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Nach all den Jahren

von Emony

Kapitel 8

Kapitel 8

„Wie geht es ihr?“, fragte Uhura und bedachte die Romulanerin vor der sie kniete mit besorgtem Gesichtsausdruck.

McCoy schüttelte langsam den Kopf. Er hatte den linken Ärmel seines Uniformpullovers abgerissen und als Notverband benutzt. „Ohne meinen medizinischen Tricorder kann ich kaum sagen, wie schlimm ihre Verletzung ist.“ Seit Stunden, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen, versuchte er die Blutung zu stillen, die der Disruptor hinterlassen hatte.

Uhura wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Die Hitze hier drin ist unerträglich.“

„Die Umweltkontrollen wurden vermutlich so konfiguriert, dass unser Aufenthalt so ungemütlich wie möglich gestaltet wird. Oder die Romulaner haben es gerne so warm. Wer weiß… Auf Vulkan war es ja auch sehr viel heißer als auf der Erde.“

Uhura nickte nachdenklich. „Spock hat in seinem Quartier die Temperatur auch immer etwas höher eingestellt, weil er sonst friert.“

McCoy setzte sich auf den Boden und lehnte sich an die Wand der Kabine, in der sie untergebracht worden waren. Offenbar gab es auf der Vintra keine Arrestzellen wie auf der Enterprise. Uhura setzte sich neben ihn. Die bewusstlose Sorkal lag vor ihnen. Ihr grünes Blut klebte an McCoys Händen, die er über seine angezogenen Knie legte.

„Glauben Sie, wir kommen hier wieder raus?“, fragte Uhura nach einer Weile.

„Keine Ahnung. Ich hoffe es. Aber die Romulaner sind unberechenbar“, sagte McCoy.

Uhura legte den Kopf an die Wand und schloss die Augen. „Was wollen die nur mit uns?“

Seufzend lehnte McCoy seinen Kopf ebenfalls gegen die Wand. Er warf Uhura einen Seitenblick zu. Er wusste, dass sie keine Antwort auf ihre Frage wollte. Vielleicht versuchte sie nur die Unterhaltung aufrecht zu erhalten, um ihre Angst zu verdrängen. Und dass sie ebenso große Angst wie er selbst hatte, bezweifelte McCoy nicht. Er war allerdings beeindruckt davon, wie gut sie sich im Griff hatte. Sie wirkte sehr gefasst.

„Waren Sie schon immer so beherrscht?“, erkundigte sich McCoy schließlich.

„Was meinen Sie, Doktor?“ Uhura öffnete wieder die Augen und sah McCoy direkt an.

Er zuckte leicht die Schultern. „Ich hätte erwartet, dass Sie in unserer Situation hysterisch weinen würden.“

Sie lächelte ein wenig, auch wenn es ihr in der Situation fehl am Platz erschien. „Ich schätze ich habe gelernt meine Emotionen zu kontrollieren.“

„Wegen Spock?“

„Mag sein… ich weiß nicht. Aber was würde es bringen, wenn ich jetzt weinen würde?“

„Nun“, sagte McCoy, „ich könnte die Schulter zum Anlehnen sein, Ihnen sagen das alles gut wird. Dass Ihr Ritter kommen und Sie erretten wird. Gleichzeitig müsste ich mir keine Gedanken über meine eigenen Ängste machen.“

„Männer haben also auch Angst?“

Ein verbissenes Lächeln huschte über McCoys Züge. „Natürlich. Auch Männer sind nur Menschen.“

Uhura sah ihn einige lange Momente nachdenklich an. „Davon ausgehend, dass wir hier nicht wieder rauskommen; was würden Sie bereuen getan oder nicht getan zu haben?“

McCoy sah die Frau an seiner Seite verwundert an. Was sollte er ihr darauf antworten? „Noch habe ich Hoffnung“, sagte er schließlich. „Jim wird uns nicht im Stich lassen. Und ich bin mir sicher, dass Spock ebenfalls alles in seiner Macht stehende tun wird, um Sie zu retten.“

„Aber wenn es aussichtslos ist. Wenn alle Mühe vergebens ist. Würden Sie etwas bereuen?“

Erneut verging ein langer Augenblick. Zurzeit gab es nur wenig, das McCoy wirklich bedauerte. Er hatte Jim seine Gefühle gestanden und war mit ihm liiert. Seine Karriere war eben wieder im Auftrieb. Einzig die ungeklärte Frage nach seinem Kind lastete auf seiner Seele. „Da gibt es tatsächlich etwas.“ Er atmete tief durch. „Ich habe vor einigen Stunden eine Nachricht von meiner Exfrau erhalten, die mich nicht mehr loslässt.“

„Sie waren verheiratet?“

Er schenkte ihr einen ‚so unwahrscheinlich ist das nicht’ Blick. „Ja“, sagte er dann. „Und es scheint als habe ich eine kleine Tochter, von der ich bis dato nichts wusste.“

„Ihre Ex hat das verheimlicht?“

Er nickte stumm.

„Was für ein Biest.“

McCoy lächelte. „Ja, das ist sie allerdings.“ Er atmete tief durch. „Und nun frage ich mich, ob es wirklich stimmt und ob ich mein Kind jemals kennen lernen werde.“

„Wollten Sie Vater werden?“

McCoy zuckte die Schultern. „Ich habe vorher nie daran gedacht. Ich hatte immer meine Karriere.“

„Ist Ihre Ehe deshalb gescheitert? Weil Sie Ihre Karriere mehr geliebt hatten als Ihre Frau?“

„Nein“, sagte McCoy leise und fuhr sich mit den blutverschmierten Händen durch das ohnehin verschwitzte Haar. „Jocelyn und ich haben viel zu früh geheiratet. Ich war damals noch sehr naiv. Glaubte, dass diese Gefühle und Gedanken mein eigenes Geschlecht betreffend vorüber gehen würden, wenn ich erst ein ‚normales’ Leben führen würde. Als ich merkte, dass es nicht funktionierte vergrub ich mich erst recht in Arbeit. Jocelyn wurde zunehmend eisiger mir gegenüber und als ich ihr endlich die Wahrheit sagte, wandte sie sie gegen mich.“

Uhura nickte und legte ihm sanft eine Hand auf den Arm. „Es tut mir leid, dass diese ganze Sache so eine schwere Bürde für Sie war. Sie müssen ein schlechtes Bild von Frauen haben.“ Uhura erinnerte sich wieder an etwas, das Gaila vor vielen Monaten über einen Arzt gesagt hatte, der Frauen scheinbar nicht ausstehen konnte. Dass McCoy damit gemeint gewesen war und Gaila damals versuchte an Jim Kirk ranzukommen, fiel Uhura erst jetzt nach all der Zeit auf und entlockte ihr ein kleines Lächeln.

„Nun ja, es sind nicht alle Frauen wie Jocelyn. Das ist mir schon lange klar. Sie war auch nicht die erste Frau, in die ich verliebt war. Oder von der ich zumindest geglaubt hatte, in sie verliebt zu sein.“

„Ach nein?“ Uhura erwiderte neugierig seinen Blick. Sie war so dankbar für diese Unterhaltung, die sie aus dieser Situation entführte, die eine so düstere Zukunft bot.

„Nein. Das erste Mädchen, war eine umwerfende Sportlerin. Sie war eine wunderschöne Frau, lustig, aufgeschlossen und sehr intelligent.“

„Erzählen Sie mir von ihr.“

McCoy legte den Kopf schief. „Ich weiß nicht recht.“

„Bitte. Ich würde gerne mehr über Ihre erste Liebe wissen. Ich erzähle Ihnen danach auch meine erste romantische Begegnung.“

„Na schön. In Ordnung.“ Was konnte schon geschehen, wenn er sich Uhura gegenüber öffnete. Sie waren doch ohnehin schon mehr als Kollegen. Er betrachtete sie längst als Freundin. „Ihr Name war Emony“, begann McCoy schließlich seine Erzählung.

***

„Herein“, bat Kirk als der Summer erklang. Er sah von seinem Computer auf und zur Tür hinüber, die sich gerade wieder hinter Spock schloss.

„Captain.“ Spock stellte sich steif vor den Schreibtisch seines Kommandanten.

„Und? Haben Sie Neuigkeiten den Prätor betreffend?“

„In der Tat“, ließ sich Spock in all seiner vulkanischen Zurückhaltung vernehmen.

„Also?“ Kirk runzelte die Stirn.

Spock suchte in seinem Geist nach einer guten Formulierung. „Er scheint als haben Sie recht, Captain. Der Prätor hegt keinerlei Interesse an einer friedlichen Übereinkunft. Im Gegenteil, er schein sogar erfreut zu sein, dass die Vintra zwei Starfleet Offiziere gefangen nehmen konnte.“

„Sind wir uns dann einig, dass wir unsere Leute auf meine Weise zurückholen?“ Kirk stand auf, stützte sich jedoch mit den Händen auf seinem Tisch ab und sah Spock fest an. „Ich werde kein unnötiges Risiko eingehen, Spock. Ich will nur unsere Leute zurückholen. Und ich weiß zumindest von McCoy, dass er lieber verletzt da rauskommt, als in Gefangenschaft auf Romulus zu enden.“

Spock seufzte leise. „Nyota würde wohl auch nicht als Sklavin enden wollen.“ Seit seine Mutter gestorben war, war Uhura zu Spocks Anker im Leben geworden. Der Gedanke sie vielleicht zu verlieren, raubte ihm seinen logischen Verstand. Und genau deshalb, weil er sich genau jetzt wo er auf seinen Verstand bauen musste, innerlich so labil fühlte, begann er Zweifel daran zu hegen wie vernünftig seine Beziehung zu Uhura tatsächlich war. Doch konnte er auf ihre Wärme, ihre Liebe verzichten? Er war nicht nur Vulkanier, er war auch Mensch. Dass sein Vater die zweite Frau verloren hatte und dennoch weitermachen konnte wie zuvor, erstaunte Spock und beeindruckte ihn zutiefst. Er selbst konnte sich keinen Tag mehr ohne Uhura an seiner Seite vorstellen.

„Ich möchte mich entschuldigen, Captain“, sagte Spock dann.

„Wofür?“ Kirk sah ihn verwirrt an.

„Dafür, dass ich Ihre Entscheidung angezweifelt habe. Es steht mir nicht zu…“

„Spock“, unterbrach ihn Kirk, indem er eine Hand hob. Dann ging er um seinen Tisch herum und legte Spock die Hände auf die Schultern. „Ich brauche keine Entschuldigung. Es mag mir nicht gefallen, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, aber das ist es doch wodurch wir uns definieren. Sie sind mein Erster Offizier und mein Freund. Wenn mir einer an Bord widersprechen und meine Entscheidung in Frage stellen darf, dann Sie. Und nur Sie, verstanden? Egal wie ich darauf reagiere, ich bitte Sie darum mir immer Ihre ehrliche Meinung zu sagen. Ich muss darauf vertrauen können, dass Ihr Verstand wie ein Kompass mein Bauchgefühl führt. Mein Instinkt ist gut, aber nicht immer korrekt. Sie müssen meine Impulsivität unter Kontrolle halten. Nur so können wir als Einheit funktionieren. Und wenn wir so miteinander arbeiten, kann uns wirklich niemand schlagen.“

„Aber der Doktor und Nyota sind dennoch in Gefangenschaft geraten“, gab Spock zu bedenken. Irgendwie hatte er von Kirk eine andere Reaktion erwartet. Vielleicht einfach nur, dass sie sich beieinander entschuldigen würden und dann gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Aber offenbar kannte er Jim immer noch nicht so gut, wie er angenommen hatte.

„Weil wir beide uns nicht einig waren. Wir müssen weiter daran arbeiten, einander zu vertrauen“, unterbrach Kirk seine Gedanken.

Spock nickte. „Das klingt logisch.“

Kirk musste grinsen, dann klopfte er Spock auf die Schultern. „Sag’ ich doch. Und jetzt erwarte ich Vorschläge, wie wir unsere Offiziere zurückholen können.“

„Darüber habe ich mir bereits Gedanken gemacht“, sagte Spock und straffte die Schultern. Kirk hatte Recht. Sie waren ein gutes Team, sie mussten nur noch lernen dem anderen vollkommen zu vertrauen.

„Ich bin ganz Ohr.“

***

„Schade, dass Emony zurück nach Trill ging“, sagte Uhura als McCoy seine Erzählung beendet hatte.

Der Arzt fühlte Sorkals Puls und nickte geistesabwesend. „Sie sieht nicht gut aus.“

Uhura veränderte ihre Sitzposition, so dass sie Sorkals Kopf auf ihren Beinen betten konnte.

„Ich hatte gehofft, dass man mir wenigstens mein Medkit lassen würde, damit ich die Blutung stoppen und ihr was zur Stabilisierung des Kreislaufs geben kann.“ Behutsam drehte er die Frau, sodass er ihre Wunde ansehen konnte. Er schüttelte leicht den Kopf. „Ich hatte sie schon fast gern.“

„Sie wird es nicht schaffen, oder?“

McCoy schüttelte abermals den Kopf. „Nein. Nicht, wenn wir sie nicht in den nächsten ein oder zwei Stunden in eine vernünftige Krankenstation bringen.“ Er riss den zweiten Ärmel seines Pullis ab, um ihn als Verband auf die Wunde pressen zu können, doch McCoy wusste, dass auch diese Notlösung nur temporär funktionierte.

Resigniert ließ er sich wieder an der Wand nieder. „Jetzt sind Sie dran.“

„Womit?“ Uhura war geistig noch bei der Versorgung der Romulanerin.

„Was bedauern Sie?“

„Oh.“ Sie dachte einen Moment nach. „Ich weiß nicht. Eigentlich bin ich recht zufrieden. Ich habe beruflich erreicht, was ich mir vorgenommen habe. Ich habe einen wundervollen Partner, der mich in jeder Hinsicht glücklich macht und…“ Als sie McCoys hochgezogene Augenbraue und den zutiefst verblüfften Gesichtsausdruck sah, hielt sie inne. „Was soll das Gesicht?“, fragte sie dann.

„Sie kommen wirklich mit Spock zurecht?“

Uhura nickte. „Ja. Er ist nicht so kalt und unnahbar wie er wirkt. Er ist nur sehr reserviert und zurückhaltend. Aber ich schätze, dass ich genau das an ihm liebe. Er ist nicht wie die andern Männer mit denen ich früher zusammen war und die kaum die Finger von mir lassen konnten. Das kann manchmal doch sehr lästig sein.“

„Sie wollen nicht begehrt werden?“, fragte McCoy erstaunt.

„Selbstverständlich möchte ich das. Aber auf eine kontrollierte Art und Weise.“

Dass Spock dazu in der Lage war, konnte McCoy sich vage vorstellen. „Wie hat das mit Ihnen überhaupt angefangen?“

Uhura lächelte. „So genau weiß ich das gar nicht mehr. Für mich kam das recht überraschend. Aber ich glaube, dass Spock schon länger etwas für mich empfunden hat. Und letztes Jahr auf dem Weihnachtsball der Akademie hat er mich dann aus heiterem Himmel gefragt, ob er mich küssen dürfe.“

McCoy lachte leise. „Sehr kontrolliert.“

Sie boxte den Arzt leicht auf den Arm. „Ich fand das sehr romantisch.“

Für einen Moment fragte sich McCoy, ob Spock vor jedem weiteren Schritt um Erlaubnis bat. Dann erschien plötzlich das Bild zweiter nackter Personen vor seinem geistigen Auge, die sich liebten und die er sich so eigentlich nie vorstellen wollte und er wischte den Gedanken hastig fort. „Ich wüsste gerne wie spät es ist.“

„Ich hab das Gefühl wir sind schon seit Tagen hier“, sagte Uhura, ihm den Themenwechsel nicht übel nehmend. „Ich hab das Gefühl gleich zu verdursten.“

„Geht mir genauso.“ McCoy schluckte trocken, wie um seine Worte zu bekräftigen. „Unsere Ritter lassen sich reichlich viel Zeit mit ihrer Rettungsaktion.“

„Sie glauben immer noch, dass Sie uns hier rausholen?“

McCoy nickte schwach. „Uns bleibt nichts als diese Hoffnung.“

„Erzählen Sie mir noch etwas über sich, Doktor?“

„Warum?“

„Weil es uns beide ablenkt und Ihr Leben bei weitem interessanter ist als meins“, feixte sie und lehnte ihren Kopf an seiner Schulter an. „Wie haben Sie Kirk kennen gelernt?“

Und so begann McCoy erneut eins der Kapitel seines Lebens zu erzählen, von dem er bis dahin nicht geglaubt hatte, dass es irgendeinen Menschen geben könnte, der sein Leben auch nur entfernt als interessant bezeichnen würde.
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