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Nach all den Jahren

von Emony

Kapitel 6

Kapitel 6

McCoy stand der Schweiß auf der Stirn. Er legte den Hautregenerator beiseite und sah zu Uhura hinüber. "Geschafft." Langsam schüttelte er den Kopf. "Ohne Sie wäre ich aufgeschmissen gewesen."

Uhura schenkte ihm ein müdes Lächeln. "Die meiste Arbeit haben Sie getan, Doktor." Ihr Blick senkte sich auf den Mann, der zwischen ihnen auf dem OP Tisch lag. "Wird er wieder zu sich kommen?"

McCoy nickte. "Ich denke schon. Aber es wird vermutlich noch ein paar Stunden dauern. Die Narkose hält noch an und zudem hat sich sein Körper in einem extrem kritischen Stadium befunden." Vor nicht allzu langer Zeit war er selbst in einem ähnlichen Zustand auf der Enterprise Krankenstation gelegen. Für einen flüchtigen Moment schossen Erinnerungsblitze durch seinen Geist, die den Angriff der Klingonen aufzeigten. Wie auch der Captain der Vintra war er selbst dem Tod nur knapp entkommen.

"Alles in Ordnung, Doktor?" Uhura kam um den OP Tisch herum und musterte McCoy eingehend.

Dieser schüttelte leicht den Kopf. "Ich bin nur erschöpft, das ist alles. Kritische Fälle zu behandeln ist eine Sache. Eine andere ist es einen kritischen Fall zu behandeln, bei dem man die Anatomie des Patienten nur bruchstückhaft kennt."

"Sie sind ein Genie, Doktor. Und ich wette, dass Captain Kirk es wusste und Sie deshalb hierher geschickt hat." McCoy verzog das Gesicht zu einer kleinen Grimasse und Uhura lächelte ihn erneut an. "Vielleicht sollten Sie eine kleine Pause machen", schlug sie schließlich vor.

McCoy ließ seinen Blick durch die Krankenstation schweifen. Chapel und Tanaka waren fleißig gewesen, wie er erleichtert feststellen konnte. Ein Großteil der Verwundeten war bereits behandelt und fortgeschickt. Zumindest jene, die keine schwerwiegenden Verletzungen davon getragen hatten. Dennoch lagen und saßen noch mehr als ein Duzend Leute überall verteilt. "Vielleicht später", erwiderte McCoy daher. "Aber tun Sie mir einen Gefallen?"

Uhura nickte. "Sicher. Welchen?"

"Geben Sie der Enterprise bescheid. Sie sollen sich keine Sorgen um uns machen."

"So gut wie erledigt."

McCoy lächelte sie dankbar an, überprüfte nochmals die Vitalzeichen des romulanischen Captains und machte sich dann daran die nächsten Patienten zu behandeln.

Uhura verließ die Krankenstation und fand sich im Korridor von zwei romulanischen Wachen flankiert. "Meine Herren", sagte sie höflich, "es wäre sehr freundlich, wenn Sie mich mit Subcommander Sorkal sprechen lassen."

Die beiden streng aussehenden Männer betrachteten Uhura voller Argwohn, dann nickte einer von ihnen. "Ich führe Sie zu ihr."

Uhura hatte nicht erwartet, dass die Romulaner sie frei auf dem Schiff herumwandern ließen. Dass sie jedoch derart misstrauisch gegenüber den Menschen war, die lediglich auf ihren Notruf reagiert hatten und ihre Hilfe anboten, fand sie doch übertrieben. Sie würde wie eine Gefangene eskortiert und in den Besprechungsraum des amtierenden Captains geführt.

Sorkal stand am Fenster und blickte hinaus. Sie konnte die Enterprise sehen, die um einiges größer als die Vintra war. "Ihr Schiff ist beeindruckend", sagte Sorkal anstelle einer Begrüßung. Sie sah Uhuras Reflektion im Fenster. Langsam wandte sie sich zu ihrer Besucherin um. "Wie geht es dem Captain?"

"Er ist stabilisiert. Doktor McCoy ist es gelungen die Wunden zu schließen. Er hat das Bewusstsein jedoch noch nicht wieder erlangt", berichtete Uhura sachlich die Situation.

Sorkals Mundwinkel zuckten und deuteten ein Lächeln an. "Das ist auch besser so für den Moment. Er wird nicht außer sich sein, wenn er erfährt, dass ich Offiziere der Sternenflotte auf unser Schiff gelassen habe."

"Ihre Mannschaft wäre vermutlich gestorben, hätten Sie uns nicht um Hilfe gebeten."

Sorkal nickte. "Das ist mir durchaus bewusst, Lieutenant. Dennoch… es wird ihm nicht gefallen." Die Romulanerin war sich nicht sicher, ob sie Erleichterung oder Furcht empfinden sollte. Es wäre durchaus möglich, dass ihre Entscheidung sie das Leben kosten würde. Oder aber sie würde vor Gericht kommen und in einem Gefängnis enden. So oder so, ihr Leben war so gut wie vorbei.

Für einen Moment herrschte betretenes Schweigen, das Uhura schließlich brach. "Ich würde gerne mein Schiff kontaktieren."

"Ihr Captain wird bereits auf Ihren Bericht warten, nehme ich an."

Uhura nickte. "Er ist mehr als überfällig."

Sorkal nickte verstehend. "Folgen Sie mir." Sie führte Uhura zur Kommandobrücke der Vintra.

Kaum, dass die Linguistin den Raum betreten hatte, spürte sie einige sehr bohrende Blicke auf sich ruhen. Sehr bemüht ihre Nervosität nicht nach außen zu tragen, folgte sie Subcommander Sorkal bis zu einer Konsole, an der ein recht junger Romulaner mit durchgestrecktem Kreuz stand. "Rufen Sie die Enterprise und stellen Sie Sichtkontakt her."

Gleich darauf erschienen Kirk und Spock auf dem Sichtschirm. Das Bild flackerte ein wenig, aber nichtsdestotrotz erkannte Uhura wie erleichtert beide Männer schienen, auch wenn beide bemüht waren es sicht nicht anmerken zu lassen. Uhura konnte beim besten Willen nicht sagen, wem von beiden es besser gelang das Pokerface aufrecht zu erhalten.

"Uhura, schön von Ihnen zu hören. Ihr Bericht war schon vor zwei Stunden fällig."

Sie nickte. "Verzeihung, Sir", sagte sie und bemühte sich ihren Blick auf Kirk gerichtet zu lassen. "Doktor McCoy hatte in der Krankenstation eine schwere Operation. Es freut Sie sicher zu hören, dass es ihm gelungen ist, den Captain der Vintra zu stabilisieren."

"Sehr gut", nickte Kirk, der keinen Zweifel daran gehabt hatte, dass es Bones gelingen würde. "Brauchen Sie weitere Versorgungsgüter?" Damit sprach er direkt den Subcommander an.

Sorkal spürte, wie zornige Blick der übrigen Brückenbesatzung auf ihren Rücken geheftet waren. Niemand schien ihre Entscheidung zu unterstützen, dennoch war jeder Offizier bemüht die Rangordnung aufrecht zu erhalten. "Ich denke, wir kommen zurecht", erwiderte sie nach einigen gedehnten Sekunden.

Uhura tauschte einen kurzen Blick mit ihr aus, dann wandte sie sich wieder an Kirk. "Ich werde zusehen, dass ich dem Doktor wieder zur Hand gehe."

"In Ordnung. Richten Sie ihm aus, dass ich ihn sobald wie möglich zurück erwarte." McCoy sollte sich eigentlich selbst noch schonen, anstatt seine gesamte Energie in die Versorgung der Romulaner zu stecken. Natürlich hatte er ihnen seinen besten Arzt hinüber schicken wollen, aber Überstunden und das bei enormem Stress, wollte er ihm keinesfalls zulange zumuten. "Er wird in zwei Stunden abgelöst werden, wenn bis dahin nicht alle erstversorgt wurden."

Uhura nickte. Ein leises Raunen ging durch den Raum und sie wagte es kaum sich umzudrehen und in die Gesichter der Romulaner zu blicken. Offenbar waren sie alles andere als begeistert von der Aussicht, dass noch mehr Starfleetoffiziere an Bord kommen sollten. "Ich gebe ihm bescheid." Für einen kurzen Moment, sah sie Spock an, der ihr ein Nicken andeutete. Es war nur eine winzige Geste, doch sie zeigte ihr, dass er hocherfreut war, sie wohlauf zu sehen. Er machte sich Sorgen um sie.

Nach dem Gespräch kehrte Uhura wieder zur Krankenstation zurück. Kaum, dass sie die Brücke verlassen hatte, stand einer der romulanischen Offiziere auf. "Ich hoffe, dass Sie wissen, was Sie tun, Subcommander."

"Zweifeln Sie meine Entscheidung an?" Sie straffte die Schultern und versuchte Autorität in die Stimme zu legen. Gleichzeitig raste ihr Herz in Furcht vor einer möglichen Meuterei. Nie zuvor hatten Romulaner um Hilfe von Starfleet gebeten. Und plötzlich tauchte das zornige, blutende Gesicht ihres Kommandanten vor ihrem inneren Auge auf, der sie anschrie das Föderationsschiff zu zerstören.

"Sie wissen, dass es ein Fehler ist. Aber noch können wir dem Ganzen etwas Positives abgewinnen", sagte der Mann und blieb vor ihr stehen.

Sie hob die Augenbrauen und sah nacheinander in die Gesichter aller anwesenden. Hatten sie hinter ihrem Rücken einen Plan ausgeheckt? "Das sehe ich genauso", erwiderte Sorkal. "Unser Captain wird überleben, das Schiff wird bald wieder über Antrieb verfügen. Wir kehren in die Heimat zurück."

Schwere Stille legte sich über die Brücke. Sorkal fühlte, dass die Männer etwas anderes im Sinn hatten. "Wir haben gegen die Klingonen verloren, aber wir können das Oberkommando dennoch zufrieden stellen."

"Ja, indem wir von der umfassenden, schnellen Hilfe der Förderation berichten." Ihr Gegenüber lachte verächtlich. "Sehen Sie denn nicht die Möglichkeiten? Wir könnten den ersten Schritt in Richtung Frieden gemacht haben."

"Frieden? Mit der Föderation?" Sie nickte, doch er schüttelt ungläubig den Kopf. "Sie sind eine verblendete Idealistin, Sorkal."

"Ich werde jetzt einfach so tun, als hätte ich das nicht gehört." Sie wusste, dass sie zunehmend den Respekt der übrigen Offiziere verlor. Was, wenn sie Recht hatten und ihre Hoffnung auf friedliche Co-Existenz mit der Föderation nur Wunschdenken war, vollkommen unrealisierbar? Sie wusste, um die Zustände in ihrer Heimat. Die Konflikte mit den Klingonen häuften sich. Verbündete wie die Föderation zu haben, wäre jedoch in ihren Augen kein Zeichen von Schwäche. Und Verbündete würden sie finden müssen.

Ihr Gegenüber schnaubte. "Sie…", begann er, schluckte seine nächsten Worte jedoch hinunter und schüttelte den Kopf.

"Ich werde jetzt nach dem Captain sehen. Sie haben so lang die Brücke." Damit entfernte sich Sorkal so schnell sie konnte, ehe die übrigen Offiziere sehen konnten, dass ihre Hände zitterten und ihre Knie drohten unter ihr nachzugeben. Sie war jedoch nicht bereit gewesen das Schiff und die Besatzung zu opfern. Sie liebte ihr Leben, liebte ihren Beruf an Bord. Gleichzeitig wusste sie jedoch auch, dass sie so oder so für ihre Entscheidung bestraft werden würde. Sie war nicht mehr sicher.

***

"Haben Sie die Gesichter der Romulaner gesehen, Captain?" Spock war Kirk in dessen Bereitschaftsraum gefolgt.

"Sie waren angespannt, ja. Wären Sie das nicht auch, wäre die Situation umgekehrt?"

Spock dachte für einen Moment über die Worte nach. "Denkbar, ja. Aber ich halte es für sinnvoll unsere Leute nicht mehr allzu lang an Bord der Vintra zu lassen und vor allem sollten wir keinen Ersatz rüberschicken."

"Sie denken, dass wir mit einem Angriff rechnen müssen, Spock?"

"Ich kann es nicht erklären… Aber ich traue den Romulanern nicht. Ich schließe die Möglichkeit nicht aus, dass sie uns in den Rücken fallen, sobald wir ihn ihnen zuwenden."

Kirk nickte. "Auch ich habe gewisse Zweifel, Spock. Dennoch gehört es zu unseren Pflichten in Not geratenen Schiffen zu helfen. Und Sorkal macht einen anständigen Eindruck auf mich."

"Es ist nicht Sorkal, die mir Sorgen bereitet, Jim."

Kirk stockte kurz der Atem. Spock nannte ihn so selten beim Vornamen, dass es jedes Mal etwas Besonderes war. Doch wäre er nicht ein schlechter Captain, wenn er allen potentiellen oder ehemaligen Feinden gegenüber gänzlich verschlossen wäre? Wäre er dann nicht genauso schlecht wie die Klingonen und die Romulaner? Wäre er dann nicht wie die viel zu paranoiden Andorianer, die hinter jeder neuen Kultur erstmal einen neuen Feind sieht? Als Mensch musste er manchmal Vertrauen aufbringen, wo es nicht gerechtfertigt war. Einer musste schließlich immer den ersten Schritt in Richtung Frieden machen. Und er hoffte einfach, dass es Starfleet irgendwann gelänge wenigstens eine halbwegs friedliche Co-Existenz mit Romulus zu führen. Gemeinsam würde es ihnen sicher gelingen abzuwenden, was Nero erlebt hatte. Natürlich wäre es ein Eingriff in die Geschichte, doch musste es nicht unbedingt schlecht ausgehen.

War der Verlust von Vulkan nicht bereits genug? Natürlich hegte Spock ein ganz besonderes Misstrauen den Romulanern gegenüber. Das konnte Kirk ihm nicht verdenken, auch wenn er nur erahnen konnte, was in seinem verschlossenen Freund vor sich ging. Er hatte Bruchstücke des Schmerzes während ihrer kurzen Gedankenverschmelzung erlebt, wodurch er glaubte Spock zu verstehen.

Als Starfleet Captain jedoch war es seine Pflicht zu versuchen Frieden auch dorthin zu bringen, wo kaum Hoffnung bestand, dass er angenommen würde.

"Zwei Stunden, Spock", sagte Kirk. "Dann ziehen wir unsere Leute von der Vintra ab. Ob wir nun Informationen bekommen oder nicht." Vielleicht war sein erster Impuls, die Datenbänke der Vintra zu kopieren, doch ein falscher gewesen. Er hatte die Romulaner zu diesem Zeitpunkt wie einen Feind behandelt, den es auszuspionieren galt. Vielleicht war dies ein Fehler. Er konnte seine Befehle an Scotty und Bones nicht einfach via Funk zurückziehen, da er davon ausgehen musste, dass die Romulaner ihre Kommverbindung abhörte. Er würde es nicht anders machen.

"Zwei Stunden", bestätigte Spock mit einem kleinen Nicken. Zwei Stunden, konnten eine Ewigkeit andauern.
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