der Erde und wieder schien ihn seine Vergangenheit zu jagen und einzuholen. Was er dringend brauchte, waren schöne Erinnerungen an die Erde. Wie der Tag, an dem er Jim zum ersten Mal geküsst hatte. Er wollte endlich, dass die positiven Momente überwogen. Vielleicht auch ein Grund, weshalb er sich wünschte, dass Joanna tatsächlich sein Kind war. Er wollte wieder etwas haben, das er hier auf der Erde lieben konnte. Jemanden, auf den er sich freuen konnte, wenn er heimkehrte. Und vielleicht jemanden, der sich auf ihn freute.

Jim war im All sein Zuhause. Er sah wie gut es Jim tat neue Welten zu entdecken und neue Zivilisationen. Und er wünschte sich diese Abenteuer mit Jim genießen zu können, sich neuen Herausforderungen zu stellen, medizinische Wunder zu vollbringen. Er musste wieder den lebensfrohen Teil seines Selbst finden, das er irgendwann während seiner Trennung von Jocelyn in zuviel Alkohol und Selbstmitleid ertränkt hatte. Nur, was wenn Jim ihn dann nicht mehr liebte? Jim kannte ihn nur misanthropisch.

„Geht es dir gut?“ Jim sah ihn aus großen blauen Augen von der Seite an und lächelte sanft, aber McCoy konnte ihm ansehen, dass er etwas unsicher war.

Sie hatten den Pier erreicht und sahen aufs Meer hinaus. Es war ein angenehm warmer und klarer Tag. Einer jener seltenen Tage, an welchem die Küstenregion nicht im Nebel versank. „Ja, alles in Ordnung. Tut mir leid, wenn ich keine gute Gesellschaft bin.“

„Was geht dir durch den Kopf?“ Jim legte einen Arm um seine Taille und Bones schmiegte sich leicht an ihn, während sie gemeinsam auf den Pazifik blickten.

„Mir kam nur der Gedanke, dass ich vielleicht endlich wieder einen Grund haben werde, gerne hierher zu kommen. Falls sich herausstellt, dass Joanna tatsächlich mein Kind ist, meine ich. Es mag lächerlich klingen, aber ich wünsche mir das wirklich. Nach meiner Trennung von Jocelyn hatte ich den Wunsch nach einem Kind vollkommen vergessen. Es schien mir nicht mehr möglich. Aber jetzt…“ Er machte eine kleine Pause. „Außerdem vermisse ich es am Pier entlang zu spazieren und meinen Gedanken nachgehen zu können. Ich vermisse echte, frische Luft und Sonne und Wind und selbst Regen. Ich vermisse all die kleinen Dinge, die wir auf der Enterprise nicht haben. Und ich möchte wieder gerne hierher kommen und nicht nur die Schatten der Vergangenheit mit der Erde verbinden. Ich will endlich wieder schöne Erinnerungen hier sammeln.“

„Ich weiß, was du meinst.“ Jim gab ihm einen flüchtigen Kuss. „Mir gefällt hier vor allem, dass wir einfach wir sein können. An Bord der Enterprise kann ich dich nie spontan so in die Arme nehmen und küssen.“

„Wohl kaum. Aber dafür gibt es Quartiere. Ich muss mein Liebesleben auch nicht vor anderen ausleben. Ich muss niemandem etwas beweisen.“

„Damit hat das für mich auch nichts zu tun. Aber ich zeige den anderen manchmal gerne, dass du mir gehörst.“ Jim lächelte und endlich, zum ersten Mal an diesem Tag, erwiderte Bones es.

„So, du denkst du besitzt mich?“

„Oh ja, du gehörst mir allein“, sagte Jim und drückte Bones rücklings an das Geländer, um ihn dann innig zu küssen.

„Ich enttäusche dich nur ungern“, sagte Bones und drückte Jim ein bisschen von sich, „aber bald gehöre ich vielleicht auch diesem süßen kleinen Mädchen in Georgia.“

Jim hob eine Augenbraue und verfiel einen Moment ins Grübeln, ehe er die Schultern zuckte und schließlich lächelte. „Hm“, machte er dann, „mit ihr würde ich dich teilen. Aber mit sonst niemandem.“

„Danke“, sagte Bones und schlang seine Arme um Jim.

„Wofür?“, fragte dieser leise.

„Dafür, dass du bist wie du bist und meine trüben Gedanken ablenkst. Genau das hab ich gebraucht.“

„Jederzeit, Bones.“ Und damit küsste Jim ihn erneut. Und es kümmerte ihn absolut nicht, dass ein altes Ehepaar, das zufällig vorbei kam, sie entsetzt beobachtete und kopfschüttelnd von dannen zog.

***

Auf der Enterprise bekam Spock zum selben Zeitpunkt fast einen Herzinfarkt, als er sich den schlimmsten Alptraum eines jeden Mannes ausmalte, der seiner großen Liebe einen Antrag machte und ein ‚Nein’ zur Antwort bekam. Natürlich war es unlogisch sich derartige Szenarien vorzustellen, aber er kam nicht dagegen an und schob diesen Umstand auf seine schwächere, menschliche Hälfte.

„Wow“, hörte er plötzlich Nyotas Stimme hinter sich, als sie sein Quartier betrat und all die Kerzen entdeckte. Das Licht aus dem Korridor warf für einige Sekunden einen weißen Keil in das ansonsten verdunkelte Quartier. „Das müssen an die hundert Kerzen sein, Spock.“ Das Schott glitt zischend hinter Uhura zu. Dunkle Schatten tanzten mit den Flammen der Kerzen im Einklang und ließen den Raum in angenehmen Rot- und Brauntönen erscheinen.

„Hundert und fünf“, korrigierte er ihre Schätzung flüsternd und räusperte sich.

„Es sieht umwerfend aus.“ Sie kam auf ihn zu und küsste ihn. „Was ist der Anlass?“ Dass er die Kerzen nicht zum Zweck einer Meditation aufgestellt hatte, war ihr anhand von mehreren Faktoren sofort bewusst. Erstens waren sie exakt zu diesem Zeitpunkt verabredet und Spock würde schon allein deshalb nicht gerade jetzt noch meditieren. Zweitens waren es ungefähr hundert Kerzen zuviel. Spock nutzte für seine Meditation selten mehr als drei bis fünf Kerzen. Und drittens stand ein romantisch gedeckter Esstisch genau an der Stelle, wo sich sonst lediglich Spocks Schreibtisch befand.

„Du bist der Anlass“, sagte Spock wie selbstverständlich und entlockte Nyota ein erneutes Lächeln. Dann sah sie ihn fragend an. Er hatte nie zuvor versucht eine romantische Situation zu schaffen und hoffte, alles richtig gemacht zu haben. „Es ist lange her, dass wir Zeit füreinander hatten. Entspannt und abseits von Sorgen, meine ich.“ Sie nickte und legte ihm eine Hand an die Wange, in die er sich schmiegte und seinen Augen einen Moment erlaubte sich zu schließen, ehe er die Frau vor sich wieder ansah. „Ich hatte große … Angst um dich“, gestand er dann und sie beide wussten, dass er auf ihre kürzliche Entführung anspielte. Dann nahm Spock ihre Hände in seine. Er hatte bis nach dem Essen warten wollen. Hatte sich fest vorgenommen, sie zu fragen, während er ihr Lieblingsdessert servierte. Und plötzlich schien sein ursprünglicher Plan nicht mehr wichtig. „Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen, Nyota.“

Tränen schimmerten in ihren Augen, während sie ihn nur unsicher anlächelte. Sie wagte nicht etwas zu sagen. Er liebte es, dass sie ihm stets Zeit ließ über seine Gefühle zu sprechen. Sie legte so unglaublich viel Geduld an den Tag, dass es ihm zuweilen unwirklich erschien. Letztlich war er einfach nur dankbar, denn ihre Geduld war mit ein Grund, weshalb er so tiefe Gefühle für sie entwickelt hatte.

„Ich“, sagte er dann und atmete tief durch, während er behutsam eine Hand von ihren löste und etwas aus seiner Hosentasche fischte. Sein Herz raste in seiner Brust, doch er bemühte sich nach außen so gelassen zu erscheinen, wie sonst auch. Nyotas Blick fiel auf den kleinen Ring, den er zwischen ihnen empor hielt. Sie starrte den Ring an und hörte auf zu atmen. Ob bewusst, oder unbewusst vermochte Spock nicht zu sagen. „Ich wünsche mir, dass du meine Frau wirst. Ich liebe dich, Nyota.“

Als sie ihren Blick von dem Ring löste und Spock wieder ansah, lösten sich Tränen von ihren langen schwarzen Wimpern. Er hatte es falsch formuliert, dachte er dann. Er war es falsch angegangen. Offensichtlich war sie nicht glücklich über seine Worte. Vielleicht, überlegte Spock dann fieberhaft, musste er seine Strategie überdenken. Er hatte gelesen, dass irdische Männer vor ihren Frauen knieten, um ihre Verehrung zum Ausdruck zu bringen. Und so sank er, ohne weiter darüber nachzudenken vor ihr auf die Knie. „Würdest du mir die Ehre erweisen, meine Frau zu werden?“

Das war ihr Spock, der da vor ihr auf den Knien war und zu ihr herauf blickte als sei sie eine Göttin. Uhura konnte es nicht fassen. Sie hatten niemals direkt über ihre Gefühle gesprochen. Sein Antrag kam vollkommen unerwartet. „Ja“, hauchte sie nichtsdestotrotz und weitere Freudentränen lösten sich von ihren Wimpern als sie Spock wieder heraufzog. Selbst wenn dies nur ein Traum war, so war es der schönste, den sie je hatte und sie wollte nicht wieder aufwachen. „Ja, ich will deine Frau werden“, sagte sie erneut und dann steckte er ihr den Ring an den Finger. Sie sah ihm dabei zu, konnte es aber immer noch nicht so recht glauben. Ja, natürlich war sie sich dessen bewusst gewesen, dass sie ihm viel bedeutete. Dennoch hatte sie tief im Innern immer befürchtet, dass er sich irgendwann entscheiden würde eine Vulkanierin zu heiraten.

Als Spock sie dann küsste, lösten sich ihre letzten Zweifel zusammen mit seinen in Wohlgefallen auf. Dies war definitiv kein Traum.
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