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Nach all den Jahren

von Emony

Kapitel 18

Kapitel 18

„Klar, Bones. Das ist in Ordnung“, sagte Jim und zwang sich zu lächeln, wenngleich Bones ihn nicht sehen konnte. Die Knöchel seiner Finger traten weiß hervor, so fest hielt er den kleinen Kommunikator in seiner Hand. „Grüß Jocelyn und Joanna von mir.“

„Ich komm dann später zu dir“, drang Bones’ sanfte Stimme durch das kleine Gerät. Er versuchte tröstend zu klingen.

Jim hörte, dass Bones ein schlechtes Gewissen hatte. Sie hatten den Abend gemeinsam verbringen wollen. Und im Grunde hatte Jim tatsächlich Verständnis dafür, dass Bones etwas Zeit mit seiner Tochter verbringen wollte. Doch musste das ausgerechnet in Jocelyns Haus sein und noch dazu mit Jocelyn? Sie sah eindeutig zu gut aus, um eine Ex zu sein, die Jim vollkommen egal sein konnte. „Klar, ok. Ich… werde da sein.“ Natürlich würde er da sein. Wo auch sonst?

„Bye, Jim.“

„Ja, bis dann“, erwiderte Jim, ließ den Kommunikator zuschnappen und steckte ihn in die Hosentasche. „Scheiße.“ Er hasste das Gefühl, das in ihm keimte. Er hatte es nie zuvor in solchem Ausmaß empfunden. Es war nicht direkt Eifersucht, aber Angst davor verlassen zu werden. Er hatte dieses Gefühl einmal zu oft in seinem noch jungen Leben empfunden.

Was, wenn da doch noch etwas zwischen Bones und Jocelyn war? Immerhin hatte sie ihm scheinbar vergeben und Bones hatte sich schon immer ein normales Leben gewünscht. Bones war nicht unbedingt fürs Weltall und die Raumfahrt geschaffen. Und Jocelyn war so verdammt attraktiv und obendrein noch Joannas Mutter. Er würde es Bones kaum verdenken können, wenn dieser es noch mal mit Jocelyn würde versuchen wollen.

Nein. Jim konnte nicht einfach so im Hotel bleiben, das er für die Dauer ihres Aufenthalts auf der Erde gebucht hatte. Natürlich könnte er auch zurück auf die Enterprise gehen, aber er hatte so ein Gefühl, dass er Spock und Uhura stören würde und das wollte er um jeden Preis vermeiden.

Wieso nur musste er scheinbar der einzige an Bord sein, der keine Familie auf der Erde hatte zu der er gehen konnte? Sam lebte mit seiner Familie Lichtjahre entfernt auf Deneva, seine Mutter war sonst so im All unterwegs wie so oft und sonst war da eben niemand. So traurig es an Tagen wie diesen auch schien, die Crew der Enterprise, allen voran Bones, waren seine neue Familie geworden. Doch das beruhte keineswegs auf Gegenseitigkeit und so war er an eben solchen Tagen vollkommen allein. Sonst war Bones immer bei ihm gewesen. Bones hatte ebenfalls niemanden hier gehabt. Niemand, von dem er gewusst hatte. Doch das hatte sich nun geändert. Und er sollte sich für Bones freuen. Er sollte es, aber er konnte nicht. Nicht, wenn Bones’ Glück ihn ausschloss. Und er fühlte sich schrecklich, weil er so dachte.

Genau deshalb hatte Jim niemals jemanden an sich heran lassen wollen. Wäre er nicht emotional so sehr an Bones’ gebunden – und verdammt, das klang selbst in seinen Gedanken viel zu vulkanisch – könnte er seinen Aufenthalt auf der Erde ganz anders genießen. Stattdessen saß er jetzt im Hotel und sah andauernd Bones’ vor sich, in dessen Armen eine nackte Jocelyn lag.

„Verflucht!“ Das konnte echt nicht angehen. Das war nicht seine Art. Herumsitzen und sich mies fühlen und in Selbstmitleid zergehen. Wenn Bones zu Jocelyn zurück wollte, dann durfte er nicht so egoistisch sein und ihn an sich binden. Bones verdiente es glücklich zu sein, mehr als irgendjemand sonst.

***

„Bist du glücklich, Leonard?“, fragte Jocelyn.

Er wandte sich seiner Exfrau überrascht zu. Sie standen Rücken an Rücken und bereiteten gemeinsam das Abendessen vor. Jeremy würde jeden Moment von der Arbeit kommen. Und Joanna hatte sich zum spielen in ihr Zimmer zurückgezogen. Bones war erstaunt, dass Jocelyn die verbleibenden Minuten, die sie ganz unter sich waren, nutze, um ein solches Gespräch zu führen.

„Ja, das bin ich“, sagte er ehrlich und schenkte ihr ein warmes Lächeln. „Das bin ich wirklich.“ Was er ihr ebenso verdankte, wie Jim. Es war angenehm wieder Zeit mit ihr zu verbringen, ohne dass sie stritten.

„Ist das was Ernstes zwischen dir und… Jim?“, fragte sie etwas zögerlich. Die Vorstellung, dass ihr Exmann sich im Bett mit einem anderen Mann vergnügte, kam ihr surreal vor. Aber sie versuchte um Leonards Willen offener zu werden. Und im Grunde konnte ihr egal sein, mit wem Leonard schlief und es musste ihr auch nicht gefallen.

Bones dachte einen Moment nach. „Ich hoffe es, ja. Er bedeutet mir sehr viel.“

„Warum bist du dir nicht sicher?“

Sie kannte ihn einfach immer noch zu gut, überlegte Bones. „Er ist kein Mensch für eine feste Bindung. Ich…“ Er machte eine Pause und drehte sich gänzlich zu ihr um. Das Gemüse konnte noch einen Moment länger im Spülbecken liegen. Er musterte Jocelyn einen Augenblick eingehend. „Interessiert es dich wirklich?“

Sie lächelte und legte ihm eine Hand auf den Arm. „Ich bin selbst überrascht. Aber ja, es interessiert mich. Als du vorhin draußen im Garten mit Joanna gespielt hast, ist mir bewusst geworden, dass ich dich vermisst habe. Ich habe mir das so viele Jahre gewünscht, Leonard.“

Ein Teil von ihm bedauerte, dass er nicht der Richtige gewesen war, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. „Was ist mit Jeremy. Ist er der Richtige für dich?“

Jocelyn nickte. „Ja, das ist er. Er ist ein toller Mann. Sehr rücksichtsvoll und charmant und er liebt Joanna. Das war mir sehr wichtig.“ Sie sahen einander für einen langen Moment an, dann löste Jocelyn die kleine Distanz zwischen ihnen und schlang die Arme um Bones.

Von all den Möglichkeiten, die ihm für diesen Abend in den Sinn gekommen waren, hatte er diese absolut nicht vorhergesehen. Zögerlich erwiderte er die Umarmung. Fünf Jahre waren eine lange Zeit. Sie beide hatten Zeit gehabt, die alten Wunden heilen zu lassen. Und es fühlte sich gut und richtig an, weiterhin mit Jocelyn befreundet zu sein. „Danke“, hauchte er und drückte sie noch ein bisschen fester.

„Wofür bedankst du dich?“ Das schien zur Gewohnheit bei ihm zu werden.

„Dass du mir offenbar verziehen hast.“

„Wenn überhaupt, dann hoffe ich, dass du mir verzeihst. Ich weiß, dass ich mich wie eine blöde Kuh aufgeführt habe.“ Sie löste sich von Bones und sah ihm in die Augen. „Kannst du mir denn verzeihen?“

„Das hab ich doch schon“, erwiderte er und küsste sie auf die Stirn.

„Hey Liebling!“, erklang dann plötzlich eine Stimme, die Bones unbekannt war. Sofort löste er sich von Jocelyn. Er wollte nicht, dass Jeremy einen falschen Eindruck bekam.

„Wir sind in der Küche, Schatz.“

„Wir?“, fragte Jeremy, aus dem Flur. Dann kam er zu ihnen in die Küche. „Guten Abend.“ Er kam etwas verwundert, aber doch recht freundlich auf Bones zu und reichte ihm die Hand. Anschließend küsste er Jocelyn.

„Jeremy, ich möchte dir gerne Leonard vorstellen“, sagte Jocelyn und legte ihrem künftigen Mann einen Arm um die Taille.

„Leonard. Leonard McCoy? Joannas… Vater?“, fragte er etwas verwundert.

Bones nickte zurückhaltend. „Es freut mich.“

Jeremy tauschte einen Blick mit Jocelyn, als wollte er fragen, ob sie erwartete, dass er freundlich oder gemein sein sollte.

„Leonard und ich hatten einen angenehmen Nachmittag zusammen“, erklärte Jocelyn. „Wir haben einige Dinge klären können, die im Argen lagen.“

„Aha. Verstehe.“ Jeremy warf Bones einen kritischen Blick zu.

Jocelyn erkannte den Blick und strich ihm beruhigend über die Brust. „Kein Grund zur Eifersucht, Liebling. Leonard ist nach wie vor schwul, nicht wahr, Leonard?“

Bones verdrehte die Augen. „Ja, bin ich. Und in festen Händen. Keine Sorge. Aber ich dachte, wir wollen nicht darüber reden, Jocelyn?“

Sie seufzte. „Ich würde dieses Thema gerne vor allem von Joanna fernhalten.“

„Dann hast du deine Homophobie überwunden oder wie darf ich das jetzt verstehen?“, fragte Bones direkt.

„Ich kann mir das immer noch nicht vorstellen und ich will es auch nicht. Aber es ist ok, wenn es dich glücklich macht“, erwiderte sie.

„Gut, dann wäre das ja geklärt“, mischte sich Jeremy ein. „Was gibt’s zu essen und wichtiger noch, wann? Ich bin am verhungern. Und wo ist meine kleine Prinzessin?“ Jeremy wurde sich seiner unglücklich gewählten Worte sofort bewusst und sah schuldbewusst von Jocelyn zu Bones.

„Sie ist oben und spielt“, antworteten Bones und Jocelyn gleichzeitig.

Bones grinste Jocelyn an, dann wandte er sich wieder dem Gemüse zu. Jocelyn gab Jeremy einen Kuss. „In dreißig Minuten ist das Essen fertig.“

„Ok, dann lass ich euch mal noch allein und gehe nach oben zu Jo.“ Damit verschwand Jeremy auch schon.

„Er nimmt das ja echt locker“, meinte Bones, als Jeremy außer Hörweite war.

„Ja, er weiß, dass er mir vertrauen kann. Aber ich fürchte, er wird es vielleicht nicht ganz so locker nehmen, dass du dein Vaterschaftsrecht nicht aufgeben wirst.“ Bones sah sie ein wenig besorgt an. „Aber keine Sorge, ich weiß, wie ich ihm das verkaufen kann.“ Sie zwinkerte ihm zu.

„Na, das hoffe ich doch. Ich würde gerne in einem Stück zu Jim zurückkehren“, feixte Bones und machte sich daran den Blumenkohl in kleine Röschen zu zerlegen.

***

Laute Musik drang aus Bones’ Kommunikator, als er diesen fragend anstarrte. Es war kurz nach Mitternacht und Jim war nicht wie erwartet in ihrem gemeinsamen Hotelzimmer. „Jim, wo bist du?“, fragte er daher in das Gerät.

„Öh, keinen Schimmer wie der Schuppen heißt, aber ich hab viel Spaß“, dröhnte Jims ausgelassene Stimme aus dem Kommunikator.

Bones hörte, dass er betrunken war. „Kannst du nicht jemanden fragen, wie der Laden heißt, wenn du dich schon nicht mehr erinnerst? Ich würde gerne zu dir kommen.“

„Äh, warte mal eben.“

Und das tat Bones. Es vergingen fast zwei Minuten, bis Jim sich wieder meldete. „Wild Things“, säuselte Jim.

„Hey Süßer, zu mir oder zu dir?“, fragte jemand honigsüß und verdächtig nahe bei Jim. Andernfalls hätte Bones die Frau nicht so deutlich hören können.

Bones starrte das Gerät mürrisch an. „War das eine Frau? Jim, bist du auf einer Bagger-Tour?“

„Shh, warte mal“, flüsterte Jim. „Ja, Bones. Eine Frau. Aber sie baggert mich an, weißt du. Ich bin total unschuldig.“

„Klar.“ Bones war stinksauer. Wenn Frauen im Spiel waren, war Jim niemals unschuldig. „Sag’ mir einfach, ob du mich heute noch sehen willst oder nicht.“

Für einen Moment war nur die Musik zu hören, dann mischten sich Fetzen von Gesprächen fremder Menschen hinzu, schließlich auch wieder die Frauenstimme und dann Jim. „Ich konnte nicht nur dasitzen und auf dich warten. Wir sind nicht verheiratet.“

Bones schossen Tränen in die Augen. „Nein, das sind wir nicht.“ Er schluckte schwer, kniff die Augen zu und sammelte sich. Das war Jim. Damit hätte er rechnen müssen. Insgeheim hatte er immer erwartet, dass Jim irgendwann loslassen würde. „Wenn du unsere Beziehung aufgeben willst, dann hab wenigstens den Schneid und komm zu mir, um es mir ins Gesicht zu sagen.“ Und damit klappte Bones das Gerät zu und schleuderte es an die Wand im Hotelzimmer. Der Kommunikator zerbrach in so viele Teile, dass nicht mal Scotty ihn wieder reparieren konnte.

***

Bones saß in der Dunkelheit des Hotelzimmers am Fenster und starrte auf die Bucht hinaus. Er konnte nicht glauben, dass sein Tag so endete. Und dabei hatte dieser Tag doch so gut angefangen. Er hatte die Bestätigung bekommen, Vater eines bezaubernden kleinen Mädchens zu sein. Er hatte sich nach all den Jahren mit Jocelyn versöhnt und zu seiner großen Überraschung hatte sogar Jeremy halbwegs verständnisvoll darauf reagiert, dass er nicht auf sein Vaterschaftsrecht verzichten wollte. Und dann hatte er gerade noch so den letzten Flug zurück nach San Franscisco bekommen, weil er auf jeden Fall noch zu Jim zurück wollte.

Vor dem Hotel kläffte ein Hund. Bones zuckte unwillkürlich zusammen, als gleich darauf die Hoteltür geöffnet wurde. Jim war zurück. Und er war tatsächlich sturzbetrunken. Bones konnte im Mondschein sehen, dass Jim den Lichtschalter suchte, jedoch nicht fand. Stattdessen fand er seine Reisetasche, die mitten im Raum auf dem Boden stand und flog geradewegs drüber. Er landete mehr oder weniger unsanft direkt vor Bones’ Füßen. „Aua.“

„Du hast wieder hergefunden, ich bin beeindruckt. Hat dich deine neue Freundin hergebracht oder hast du es ganz allein geschafft?“, fragte Bones und gab sich keine Mühe seinen Zorn zu unterdrücken.

„Mir geht’s gut, danke dass du fragst.“

„Du bist auf einem recht dicken Teppich gelandet. Der Aufprall war nicht hart.“

Jim versuchte reichlich ungeschickt wieder auf die Beine zu kommen. „Ich hatte nichts mit ihr.“

„Warum nicht? Wir sind nicht verheiratet, wie du so eloquent festgestellt hast.“

Jim bemühte sich aufrecht zu stehen, aber es kam ihm vor als würde sich der Boden unter seinen Füßen bewegen. „Du bist sauer.“

„Kein Scheiß. Ja, verdammt und wie sauer ich bin“, fuhr Bones ihn an, rutschte vom Fenstersims runter und baute sich mit verschränkten Armen vor Jim auf. „Ich hatte einen wirklich angenehmen Tag, weißt du. Und ich hätte meine Freude heute gerne mit dir geteilt. Dir scheine ich ja aber unglücklich lieber zu sein. Offenbar fühlst du dich dadurch besser.“

„Blödsinn“, widersprach Jim und blinzelte Bones an. Ihm war schrecklich schwindelig.

„Warum hast du das dann gemacht, Jim? Erklär es mir doch bitte. Wieso gehst du in einen Laden, der wie ein Stripclub klingt, um dich zu betrinken und weiß Gott was zu treiben?“

„Du weißt, dass ich nicht dasitzen und warten kann, Bones.“ Jims Zunge klang schwer bei jedem Wort. „Und ich… ich hab den Gedanken nicht ertragen, dass du mich verlässt und…“

Bones lachte freudlos auf. „Du bist so ein blöder Idiot, Jim. Denkst du wirklich, dass ich wieder etwas mit Jocelyn anfange?“ Jim schwieg. „Ich kann monogam sein. Ich möchte monogam sein. Aber wie ist das mit dir, Jim? Bist du bereit für eine wirklich feste Bindung? Dazu gehört auch Vertrauen, weißt du. Du kannst nicht jedes Mal ausflippen und einen drauf machen, sobald du denkst, ich könnte dich verlassen. Das bin nicht ich und du solltest mich eigentlich kennen. Ich bin doch nicht so bescheuert und riskiere es den besten Freund meines Lebens zu verlieren, indem ich meine Liebe zum Ausdruck bringe, nur um dich dann wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen. Aber wenn du mir das wirklich zutraust, dass ich sofort mit Jocelyn ins Bett springe, nur weil wir uns nach fünf verdammt langen Jahren endlich ausgesprochen haben, dann verpisst du dich am besten gleich und kommst nicht wieder.“

Jim stand da wie ein begossener Pudel. „Ich kann nichts dafür, dass ich… Angst habe.“

„Was kann ich tun, um dich zu überzeugen, dass deine Angst unbegründet ist, Jim? Wie kann ich dir begreiflich machen, dass ich nur dich will. Nur dich, Jim? Wie? Sag’ es mir und ich tu es.“

„Kannst du mir was geben, dass den Alkohol neutralisiert?“, fragte Jim dann und Bones war sich nicht sicher ob er darüber lachen, oder ihm dafür eine Ohrfeige geben sollte.

„Warum sollte ich das tun?“

„Weil… weil ich jetzt echt gerne nüchtern wäre. Ich hab Angst was von dem zu vergessen, was du da gerade gesagt hast. Und das Gespräch hier ist zu wichtig.“

„Du machst doch gerne Schluss, wenn du betrunken bist. So musst du dich am nächsten Tag nicht allzu schuldig fühlen. Ich hab dir dabei schon ein paar Mal zugesehen. Ich kenne dein Schema.“

„Bitte, Bones. Und ich will nicht Schluss machen. Jetzt gib mir irgendwas. Bitte.“

Bones kniff die Augen zusammen und funkelte Jim einen Moment lang an. „Fein. Aber setz dich lieber hin. Das Zeug haut dich sonst um.“

Jim gehorchte und setzte sich aufs Bett. Bones kramte in seinem Medkit und fand schließlich was er suchte. Er schaltete die Nachttischlampe an und lud den Injektor. Ohne Jim vorzuwarnen, jagte er ihm das Medikament in die Halsschlagader.

„Autsch! Geht das nicht etwas behutsamer“, jammerte Jim und rieb sich die Stelle an seinem Hals.

„Du hast meine Zärtlichkeit im Moment nicht verdient“, knurrte Bones nur und packte den Injektor wieder ein. „So, was wolltest du sagen?“

„Das wirkt noch… nicht. Doch. Oh, Scheiße. Was war das?“ Jims Augen wurden groß. Sein Herz begann wild zu rasen und ihm wurde ganz heiß.

„Ich hab dir gesagt, das haut dich um. Und jetzt lenk nicht vom Thema ab. Du wolltest nüchtern sein. Das bist du jetzt. Also, erklär mir jetzt bitte, wie wir das mit uns in den Griff bekommen sollen. Ich weiß nämlich einfach nicht mehr, was ich noch tun kann.“

„Verständnis wäre schon mal nett“, begann Jim und nach einigen Sekunden normalisierte sich sein Herzschlag wieder. Bones’ Gesichtszüge waren ungewohnt scharf und er verdrehte auf Jims Vorschlag lediglich die Augen. „Was?“

„Wie man in den Wald rein ruft, so schallt es zurück, Jim. Du hast mir auch kein Verständnis entgegen gebracht. Im Gegenteil hast du mir sogar unterstellt, ich würde mit Jocelyn schlafen. Sie ist meine Exfrau, Jim. Ex. Und sie ist sehr glücklich mit Jeremy, der – wie ich zugeben muss – ein prima Typ ist. Sie lebt ihr Leben und ich dachte ich würde meines mit dir leben. Aber du musstest dich wie ein verunsicherter Teenager aufführen.“

Jim presste die Lippen aufeinander. „Ich hab Panik bekommen“, gestand er dann und musste den Blick von Bones abwenden. Er schaffte es nicht in diese haselnussbraunen Augen zu sehen, die ihn vorwurfsvoll und enttäuscht ansahen. „Ich wollte mich nie so fühlen.“

„Wie, Jim? Wie fühlst du dich?“, fragte Bones etwas sanfter und setzte sich vor Jim auf den Boden.

„Ich kann sie verstehen, weißt du. Meine Mutter, meine ich. Ich weiß jetzt, wie es ihr ergangen ist. Und ich wollte mich nie so verlassen fühlen. Ich will mich nicht unvollständig fühlen, wenn du nicht da bist.“

„Jim“, sagte Bones und legte seine Hände auf Jims Knie. „Sieh mich bitte an.“ Jim starrte nur auf die Kopfkissen zu seiner Rechten. Bones richtete sich auf, immer noch auf den Knien und legte seine Fingerspitzen unter Jims Kinn. Jim ließ zu, dass Bones ihn zum Augenkontakt zwang. „Du kannst dieser Angst nicht entkommen, Jim. Ich habe sie auch. Jeden verdammten Tag. Aber du kannst lernen damit umzugehen und sie zu kontrollieren. Du bist doch sonst kein Mann, der sich vor irgendetwas fürchtet.“

„Ich habe außer dir niemanden, Bones. Ich hab plötzlich Wahnvorstellungen von dir und Jocelyn gehabt, nach deinem Anruf. Und ich bin ausgerastet. Ich… kann dich nicht verlieren.“

„Das wirst du auch nicht, Jim. Und ich hab ganz bestimmt nicht vor dich für irgendwen zu verlassen. Joanna wird künftig einfach zwei Väter haben. Das ist okay so, verstehst du? Aber wir haben fortan etwas, auf das wir uns freuen können, wenn wir nach Monaten im All wieder hierher kommen.“

„Wir? Wohl kaum.“

„Doch, wir, Jim. Ich habe Jocelyn klar gemacht, dass du zu mir gehörst. Sie möchte nur, dass wir unsere Beziehung vor Joanna geheim halten. Zumindest bis sie älter ist und es besser versteht.“

Jim atmete tief durch. „Das ist trotzdem eher deine Familie als meine. Ich werde immer nur dein Anhängsel sein.“

Bones lächelte mild. „Du bist meine andere Hälfte, Jim. Nicht nur ein Anhängsel.“

Jim sagte darauf nichts. Er sah Bones lediglich nachdenklich an.

„Möchtest du mehr, Jim? Weniger? Warum zweifelst du immer noch daran, dass du zu mir gehörst?“

„Ich weiß es nicht, Bones.“ Er wusste es wirklich nicht. Und er wusste auch nicht, was Bones noch sagen oder tun konnte, damit er sich endlich besser fühlte und keine Angst mehr hatte. „Können wir nicht einfach…“, begann Jim, sprach jedoch nicht zu ende. Stattdessen küsste er Bones, der immer noch vor ihm kniete, in verzweifelter Leidenschaft.

Bones wollte dieses Problem viel lieber ein für alle Mal aus der Welt schaffen. Aber Jims Hände an und unter seinem Hemd, Jims Lippen auf seinen, ließen ihn vorerst vergessen, dass sie dieses Thema noch nicht abgehakt hatten. Bereitwillig ließ er sich von Jim aufs Bett ziehen.
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